Klimaschutz als soziale Aufgabe
Umgerissene Bäume, zerstörte Häuser und verzweifelte Gesichter: Die Verwüstungen, welche durch die Hurrikane "Irma" und "Maria" in der Karibik hervorgerufen wurden, waren so erschreckend wie eindrücklich. Vor Ort leistet Caritas international, das Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes, Nothilfe. Aber auch in den vom heftigen Monsunregen getroffenen Überschwemmungsgebieten in Südasien mit 45 Millionen betroffenen Menschen planen Mitarbeitende gemeinsam mit ihnen den Wiederaufbau und engagieren sich in der Katastrophenvorsorge - denn auch in Zukunft muss mit vergleichbaren Unglücken gerechnet werden.
Auch in anderen Regionen der Welt machten in diesem Jahr schwere Katastrophen humanitäre Hilfe nötig: In Peru und Kolumbien lösten langanhaltende Regenfälle Erdrutsche und Schlammlawinen mit Hunderten Todesopfern aus; in Ostafrika hungern Millionen Menschen infolge einer Dürre, die Vieh verenden, Wasserstellen versiegen und Ernten verdorren lässt.
Die Ursachen für diese Katastrophen sind vielfältig und oftmals alles andere als neu. In den sehr unterschiedlichen Klimazonen haben periodisch auftretende Wetterphänomene seit jeher gravierende Folgen: Mal lösen sie überlange Dürren aus, mal führen sie zu sintflutartigen Regenfällen. Unbestritten in der Klimaforschung ist allerdings, dass die Häufigkeit von Extremwetterlagen in den vergangenen Jahren aufgrund des menschengemachten Klimawandels deutlich zugenommen hat. Natürliche Wetterphänomene werden so in ihrer Wirkung noch verstärkt. Diese Folgen des weltweiten Klimawandels haben vor allem die Menschen in ohnehin benachteiligten Regionen zu tragen. In seiner Enzyklika "Laudato si" mahnt Papst Franziskus, diese Verbindung von ökologischen und sozialen Problemen zusammen zu denken. "Es gibt nicht zwei Krisen nebeneinander, eine der Umwelt und eine der Gesellschaft, sondern eine einzige und komplexe sozio-ökologische Krise." (LS 139)
Anpassung an den Klimawandel
Die Katastrophenvorsorge als bedeutende Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels wird ein wichtiges Thema beim Weltklimagipfel vom 6. bis 17. November 2017 in Bonn unter der Präsidentschaft von Fidschi sein. Nichtregierungsorganisationen fordern bereits im Vorfeld, dass beim Klimagipfel Finanzmittel für die Bewältigung der nicht mehr vermeidbaren klimabedingten Schäden und Verluste in den ärmsten Ländern zugesagt werden. Schon jetzt finanzieren Hilfswerke wie Caritas international Projekte, die zur Anpassung an den Klimawandel beitragen: zum Beispiel den Bau von Dämmen und sturmsicheren Gebäuden oder die Umstellung der Landwirtschaft auf veränderte Regen- und Trockenzeiten. Diese Maßnahmen müssen dringend vorangetrieben und ausgeweitet werden.
In Peru etwa ist der artenreiche Amazonasregenwald in der Grenzregion zu Bolivien und Brasilien durch illegale Goldschürfung bedroht. Die damit einhergehende Abholzung der Primärwälder und die regionalen Auswirkungen des Klimawandels haben das Risiko von Überschwemmungen erhöht, ebenso das von extremen Dürreperioden. Verstärkt wird dieser Prozess, weil die Landwirtschaft nach wie vor Brandrodungen zur Ausweitung nutzt. Dies wiederum führt zum Verlust von Artenvielfalt und zu weiteren CO2-Emissionen.
Caritas international will gemeinsam mit lokalen Partnern diesen Teufelskreis durchbrechen, etwa durch angepasste Agroforstsysteme. Durch den nachhaltigen Anbau von Nutzpflanzen in baum- oder strauchreichen Kulturen wird die Widerstandsfähigkeit gegenüber Wetterextremen erhöht. Das Projekt unterstützt Indigene und Siedlerfamilien, die kleinbäuerliche Landwirtschaft betreiben, mit Fortbildungen und verschafft ihnen Marktzugänge für ihre Produkte. Auf diese Weise werden die Katastrophenvorsorge und die ökonomische Situation der Gemeinden verbessert und mit dem Waldschutz ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz geleistet.
Gänzlich andere klimatische Bedingungen bestimmen das Leben in Ostafrika. In den Regionen Kenias und Äthiopiens leben die Menschen seit jeher im Rhythmus von langen Trocken- und kurzen Regenzeiten. Doch auch hier kommt es infolge des Klimawandels immer häufiger zu verlängerten Dürren und zu schweren Überschwemmungen. So waren in Äthiopien wegen einer langen Dürre Anfang 2016 mehr als zehn Millionen Menschen auf Unterstützung mit Nahrungsmitteln und Trinkwasser angewiesen. Als der Regen endlich einsetzte, fiel er so heftig, dass er starke Fluten zur Folge hatte und rund 300.000 Menschen zur Flucht zwang. Schon Anfang 2017 folgte die nächste Dürre. Kurz- und mittelfristig leisten Caritas international und ihre lokalen Partner Nothilfe. Im Zuge
der längerfristig angelegten Katastrophenvorsorge sollen gemeindebasierte umfassende Wassermanagement-Konzepte, zu denen der Bau von Brunnen, Wasserspeichern und Rückhaltebecken, die Einführung dürreresistenteren Saatguts oder sparsamer Bewässerungssysteme gehören, die Betroffenen befähigen, sich besser vor den Folgen der Wetterextreme schützen zu können.
