Geschlechtergerechtigkeit in der Caritas
Wie ist Ihre Bilanz des Projekts "Geschlecht. Gerecht gewinnt"?
Positiv! Ich würde behaupten, noch nie haben sich in der Caritas so viele Menschen so intensiv mit diesem Thema beschäftigt - das allein ist ein Erfolg. Mehrere Hundert Fach- und Führungskräfte aus ganz Deutschland haben an Tagungen, Fortbildungen und Workshops teilgenommen. Aber das reicht natürlich nicht aus: In den acht Caritas-Organisationen, die als Pilotstandorte mit dabei waren, hat sich viel getan: von der geschlechtergerechten Besetzung des Caritasrats über andere Arbeitszeitmodelle bis hin zu neuen Führungsgrundsätzen.
Auf einer Skala von eins (ganz schlecht) bis zehn (Ziel erreicht): Wo steht die Caritas in Sachen Geschlechtergerechtigkeit?
Ich muss zugeben, da schwankt meine Einschätzung manchmal ein wenig. Heute würde ich sagen: eine Sieben!
Eigentlich dürfte es in der Caritas keinen Gender-Pay-Gap, also eine geschlechtsabhängige Einkommenslücke geben, da hier alle Mitarbeitenden nach Tarif bezahlt werden. Gibt es diese Lücke trotzdem? Wie hoch ist sie und was sind die Ursachen?
Da sprechen Sie ein Thema an, bei dem wir noch eine ziemliche Erkenntnislücke haben. Sie haben recht: Im Bereich der AVR befinden wir uns auf vermeintlich geschlechtsneutralem Terrain. Ich sage vermeintlich, weil zwar die Bezahlung der genau gleichen Tätigkeit bei Männern und Frauen nicht abweicht. Anders sieht es aus bei der Bewertung unterschiedlicher Tätigkeiten: Studien zeigen immer wieder, dass die Kompetenzen und Belastungsfaktoren in klassischen Frauenberufen wie der Pflege im Vergleich zu klassischen Männerberufen zum Beispiel im handwerklichen Bereich systematisch zu niedrig eingeschätzt werden. Hier sollte die Caritas einmal selbstkritisch hinschauen. Und dann gibt es noch den außertariflichen Bereich auf den obersten Führungsebenen: Hier verdienen Frauen in der Caritas deutlich weniger als Männer - und noch ist unklar, ob sich das vollständig durch äußere Faktoren wie die Größe des Unternehmens erklären lässt.
Wie sieht der Vergleich zu Arbeitnehmerinnen allgemein aus?
Die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern beträgt in Deutschland im Schnitt 21 Prozent. In welcher Höhe dies für den Bereich der Caritas gilt, erschließt sich teilweise aus der Vergütungsstudie 2018 (S. dazu neue caritas Heft 12/2018, S. 22?ff).
Wo muss die Caritas ansetzen, um mehr Geschlechtergerechtigkeit zu realisieren? Und was hat sie davon?
Sie hat Zukunft, würde ich sagen! (lacht) Nein, ganz im Ernst: Geschlechtergerechtigkeit bedeutet für die Caritas zuallererst, Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht gleiche Chancen zur Übernahme von Verantwortung im Beruf und in der sogenannten privaten Sorgearbeit, also zum Beispiel der Betreuung von Kindern, zu ermöglichen. Dafür müssen sich nach wie vor Rollenbilder ändern, vor allem mit Blick auf die Führung von Caritas-Organisationen: Der Chef oder die Chefin, die allzeit verfügbar sind und alles regeln, sind aus verschiedenen Gründen ein Auslaufmodell: zum einen, weil zunehmend weniger Menschen - Frauen wie Männer - bereit sind, alles dem beruflichen Erfolg unterzuordnen. Und zum anderen, weil die Anforderungen komplexer werden und die Zusammenarbeit in gemischten Teams auf Augenhöhe dem besser gerecht wird. Geschlechtergerechtigkeit und "New Work" müssen deswegen zusammen gedacht werden.
Am Projekt haben sogenannte Pilotregionen aus ganz Deutschland teilgenommen, um Gendergerechtigkeit umzusetzen. Wo haben diese ihre Stellschrauben angesetzt? Gibt es eine Internetadresse, wo die Ergebnisse zusammengefasst sind?
Wie gesagt, die bearbeiteten Themen waren ausgesprochen vielfältig. Unter www.caritas.de/geschlechtergerecht finden Sie eine Online-Toolbox mit Ergebnissen aus dem Projekt. Empfehlen kann ich Ihnen auch die Webinare für vielfaltsorientiertes Personalmanagement, die dort online stehen: Da sind ganz konkrete Tipps für jeden und jede dabei.
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