Chance für einen Neuanfang
Es ist fast ein Novum in unserer Kirche: Die Gläubigen im Bistum Limburg, Laien wie Priester, haben mit den Füßen abgestimmt, haben ihrer Sorge um unsere Kirche, ihr Profil, ihren Ruf und ihre Glaubwürdigkeit Ausdruck verliehen. Der Paukenschlag war laut und deutlich - und wurde nicht nur in den Medien im In- und Ausland gehört, sondern auch in Rom.
Die Krise im Bistum Limburg hat sich nicht deshalb zugespitzt, weil sie im Fokus der medialen Aufmerksamkeit stand. Es waren die starken Gegensätze, die viele in und außerhalb unserer Kirche ratlos machten: Papst Franziskus lebt Bescheidenheit und die "arme Kirche für die Armen" mit Herzblut vor, er wendet sich gegen Prunk und Protz in unserer Kirche, kleidet sich in schlichtem Weiß und lebt lieber in einem Haus mit vielen anderen, da ihm wichtig ist, nah bei den Menschen zu sein.
Dieses konsequente Vorleben einer "Kirche für die Armen" macht ihn glaubwürdig - und ist meiner Meinung nach Ansporn für uns, unser eigenes Handeln beständig zu überprüfen: Sind wir in unserem Handeln für die Menschen in Armut und Not als "arme Kirche" und als "arme Caritas" erkennbar und vor allem auch glaubwürdig?
Glaubwürdig sein heißt auch transparent sein, sagen, was Sache ist. Das heißt meines Erachtens, dass wir uns in allen Bereichen öffnen - und offenlegen: Die Bürger, die Medien, unsere Unterstützer sollen wissen und nachprüfen können, was mit den Kirchensteuermitteln, mit den Zuschüssen, mit den Spenden passiert, wie unsere kirchlichen und Caritas-Vermögensverhältnisse sind und wie unsere Finanzierungsstrukturen aussehen. Ich meine, diese Offenheit und diese Öffnung sind eine gute Chance auf dem Weg hin zu einer "neuen" Glaubwürdigkeit. Und sie bieten uns die Möglichkeit, einen eingeschlagenen Kurs oder eingefahrenes Handeln zu überprüfen und unter Umständen zu korrigieren. Eine ängstliche Verschwiegenheit und das Zurückhalten von Informationen sind weder zeit- noch evangeliumsgemäß.
Ich bin überzeugt, dass wir in Kirche und Caritas uns für die Armen noch glaubwürdiger und konsequenter einsetzen können, wenn wir uns jetzt gerade nicht abschotten und verkriechen, sondern offener und bündnisfähiger werden. Wir haben in Limburg erfahren, wie viel Unterstützung für eine franziskanisch geprägte Kirche und Caritas in breiten Schichten unserer Gesellschaft da ist - ja, welchen Hunger es danach gibt. Ich plädiere daher dafür, dass wir mit allen Akteuren in unserer Gesellschaft zusammenarbeiten, also unter anderem mit Gewerkschaften, Bürgerinitiativen und den Medien. Mit beiden Beinen fest in der Welt zu stehen, darauf kommt es an - und das lebt uns auch Papst Franziskus vor.
Letztlich hat dieser Paukenschlag auch ein Gutes: Er bietet uns und unserer Kirche die Chance, transparent und glaubwürdig erkennbar zu sein und zu werden, wo es noch nötig ist. Nutzen wir diese Chance für einen Neuanfang - jetzt.