Es braucht eine Verkehrs- und Konsumwende
Expert(inn)en des Welternährungsprogramms gehen davon aus, dass sich rund die Hälfte der Kosten für humanitäre Hilfe einsparen lassen, wenn eine Gemeinde oder eine Region gut entwickelte Anpassungs- und Bewältigungsstrategien umsetzen kann. Nicht nur deshalb müssen insbesondere der Schutz vor Extremwetter-Ereignissen und klimabedingten Katastrophen zwingend weiter vorangetrieben werden. Gleichzeitig muss ebenso dringend weit mehr als bislang für den Klimaschutz getan werden, um die Folgen des Klimawandels zumindest abzumildern. Hier sind vor allem jene Staaten gefordert, die hauptsächlich für die klimarelevanten Emissionen verantwortlich sind. Neben der Energiewende braucht es dringend eine Verkehrswende hin zu klimafreundlicher Mobilität und nicht zuletzt eine Konsumwende. Denn letztlich sind der Ressourcenverbrauch, die industrielle Produktion und der weltweite Gütertransport für den nach wie vor steigenden Ausstoß von Klimagasen verantwortlich. Doch die Industriestaaten - auch Deutschland - hinken ihren selbst gesetzten Klimaschutz-Zielen deutlich hinterher. Anfang April hat Deutschland bereits so viel Kohlendioxid ausgestoßen, wie es nach dem Pariser Klimaabkommen im ganzen Jahr freisetzen dürfte. Zwar werden stetig Anlagen zur regenerativen Energieerzeugung gebaut. Doch der Energieverbrauch pro Kopf steigt und die regenerativen Energien fangen den Ausstoß an schädlichen Klimagasen nicht auf. Verantwortlich dafür sind insbesondere der Verkehrssektor, der Heizbedarf von Gebäuden und der Energieverbrauch der Industrie.
Welche Schritte zum Klimaschutz unternimmt der Deutsche Caritasverband (DCV)? Der Vorstand hat die bundesweite Förderung einer nachhaltigen ökologischen Unternehmenspolitik bei den Diensten und Einrichtungen in seine strategischen Ziele aufgenommen. Im Frühjahr 2017 wurde der DCV erstmals nach dem Umweltmanagementsystem der Europäischen Union "Eco-Management and Audit Scheme" (EMAS) auditiert, das hohe Standards für eine nachhaltige Unternehmensführung vorschreibt und - anders als andere Umweltmanagementsysteme - großen Wert auf die Beteiligung der Mitarbeitenden legt. Infolge einer Kooperation zwischen dem Deutschen Caritasverband und dem Verein Grüner Strom Label konnte beispielsweise ein Ökostrom-Spezialtarif für Mitarbeitende der Caritas mit dem Labelnehmer Polarstern Energie abgeschlossen werden.
Sehr erfolgreich ist auch das Projekt Stromspar-Check in mittlerweile rund 170 Städten und Gemeinden, das bis zum Jahr 2019 fortgesetzt wird. Mehr als 500.000 Haushalte mit geringem Einkommen haben seit 2008 am Stromspar-Check des Deutschen Caritasverbandes und des Bundesverbandes der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands teilgenommen und so ihre Energiekosten deutlich reduziert. Die gesamte Energieeinsparung summiert sich bisher auf 1162 Gigawattstunden, die CO2-Einsparung auf über 480.000 Tonnen. Der Stromspar-Check zeigt, dass Projekte zur Energieeffizienz und zum Klimaschutz auch soziale Gewinne mit sich bringen können.
Ein menschlicheres Verständnis von Fortschritt
Die besondere Aufgabe der Caritas im Rahmen des Klimaschutzes ist es, ökologische und soziale Fragen miteinander zu verknüpfen und gemeinsam mit den betroffenen Menschen nach Lösungen zu suchen. Hierzu ist es notwendig, die Erfahrungen aus unterschiedlichen Projekten in öffentliche Debatten einzubringen. Denn nur im Austausch lässt sich ein Verständnis von Fortschritt entwickeln, das "gesünder, menschlicher, sozialer und ganzheitlicher ist" (LS 109), wie Papst Franziskus in seiner Enzyklika "Laudato si" eindrücklich beschreibt. Wenn Caritas Internationalis, das weltweite Netzwerk der Caritas, während der bevorstehenden 23. Weltklimakonferenz vom 6. bis 17. November 2017 in Bonn auf die schwerwiegenden Folgen des Klimawandels vor allem für die Ärmsten der Welt hinweist und mehr Klimagerechtigkeit fordert, dann folgt es damit auch den Forderungen des Papstes, mit allen ins Gespräch zu kommen. Nur so lässt sich ein weltweites System überwinden, "in dem eine Spekulation und ein Streben nach finanziellem Ertrag vorherrschen, die dazu neigen, den gesamten Kontext wie auch die Wirkungen auf die Menschenwürde und die Umwelt zu ignorieren". (LS 56)
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