Lotsen auf dem Wege
Für die frisch gebackenen Eltern schien alles klar zu sein, als sie ihr Baby im Arm hielten. Nein, Fragen hatte das aus Syrien stammende Paar nicht, als sie nach der Geburt in der St.-Barbara-Klinik Hamm-Heessen Besuch von "Babylotsin" Martina Schick bekamen. "Ich habe dann ein paar Standardfragen gestellt", berichtet diese. "Anschließend saß der Vater da und war nur noch überfordert." Denn das Paar war nicht verheiratet. Von der in Deutschland dann zwingend nötigen Vaterschaftsanerkennung und der Notwendigkeit, die elterliche Sorge zu regeln, hatte es noch nie gehört. "Das zu erklären war schwierig." Martina Schick machte einen Termin beim Jugendamt, besorgte auch einen Kinderarzt für die nach der Entlassung aus dem Krankenhaus nötigen Nachsorgeuntersuchungen. "Ich habe dann ein paar Tage später nachgefragt, ob beim Jugendamt alles geklappt hat." Beim ersten Termin hatte der Dolmetscher seinen Ausweis vergessen. Also ein neuer Termin. "Im zweiten Anlauf konnte dann aber alles geregelt werden", berichtet Martina Schick. Damit war für die Babylotsin die Begleitung beendet. "Das Paar kann mich bei Fragen aber jederzeit anrufen."
"Die Babylotsen füllen eine Lücke", erklärt Susanne Smolén, Geschäftsführerin des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) Dortmund-Hörde, die das Projekt in Hamm in Zusammenarbeit mit der St.-Barbara-Klinik Hamm GmbH angestoßen hat. Zwar gibt es Schwangerschaftsberatungen und frühe Hilfen für Schwangere, wie sie der SkF Hörde mit dem Kurs-Programm "Fit fürs Baby" rund um Schwangerschaft, Geburt und die Zeit danach anbietet. Doch nicht alle Frauen werden dadurch erreicht. Speziell Frauen aus belasteten Verhältnissen erfahren häufig nichts von Unterstützungs- und Hilfsmöglichkeiten. Diese Frauen könne man am besten in den zwei oder drei Tagen, wo sie auf der Geburtsstation sind, erreichen, betont auch Dr. Birgit Sauer, Leiterin der Elternschule der St.-Barbara-Klinik, die das Projekt mit trägt. "Das ist genau die richtige Zeit, die Eltern anzusprechen und zu motivieren, Unterstützung anzunehmen." Die Babylotsen ergänzen das Anliegen der seit 20 Jahren bestehenden Elternschule, Eltern durch ein vielfältiges Kurs- und Beratungsangebot in allen Fragen zu unterstützen. Alle frisch gebackenen Mütter aufzusuchen, war bislang personell nicht möglich.
Da kommen die Babylotsen ins Spiel. Während der SkF die Sozialpädagogin Martina Schick acht Stunden wöchentlich dafür abstellt, ist es seitens der Klinik die langjährige Hebamme und Stillberaterin Sylvia Milke. "Diese Kombination ist etwas ganz Besonderes", erklärt Susanne Smolén. Eine Einschätzung, die die beiden Babylotsen teilen. Oft sei es nichts Großartiges, was die beiden den Frauen mit auf den Weg geben, sagt Sylvia Milke. "Eigentlich Banalitäten, etwa dass die Frau Anspruch auf eine Nachsorge-Hebamme hat. Manche Frauen wissen das nicht. Wir regeln das dann für sie und machen einen Termin mit einer Hebamme." Eben eine "wichtige Winzigkeit", formuliert es Sylvia Milke, die frisch gebackenen Mutter entscheidend weiterhelfen könne.
Maßgeblich gefördert wird das Projekt im ersten Jahr von der See-you-Stiftung, die die Babylotsen 2007 in Hamburg einführte. Mittlerweile gibt es Babylotsen an mehr als 31 Standorten in sieben Bundesländern. Auch die CaritasStiftung für das Erzbistum Paderborn hilft: Mit 5000 Euro unterstützt sie die Babylotsen. Doch: "Jede weitere Spende ist willkommen", sagt SkF-Geschäftsführerin Susanne Smolén.