Corona-Prämie ist ein erster Schritt
Tausend Euro zusätzlich: Ich habe mich richtig gefreut", sagte in diesen Tagen eine Altenpflegerin. Wer bin ich, ihr diese Prämie schlechtzureden? Wer bin ich, den Herzens-Applaus von den Balkonen für die Männer und Frauen in Weiß madig zu machen?
Wenn diese grausige Pandemie eines ans Licht gebracht hat, dann den Wert all der Menschen, die von Montag bis Sonntag um viertel vor sechs auf ihrer Station stehen, Tabletten richten und anschließend mit dem Bettenwagen starten. Die Wichtigkeit derer, die dies an 365 Tagen 24 Stunden lang tun.
Unwürdig hingegen war das Gezänk im Vorfeld der Auszahlung: Wer soll den Betrag bekommen? Wer zahlt die 500 Euro: die Länder, die Einrichtungen? Beide zusammen? Und was ist mit den Pflegerinnen und Pflegern in den Krankenhäusern? Mit den Fachkräften in der Behindertenhilfe? Zählt deren Arbeit mit corona-vulnerablen Zielgruppen weniger?
Kompliment - wenn ich hier in Niedersachsen und beim Thema Altenhilfe bleibe - an die Landesregierung, den Betrag dann für die 140.000 Beschäftigten in den 3600 zugelassenen Pflegeeinrichtungen auf maximal 1500 Euro pro Pflegekraft aufgestockt zu haben.
Ist damit jetzt alles gut in der Altenpflege, in Niedersachsen und bundesweit? Leider nicht. Alles in Ordnung ist erst dann, wenn Bewerberinnen und Bewerber vor Altenheimen wieder Schlange stehen. Vor den Häusern also, in denen letzte Lebensphasen begleitet und Menschen häufig auf ihrem Weg aus diesem Leben hinüber in ein anderes begleitet werden. Dort auf den letzten Kilometern, den letzten Metern ihres Erdendaseins, wo sie Bilanz ziehen, dankbar sind oder auch verbittert und verzweifelt.
Eine Schlangenbildung von Bewerber(inne)n werden wir sicherlich erst dann haben, wenn es einen anderen Personalschlüssel gibt, wenn die Vereinbarkeit von Familie und Beruf möglich ist, wenn Schulabgänger(innen) zu Recht Lust bekommen auf diese sinnstiftende Tätigkeit mit und an Menschen. Wenn wir das Tun derer endlich würdigen, die heute nicht selten schon nach fünf Jahren wieder aufgeben
Es darf doch nicht sein, dass Verantwortliche aus der Pflege ihren eigenen Kindern sagen: "Mach im Leben alles, nur nicht Altenpflege." Wir müssen die "magischen Momente in der Altenpflege" in den Vordergrund rücken - woran uns der gleichnamige Buchtitel von Sonja Schiff zu Recht erinnert.
Im ostafrikanischen Tansania beispielsweise gelten alte Menschen sehr viel. Ob stark oder schwach. Pflegebedürftig oder nicht. Dahin müssen wir kommen. Die Corona-Prämie für Pflegekräfte ist auf diesem Weg ein Anfang.