Für Flüchtlinge verwenden
Das Ich zählt, so lautet ein Werbespruch. Aber stimmt das? Jesus Christus hat uns Menschen zur Solidarität miteinander aufgerufen, zum Helfen, Abgeben, Teilen. Nichts anderes meint das Wort Caritas. So können wir Christen in gutem Glauben sagen: Das Wir zählt.
Vor 25 Jahren fiel in Berlin die Mauer, die unselige Teilung unseres Landes ging zu Ende. Alles hatte mit den Montagsdemonstrationen in und vor den Kirchen begonnen. Während die Mauerreste in handliche Stücke zerschlagen vom Mauerspecht über den Andenkenhandel den Weg zum Kaufinteressenten fanden, zeigte sich das deutsche Volk solidarisch und akzeptierte den von der Politik eingeforderten Solidarbeitrag Ost.
Der besteht aus dem inzwischen bis zum Jahre 2019 verlängerten Solidarpakt zwischen Bund und Ländern und dem unbefristeten Solidaritätszuschlag, dem sogenannten Soli. Während durch den Solidarpakt den neuen Bundesländern Finanzmittel für den Aufbau Ost zur Verfügung gestellt wurden, ist der jeden Bürger direkt betreffende Solidaritätszuschlag zur Einkommenssteuer nicht zweckgebunden. Begründet wurde er damals allerdings mit den Kosten der deutschen Einheit, aber auch mit den Kosten der Folgen des Ersten Golfkrieges sowie zur Unterstützung der osteuropäischen Länder.
Nun dreht sich die Debatte um die Abschaffung des Solidaritätszuschlages. Der Aufbau Ost ist weitgehend gelungen. Die osteuropäischen Länder sind EU-Mitglieder geworden. Um sie kümmert sich nun Brüssel. Nur der Krieg im Nahen Osten ist nicht vorbei. Er hat andere Länder erfasst, bis nach Afrika. Ungezählte Menschen sind auf der Flucht vor Krieg, Terror, Hunger und Elend. Millionen leben in Flüchtlingscamps, viele suchen eine neue Heimat.
Was Flucht und Vertreibung bedeuten, erzählen uns unsere Eltern oder Großeltern. Ich schlage vor, dass wir den Solidaritätszuschlag nutzen, um das Kriegs- und Flüchtlingselend vor der Haustür Europas zu lindern, und sowohl denen helfen, die dort in Not und Todesgefahr leben müssen, als auch denjenigen, die es bis zu uns geschafft und Aufnahme gefunden haben.
Eine der Begründungen für diese Zusatzsteuer war ihre Verwendung für Kriegsfolgen. In unserem Land, dessen Geschichte durch 2000 Jahre Christentum geprägt ist, sollten wir an diejenigen denken, die jetzt verfolgt und vertrieben werden - sei es im Nahen Osten, sei es in Afrika.
Nutzen wir den Solidaritätszuschlag, um mehr von ihnen bei uns aufnehmen zu können und um ihnen bei uns nicht nur Schutz vor Verfolgung und Todesnot zu gewähren, sondern auch eine menschenwürdige Unterkunft und den Zugang zu Ausbildung und Integration. Damit ermöglichen wir ihnen, sich als wertvolle Mitglieder in unsere Gesellschaft einzubringen. Caritas ist praktizierte Nächstenliebe. Sie ist jetzt in besonderem Maße gefragt.