Arbeitsmarktförderung während Corona
Aus Gründen der Gesundheitsprävention waren Präsenzangebote in privaten und öffentlichen Bildungseinrichtungen während der Lockdown-Phasen untersagt. Folglich konnten auch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen nicht stattfinden. Das hatte für die Teilnehmer(innen) zum Teil sehr einschneidende Folgen. Menschen, die in solchen Maßnahmen gefördert und schrittweise an den Arbeitsmarkt herangeführt werden, brauchen Unterstützung in sehr grundlegenden Bereichen wie zum Beispiel bei der Tagesstrukturierung und der Gestaltung von sozialen Beziehungen. Wenn diese Strukturen wegfallen, sind sie auf sich selbst zurückgeworfen. Etliche haben kein funktionierendes soziales Netzwerk aus Familie und Freunden, mit denen man auch im Lockdown auf unterschiedliche Weise Kontakt halten und sich austauschen kann.
Zwar haben die Träger von Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen auf vielfältige kreative Weise versucht, diese Lücke zu schließen und etwa mit Telefonaten, Gesprächen "am Gartenzaun", Spaziergängen und dergleichen den Kontakt aufrechtzuerhalten. Auch wenn diese alternativen Angebote kein adäquater Ersatz für eine Tagesstruktur sind, waren die Teilnehmenden in der Regel froh und dankbar. Konstruktives inhaltliches Arbeiten war nur in wenigen Maßnahmen möglich und auch dort nicht in einer Art und Weise, die Präsenzangebote obsolet machen würde. Nach dem Ende des Lockdowns gestalteten die einzelnen Jobcenter den Start beziehungsweise die Wiederaufnahme der unterbrochenen Maßnahmen sehr unterschiedlich; einige weisen bis heute kaum Teilnehmende zu. So gehen die bereits erzielten Fortschritte verloren und ohnehin sozial benachteiligte Gruppen drohen weiter ins Abseits zu geraten.
Zweifellos hat die Pandemie die Auseinandersetzung mit digitalen Lehr- und Lernformaten forciert und damit eine Entwicklung beschleunigt, die auch im Bereich der Beschäftigungs- und Qualifizierungsförderung allemal ansteht. Im Dezember 2020 hat die Bundesagentur für Arbeit eine Umfrage zur alternativen Maßnahmedurchführung angeregt. Der Deutsche Caritasverband und die Katholische Bundesarbeitsgemeinschaft Integration durch Arbeit (BAG IDA) haben diese gemeinsam realisiert. Im Ergebnis zeigt sich folgender Handlungsbedarf:
◆ Die technische Ausstattung und das notwendige Anwenderwissen sowohl bei den Trägern als auch bei den Teilnehmenden sind eine Grundvoraussetzung für die (weitere) Digitalisierung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen, die bei weitem noch nicht überall gegeben ist. Hier geht es einerseits um Möglichkeiten der Refinanzierung der Infrastruktur, aber auch um stabile Internetversorgung, Schulungen für das Trägerpersonal, geeignete Räume, in denen die Teilnehmenden bei Videokonferenzen mitmachen können, und dergleichen.1
◆ Die Zielgruppen einzelner Maßnahmen unterscheiden sich stark hinsichtlich der technischen Ausstattung, ihrer Affinität zu digitalen Zugangswegen, des Wissens, der Lerngewohnheiten und des Grades der Selbstorganisation. Für jüngere Teilnehmende ergeben sich aus den digitalen Formaten viel mehr Möglichkeiten, die Lernangebote für sich zu akzeptieren, Erfolgserlebnisse zu nutzen, das Lernpensum individuell anzupassen und die Selbstverantwortung zu stärken. Nicht geeignet sind die neuen Formate dagegen für Menschen, die mit multiplen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, sich nur schwer selbst motivieren können oder auch gar nicht über einen geeigneten Platz in der eigenen Wohnung verfügen. Es ist schwierig, pauschale Aussagen zu treffen und daraus Konzepte zu entwickeln, die für alle gelten können. Die digitalen Angebote können eine Ergänzung zu den bisherigen Angeboten sein und gegebenenfalls auch neue Teilnehmergruppen ansprechen.
Mit Blick auf die Beschäftigungsförderung lautet das Fazit nach der dritten Corona-Welle "sowohl als auch": Der Lockdown hat viele Menschen zurückgeworfen und ihre ohnehin eingeschränkten Teilhabemöglichkeiten weiter drastisch reduziert. Andererseits wurde ein Innovationsschub in Gang gesetzt, der nun verstetigt und ausgebaut werden muss.
Anmerkung
1. Siehe dazu auch: BAGFW; GEW; Verdi: Digitale Teilhabe für alle ermöglichen. Forderungspapier vom 7. Juni 2021: www.bagfw.de/veroeffentlichungen/pressemitteilungen/detail/wohlfahrtsverbaende-und-gewerkschaften-fordernumfassende-foerderung-digital-unterstuetzter-weiterbildung
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