Die Zukunft ist mit in unserer Hand
Es gibt viel zu tun für ein soziales Europa. Lethargie ist der falsche Weg, Meckern auch, die Heilssuche im Nationalstaat erst recht. Die Zivilgesellschaften müssen sich jetzt zusammentun, um den seit der Europawahl 2014 sichtbaren Rechtsruck einzudämmen und für ein gemeinsames, soziales Europa zu kämpfen. Wie ist meine Sicht, meine Hoffnung auf die anstehende Wahl? Der Rechtsruck ist sicher nicht nur am Thema Armut festzumachen, aber es gibt viele in Europa, die eine populistische Partei "protestwählen" aus dem Gefühl, dass sich die Politik um ihre schwierige Lage kaum kümmert. Auch deshalb muss die Armutsbekämpfung bei der neuen EU-Kommission eindeutige Priorität haben. Zwar gibt es die Europäische Säule sozialer Rechte: Hört sich gut an, doch es sind unverbindliche Grundsätze. Für viele Wirtschaftsdinge gibt es europäische Gesetze - aber für so Wichtiges wie Armutsbekämpfung nur "Vorschläge". Das darf nicht sein. Wenn also die EU auch auf einer Säule sozialer Rechte stehen soll, dann braucht diese ein konkretes gesetzliches Fundament. Die Zivilgesellschaft und Menschen mit Armutserfahrung müssen dies politisch einfordern. Europäische Netzwerke wie EAPN und FEANTSA (Europäische Dachorganisation der Wohnungslosenhilfe) werden unter anderem durch EU-Gelder gefördert. Das zeigt, dass die EU grundsätzlich ein Interesse hat, auch die Armen zu hören. Doch seit 2015 hat sie weniger Geld für EAPN bereitgestellt. Die neue Kommission sollte wieder mehr Förderung bieten. Damit mittellose Menschen ihre Anliegen an die europäische Entscheidungsebene herantragen können, sollte es zudem weiterhin eine Finanzierung der europaweiten Treffen für Menschen mit Armutserfahrung geben.
Für Armutsbekämpfung gibt es kein europäisches Gesetz
Beim "Europäischen Semester" stimmen Mitgliedstaaten nicht nur ihre Wirtschafts- und Haushaltspolitik halbjährlich ab, sondern tauschen auch Fortschritte in der Armutsbekämpfung aus. Leider holt die deutsche Regierung hierzu die Einschätzung der Zivilgesellschaft nur mit äußerst knappen Einreichfristen ein. Unmittelbare Einbeziehung armutserfahrener Menschen - außerhalb organisierter Strukturen - findet gar nicht statt. Und gerade Deutschland hat in seinem Länderbericht beim Punkt "Armuts-/Wohnungslosigkeitsbekämpfung" nicht viel zu bieten. Es nutzt darin vor allem die verbesserte Arbeitsmarktlage als Erfolgsindikator. Das allein ist noch keine Strategie zur Armutsbekämpfung. Minijobs und Zeitarbeit tragen einiges zu schwierigen sozialen Verhältnissen bei, die dringend angegangen werden müssen. (Mehr dazu: https://bit.ly/2UkUMiE, auch die Langfassung dieses Textes.)