Endlich die Chance auf Qualifizierung
In den letzten Monaten haben wir eine teils hitzige Debatte um das Bürgergeld erleben müssen. Dabei wurden Bilder über die Lebenssituation von Langzeitarbeitslosen transportiert, die weit weg sind von ihrer Lebensrealität. Eines steht fest: Diejenigen, die diese Debatte bedient haben, wissen wenig darüber, wie sich Langzeitarbeitslosigkeit real anfühlt.
Gezeichnet wurde ein Bild von Langzeitarbeitslosen, die sich in der sozialen Hängematte ausruhen und sich nicht genügend um Arbeit kümmern. Die Debatte ist bekannt. Wir haben sie schon einmal rund um die Einführung der Grundsicherung vor 18 Jahren erleben müssen. Sie war damals falsch und ist es heute immer noch. Langzeitarbeitslose gegen Menschen mit geringen Einkommen auszuspielen heißt, gesellschaftliche Solidarität aufs Spiel zu setzen. Es bleibt zu hoffen, dass die Zerrbilder der Debatte nun nach der Verabschiedung des Gesetzes mit großer Mehrheit im Bundestag der Geschichte angehören.
Durch den Vermittlungsausschuss wurde das Gesetz in einigen Punkten verändert und einer „Scheinriesen“-Debatte die Nahrung entzogen: Die frühere und stärkere Anwendung der Sanktionen wird für die meisten Langzeitarbeitslosen bedeutungslos sein, denn nur circa drei Prozent waren in der Vergangenheit überhaupt von solchen Leistungsminderungen betroffen. Auch die Herabsetzung des Schonvermögens auf 40.000 Euro ist für viele Langzeitarbeitslose nicht relevant. 91 Prozent der Menschen, die seit 2013 Grundsicherung beantragt haben, hatten nämlich gar kein Vermögen, das sie aufbrauchen konnten.
Die Möglichkeit zur nachhaltigen Qualifizierung ist entscheidend
Der wichtige Kern des Gesetzes, die nachhaltige Qualifizierung, kann jetzt umgesetzt werden. Das ist eine gute Nachricht, denn 58 Prozent der Langzeitarbeitslosen haben keinen Berufsabschluss. Bei den jungen Langzeitarbeitslosen ist die Rate mit 88 Prozent sogar noch deutlich höher. Ohne Berufsabschluss haben Langzeitarbeitslose keine Chance auf dem Arbeitsmarkt, in dem gerade händeringend nach Arbeitskräften gesucht wird. Die Bundesregierung tut hier das Richtige, wenn sie das Nachholen von Schulausbildung und Berufsabschluss fördert. Langzeitarbeitslose, die lange ohne Job waren, brauchen Weiterbildung und Umschulung.
Fest steht: Langzeitarbeitslose müssen in die Lage versetzt werden, die Grundsicherung hinter sich zu lassen. Das Bürgergeld ist der richtige Weg dafür. Hier sind nun die Jobcenter bei der Umsetzung gefragt.