Höhere Hartz-IV-Regelsätze
Es steht außer Frage, dass es Menschen mit wenig Geld in der Krise besonders schwer haben: Viele Tafelläden, die am Ende des Monats geholfen haben, mit dem knappen Budget dennoch über die Runden zu kommen, sind derzeit geschlossen. FFP2-Masken sind teuer und müssen ständig neu gekauft werden. In Engpasssituationen sind teilweise die Preise für Hygieneartikel in die Höhe gegangen. Der Wegfall des Schulmittagessens belastet arme Familien. Homeschooling scheitert oft am fehlenden Zugang zu digitalen Endgeräten, weil die Soforthilfen des Bundes nicht rechtzeitig in den Schulen angekommen sind.
Es ist richtig, dass wir in der Corona-Krise aktuell schnelle Lösungen gebraucht haben und weiterhin brauchen. Deswegen hat der Deutsche Caritasverband die mit dem Dritten Sozialschutzpaket eingeführte Corona-Einmalzahlung begrüßt und die Auszahlung der Mittagessenspauschale gefordert. Er mahnt zudem den Corona-Zuschlag auch für Haushalte mit geringem Einkommen an, die Kinderzuschlag oder Wohngeld erhalten.
Schnell werden in dieser Situation Forderungen laut, zügig den Regelbedarf für Grundsicherungsempfänger pauschal zu erhöhen. Aber: Ist das wirklich klug, in der Pandemie mal schnell eine Erhöhung auf den Weg zu bringen? Was ist nach der Krise? Der Regelbedarf in der Grundsicherung darf nicht zum sozialpolitischen Spielball werden, indem man schnell über den Daumen gepeilt mal anhebt oder mal senkt. Der Regelbedarf definiert das soziokulturelle Existenzminimum, welches jeder Bürgerin und jedem Bürger bei Bedarf gewährleistet werden muss. Und es hat einen guten Grund, dass das Existenzminimum nach dem Statistikmodell - also auf der Grundlage empirischer Erhebungen - berechnet wird.
Damit hier nichts falsch verstanden wird: Auch die Caritas meint, dass der Regelbedarf zu niedrig angesetzt und auf Kante genäht ist. Seit Jahrzehnten kritisiert die Caritas die Berechnungsgrundlage im StatistikModell zum Beispiel bei den Stromkosten und fordert die Übernahme von Brillen und "weißer Ware" als Einmalleistung.
Es muss ein Berechnungsverfahren gefunden werden, das den Bedarf wirklich sichert und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Dabei muss vor allem auch eine Flexibilität innerhalb des Regelbedarfs eingerechnet sein. Und klar ist auch: Das Existenzminimum muss immer wieder angepasst werden. Pauschalregelungen helfen da nicht. Sie sind intransparent und nicht zukunftsfest. Hierfür muss gerechnet und dann auch debattiert werden.