Begleitung für Haftentlassene
Weit überwiegend, meint einer, der etwas davon versteht. Werner Wagner war jahrzehntelang Polizeibeamter auf unterschiedlichen Verantwortungsebenen. Sein Wort hatte Gewicht. Gleichzeitig hat sich der heute 75-Jährige 16 Jahre lang ehrenamtlich im Weißen Ring für Opferhilfe engagiert, 15 Jahre lang selbst andere Ehrenamtliche darin ausgebildet. Wer Opfer einer Straftat wie Körperverletzung, Raub, Entführung wurde, wer vor Gericht gegen den Täter aussagte, will nicht Ziel eines neuen Angriffs nach Strafentlassung werden. Wagner sagt: "Ich kenne keinen Fall, dass ein Strafentlassener noch aus der Haft Drohungen gegen sein ehemaliges Opfer ausgestoßen oder versucht hat, dann in Freiheit Rache zu nehmen." Das gilt auch für Stalker und Vergewaltiger.
Täglich werden aber viele ehemalige Straftäter entlassen. Und für sie - so Wagners langjährige Erfahrung - ist am wichtigsten: Wie gehe ich mit meiner Freiheit um? "Je schneller jemand eingegliedert wird, umso geringer ist die Gefahr, dass er rückfällig wird." Opfer von Straftaten werden informiert, wenn der Täter von damals freigelassen wird oderwenn er Hafturlaub bekommt. "Dass sie von der Erinnerung heimgesucht werden, ist normal", sagt Wagner.
Freiheitsentzug tut sehr weh.
Was rät er, wenn er als Mitarbeiter des Weißen Rings dann um Rat und Hilfe gefragt wird? "Ich ermuntere dazu, ganz normal weiterzuleben; Signale wahrzunehmen etwa als ehemaliges Stalkingopfer, aufmerksam zu sein. Und ich mache den Opfern klar, was für eine schlimme Strafe der Freiheitsentzug für die davon betroffenen Täter ist - welchen Wert für sie die neue Freiheit damit auch hat." Ohnehin werden Opfer heute besser persönlichkeitsgeschützt: Ihre Adresse wird nicht in den Akten festgehalten. Bei Blutrache-Gefahr werden auch Opfernamen geändert, im Einzelfall sogar neue Identitäten verschafft. Dafür sorgen Behörden und Polizei mit dem Zeugenschutzprogramm. Kosten für den Umzug an einen sicheren Wohnort werden ersetzt. In vielen Fällen wichtiger aber findet Wagner, dass den Opfern schon vor dem Strafprozess ein Anwalt gestellt und Kosten dafür ersetzt werden (bei hohem Einkommen nicht vom Staat, sondern vom Weißen Ring). Das und eine eingehende Beratung kann verhindern, dass sich Opfer durch das Strafverfahren ein zweites Mal verletzt fühlen. Was eine normale Empfindung sei: "Das Opfer ist Zeuge und muss aussagen, der Täter darf schweigen und lügen - und die Richter sind unparteiisch und gehen von der Unschuldsvermutung aus. Und dann müssen Opfer auch noch um Schadensersatz kämpfen. Sie müssen darauf drängen, dass die Wiedergutmachung gleich ins Strafverfahren aufgenommen wird." Da ist es gut und hilfreich, darauf einfühlsam und fachkundig vorbereitet zu werden, weiß Wagner. "Wir beraten auf Wunsch, bevor jemand etwa wegen einer Vergewaltigung Anzeige erstattet hat - und das kann sehr hilfreich sein." Wird ein Verfahren eingestellt, etwa wegen mangelnder Beweise, unterstützt der Weiße Ring zwar eine Beschwerde, aber kein Klageerzwingungsverfahren. Denn: "Wir sind keine Täterverfolgungsorganisation."
www.weisser-ring.de
Täter-Opfer-Ausgleich:
Geht nicht bei schweren Verbrechen wie Mord, Totschlag oder Vergewaltigung, wird von der Caritas aber als ein gutes Instrument zur Vermittlung bei Diebstahl, Bedrohung, Beleidigung eingeschätzt - wenn der Täter Reue zeigt. Kann bessere Opferhilfe sein als ein Gerichtsverfahren.
www.toa-servicebuero.de