Beratung muss geschlechtssensibel werden
Es macht einen Unterschied, ob ein Mann in einer Krise auf einen Berater oder eine Beraterin trifft. Wie in der Medizin wächst in der sozialen Arbeit das Bewusstsein dafür, dass Frauen und Männer in mancher Hinsicht verschieden sind. Deshalb müssen die Behandlung und eben auch die Beratung angepasst sein. Wichtig ist für Andreas Moorkamp, Referent für Jungen- und Männerarbeit beim SKM-Bundesverband, dass Beraterinnen oder Berater ein hohes Verständnis für die eigene Geschlechtssozialisation und das damit verinnerlichte Rollenstereotyp haben.
Für männliche Berater wird die Weiterbildung für männerfokussierte Beratung bereits seit Jahren angeboten. Der nächste Kurs mit fünf Modulen startet im Oktober. Erstmals erweitert der SKM-Bundesverband jetzt das Angebot für Beraterinnen. Für sie beginnt die Fortbildung bereits Ende Juni. Das Interesse ist groß, der erste Kurs mit 16 Teilnehmerinnen bereits ausgebucht. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat ein hohes Interesse daran und deshalb eine Förderung bewilligt.
Inhaltlich baut die Weiterbildung auf die immer wieder weiterentwickelten Module für Männer auf. Zudem haben sich die Weiterbildungsleiter Rüdiger Jähne und Andreas Moorkamp mit Serena Becker eine Co-Referentin dazugeholt. Die Geschäftsführerin des SKM Neuss verfügt über jahrelange Erfahrung in der Männerarbeit.
Anfänge der Männerarbeit: Täterberatung und Gewaltprävention
Entwickelt hat sich die männerfokussierte Beratung aus der Täterarbeit mit Männern, die schon gewalttätig geworden sind oder Angst haben, es möglicherweise zu werden. Vor 20 Jahren bot Andreas Moorkamp beim SKM Münster ihnen mit geringem Stundenumfang erstmals seine Hilfe an. Einige wenige Orts-Caritasverbände und der SKM in der Diözese Münster griffen diesen Ansatz des Gewaltschutzes und der Prävention auf.
Auftrieb gab dem neuen Angebot eine Projektförderung des Bistums Münster und die Entwicklung einer Fortbildungsreihe für Gewaltberater. Inzwischen gibt es die Gewaltberatung für Männer unter dem Slogan "Echte Männer reden" bundesweit an 28 Standorten. Die Männerberater der ersten Stunde, Rüdiger Jähne und Andreas Moorkamp, haben Koordination und weiteren Aufbau beim SKM-Bundesverband übernommen.
Diese Anfänge in der Gewaltberatung führten dazu, dass zunächst ausschließlich Männer für das neue Angebot ausgebildet wurden. Das erwies sich damals als Vorteil, weil manche Männer gerade deshalb in die Männerberatung kamen. In vielen anderen Beratungsbereichen arbeiten überwiegend weibliche Beraterinnen.
Heute: Beratung greift alle Lebensbereiche auf
In der Beratung lernen die Männer, Verantwortung für ihr gewalttätiges Handeln zu übernehmen. Es soll ihnen bewusstwerden, dass sie alleinverantwortlich sind für alles Leid, die Angst und die Verletzungen, die sie damit auslösen. Wenn sie das akzeptieren, öffnet sich die Option, sich auch dagegen entscheiden zu können. Wichtigste Grundlage, um aus dem Gewaltkreislauf auszubrechen, ist die für die meisten Männer erschreckende und beschämende Erkenntnis ihres falschen Handelns. Die meisten Männer kommen von sich aus in die Beratung, weil ihnen schon klar ist, dass Gewalt keine Lösung ist. Ungefähr ein Drittel werden von den Gerichten zugewiesen.
Im Laufe der Jahre hat sich die männerfokussierte Beratung über den Gewaltbereich für Männer in Krisen, etwa bei Trennung oder bei selbst erlittener Gewalt erweitert. Wobei es beim übergreifenden Titel "Echte Männer reden" bleibt. Denn das, so Andreas Moorkamp, ist das Erfolgsrezept. Viele Männer hätten nicht gelernt, über ihre Gefühle zu sprechen, oder täten sich generell schwer damit. Entsprechend benötigten die Berater spezielle Kenntnisse, um einen Zugang zu ihren Klienten zu finden. Die ersten Weiterbildungen zur männerfokussierten Beratung für Berater wurden vom Bundesfamilienministerium gefördert, jetzt müssen sie sich aus Teilnehmergebühren finanzieren.
Was bislang fehlte, war ein Ansprachekonzept für Fachfrauen in der Beratung von Männern. Im Zuge der Gleichstellung habe das Bundesfamilienministerium den SKM-Bundesverband gebeten, dieses zu entwickeln. Eher möglich sei damit zum Beispiel auch eine Paarberatung bei häuslicher Gewalt, hofft Moorkamp.
"Wir müssen geschlechtssensibel beraten", formuliert der SKM-Referent den Anspruch, künftig Männer und Frauen in der männerfokussierten Beratung weiterzubilden. Mit der Förderung des Bundes werden zunächst circa 50 Frauen in drei Durchgängen teilnehmen können. Die aus den Männer-Fortbildungen bewährten Module werden dazu angepasst. Wobei für Moorkamp klar ist, dass die Erfahrungen aus dem ersten Kurs für die weitere Entwicklung der Einheiten genutzt werden.
Weiterbildungen
Männerfokussierte Beraterin
Coesfeld, Juni 2024 - Oktober 2025, Multiplikatorinnen-Weiterbildung für Fachfrauen der Sozialen Arbeit, Pädagogik und Psychologie, SKM Bundesverband, Sternstraße 71-73, 40479 Düsseldorf, Tel. 02 11/23 39 48-0, https://echte-männer-reden.de/weiterbildung
Männerfokussierter Berater
Coesfeld, August 2024 - Dezember 2025, Multiplikatoren-Weiterbildung für Fachmänner der Sozialen Arbeit, Pädagogik und Psychologie; Kontakt s. o.