Über eine Rückkehr selbst entscheiden
Die Coronavirus-Pandemie stellt die Nachhaltigkeit der Rückkehrberatung auf eine schwere Probe. Niemand kann abschätzen, wie sehr das Virus die Lage in den Rückkehrländern noch weiter verändern wird. Beratende in den Caritas-Einrichtungen und Geflüchtete haben die Ausreise vorbereitet, doch nun kann sie aufgrund der Reisebeschränkungen in den allermeisten Fällen nicht erfolgen. Die Ratsuchenden müssen eine Übergangssituation von ungewisser zeitlicher Dauer und mit Blick auf die Entwicklung im Rückkehrland ertragen.
Die Rückkehrberatung der Caritas steht den Ratsuchenden auch in dieser Situation zur Seite. Die Beratenden suchen nach Lösungen für die Dauer des Übergangs, sie überlassen die Wartenden nicht sich selbst in ihrer Sorge und in ihrer psychisch teilweise sehr belastenden Situation.
Hinter dem Begriff der Beratung zur freiwilligen Rückkehr für ausreisepflichtige Geflüchtete stehen - je nach politischer Meinung und Menschenbild - sehr unterschiedliche Konzepte. Die Beratung ist (nicht nur) in der Caritas umstritten. Kritiker(innen) werfen ihr vor, mit diesem Beratungsangebot mache sich die Caritas zur Erfüllungsgehilfin des Staates, dessen Ziel eine möglichst hohe Zahl von Ausreisen sei.
Die nachhaltige Rückkehrberatung, beschrieben in den Leitlinien der Caritas1, soll zu einer Rückkehr in Würde und Sicherheit beitragen, zur Reintegration im Herkunftsland, argumentieren Befürworter(innen).
Sowohl behördliche als auch nichtstaatliche Einrichtungen2 haben ein Interesse daran, dass Rückkehr nachhaltig erfolgt, ansonsten ist eine erneute, ungeregelte Migration zu erwarten. Beide stimmen grundsätzlich darin überein, dass eine zwangsweise erfolgende Rückkehr (Abschiebung) weniger nachhaltig ist als eine sogenannte "freiwillige" Rückkehr, also eine selbstständige Ausreise.
Abschiebung versus freiwillige Ausreise
Die vorherrschenden Definitionen3 zusammenfassend, ist eine nachhaltige Rückkehr als eine sich verfestigende soziale, wirtschaftliche und politische Reintegration in Sicherheit und Würde zu beschreiben. Sollte später eine erneute Abwanderung erfolgen, wäre diese geregelt und legal.
Gefühle von Scham und Versagen wirken kontraproduktiv auf die Reintegrationsfähigkeit eines Menschen, ebenso das Entlassen in die völlige Mittellosigkeit und Abhängigkeit von Unterstützungsstrukturen, falls im Herkunftsland überhaupt vorhanden.
Eine der Nachhaltigkeit verpflichtete Beratung sollte diese grundlegenden Faktoren umfassen:
- freiwillige Inanspruchnahme und Ergebnisoffenheit;
- Trennung von beratender Person und über Aufenthalt, Ausreisepflicht oder Sozialleistungen entscheidender Institution;4
- durch umfassende Information soll dem/der Geflüchteten eine eigenständige Entscheidung ermöglicht werden.
Verkannt wird, dass die unabhängige und ergebnisoffene Rückkehrberatung durch nichtstaatliche Akteure in der Regel nachhaltiger ist als eine behördliche Rückkehrinformation und Ausreiseberatung. Die ergebnisoffene Beratung bietet die Möglichkeit, eine Ausreise als eigene Entscheidung zu definieren. Die freiwillige Ausreise und selbstständige Rückkehr ist im Einzelfall leichter zu tragen als eine Zwangsmaßnahme. Die psychologischen Effekte einer Abschiebung führen in der Regel zu mentalen Problemen, berichten Partnerorganisationen in Rückkehrländern.
Die Rückkehrberatung der Wohlfahrtsverbände wie der Caritas kann eine nachhaltige Rückkehr eher erreichen. Zentrale Kriterien dafür finden sich in der Tabelle rechts.
Die Ausgestaltung der Beratung und die Art der Rückkehr beeinflussen ihre Nachhaltigkeit. Die behördenunabhängige Beratung der Wohlfahrtsverbände wird, soweit sie den Leitlinien der Caritas entspricht, ergebnisoffen durchgeführt und fördert damit die Nachhaltigkeit.
Anmerkungen
1. Deutscher Caritasverband: Leitlinien für die Rückkehrberatung von Flüchtlingen und Geduldeten. In der Reihe: Fluchtpunkte intern (Nr. 3), Freiburg, September 2017.
2. Vergleichbare Zahlen der Geflüchteten, die nach einer Beratung von Deutschland aus in ihr Herkunftsland zurückgekehrt sind - wie viele von ihnen durch behördliche Stellen oder durch die Caritas beziehungsweise das Raphaelswerk beraten worden waren -, stehen leider nicht zur Verfügung.
3. IOM: Freiwillige Rückkehr im europäischen Kontext. In: Dossier, 2015, www.bamf.de/SharedDocs/Dossiers/DE/Behoerde/emn-tagung-rueckkehr-2017.html?nn=282082 Kuschminder, K.: Taking Stock of Assisted Voluntary Return from Europe: Decision Making, Reintegration and Sustainable Return - Time for a paradigm shift, 2017.
http://cadmus.eui.eu/bitstream/handle/1814/47064/RSCAS%202017_31.pdf?sequence=1&isAllowed=y Globaler Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration: Zusammenarbeit bei der Ermöglichung einer sicheren und würdevollen Rückkehr und Wiederaufnahme sowie einer nachhaltigen Reintegration. 10./11. Dezember 2018. S. 27 f. Ziel 21. www.un.org/depts/german/migration/A.CONF.231.3.pdf
4. Dänemark etwa setzt auf unabhängige Rückkehrberatung durch nichtstaatliche Organisationen. Die Trennung ist gesetzlich festgeschrieben (dänisches Ausländergesetz § 43 a, 8).
5. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF): AnkER-Einrichtung - Ein Überblick. S. 5, 2.5 Rückkehr, www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Aufbau/ anker-einrichtungen-ueberblick.pdf?__blob=publicationFile&v=5
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