Unsere Bringschuld
Diesen Kommentar formuliere ich in den Cevennen, dieser urwüchsigen Landschaft im Süden Frankreichs. Die schroffen Kalkfelsen, das smaragdgrüne Wasser in den Schluchten, die menschenleeren Halbwüsten der Causes zwingen mit herber Schönheit zur Ehrfurcht vor der Schöpfung. Darüber vergisst man leicht, dass der Zustand unseres Planeten nach Aussagen von Wissenschaftlern die Zwölf auf der Uhr bereits erreicht hat. Manche sprechen davon, dass der "point of no return" schon überschritten sei.
"Unsere Erde schreit", sagt Papst Franziskus und mahnt in der Enzyklika "Laudato si’" dringend zur gemeinsamen Lösung der Umweltproblematik wie auch der sozialen Frage. Die erschreckenden Tatsachen lassen keine Alternative: Umwelterziehung ist kein schmückendes Beiwerk im Fächerkanon von schulischer Pädagogik oder romantische Ergänzung sozialer Arbeit. Sie tut im wahrsten Sinne des Wortes not! Die heutige Generation der Erwachsenen hat in Deutschland über siebzig Jahre Frieden, Demokratie, Rechtssicherheit und Wohlstand erlebt. Wir hinterlassen unseren Kindern kein wohlbestelltes Haus, was die Zukunft unseres Planeten angeht. Wir sind der nachfolgenden Generation neben unserem "mea culpa" schuldig, Wissen, Bewusstsein, Training und Handwerkszeug an die Hand zu liefern, welches ihre und ihrer Kinder Zukunft erträglich, ja vielleicht hoffnungsvoll lebenswert macht.
Die großen Kirchen haben es leider versäumt, ihren Einfluss, ihre breite Organisationspräsenz mit den Gemeinden, Einrichtungen und Diensten zu nutzen und sich die Bewahrung des uns von Gott anvertrauten Wunderwerks mit Begeisterung und Vitalität auf die Fahnen zu schreiben.
Unsere Kinder brauchen systematische Umwelterziehung
Die Ehrfurcht vor dem Leben, die Albert Schweitzer postulierte, kann sich nicht mit Artensterben, industriellen Tiertötungsfabriken, Versiegelung der Landschaft, Vergiftung von Klima und Kapitalisierung von Wasser und Saaten arrangieren. Was nützt jeder soziale Kompetenzfortschritt, wenn die Basis vor die Hunde geht? Die zerstörerische Macht des Konsumdenkens und eines hemmungslos gewordenen Kapitalismus, die mediale Verblödung und Entfremdung führen zu einer beängstigenden Ferne von dem Grund, der uns trägt. Wir haben die Verantwortung und die Pflicht, diesem Trend entgegenzusteuern.
Unsere Kinder - sollen sie uns in Zukunft nicht verwünschen - brauchen die Wegweisung in systematischer Umwelterziehung, um unsere Schöpfung mit Ehrfurcht und Kraft vor der menschlichen Gier zu bewahren.