Arbeitsrecht
Honorarärzte im Krankenhaus regelmäßig sozialversicherungspflichtig
Eine Anästhesistin war wiederholt im Tag- und Bereitschaftsdienst und überwiegend im OP des Krankenhauses der Klägerin tätig. Der beklagte Sozialversicherungsträger bewertete diese Tätigkeit als sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis, die Klägerin als freiberufliches Honorarverhältnis. Die Klage blieb erfolglos. Ärzt(inn)e(n), die als Honorarkräfte in einem Krankenhaus tätig sind, sind regelmäßig nicht als Selbstständige anzusehen, sondern unterliegen als Beschäftigte des Krankenhauses der Sozialversicherungspflicht. Dafür sind die Weisungsgebundenheit des Tätigen und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers maßgeblich. In einem Krankenhaus herrschen strenge Hierarchien in der Organisation, denen auch eine Honorarärztin unterliegt. Vor allem besteht in der Regel keine unternehmerische Entscheidungsfreiheit (BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 - B 12 R 11/18 R). Hinweis: Für auf Honorarbasis eingestellte Notärzt(inn)e(n) gilt neuerdings § 23 c Abs. 2 SGB IV; danach sind die Einnahmen aus Tätigkeiten als Notärztin beziehungsweise Notarzt im Rettungsdienst unter bestimmten Voraussetzungen nicht beitragspflichtig.
Für Honorarpflegekräfte besteht Sozialversicherungspflicht
Bei einem Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV wurde über die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung für Honorarpflegekräfte gestritten. Die Klage eines Trägers gegen einen Sozialversicherungsträger auf Sozialversicherungsfreiheit war erfolglos. Honorarkräfte in stationären Pflegeeinrichtungen sind in dieser Tätigkeit regelmäßig nicht als Selbstständige anzusehen, sondern unterliegen als Beschäftigte der Sozialversicherungspflicht. Die Sozialgesetzbücher und das Heimrecht enthalten strenge Vorgaben hinsichtlich der Verantwortlichkeit des Betreibers für Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität. Diese Rahmenbedingungen haben im Regelfall zur Folge, dass Pflegefachkräfte in die Organisations- und Weisungsstruktur der stationären Pflegeeinrichtung eingegliedert werden. Für eine (nur ausnahmsweise) in Betracht kommende selbstständige Tätigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne müssen daher gewichtige Indizien bestehen. Bloße Freiräume bei der Aufgabenerledigung, etwa ein Auswahlrecht der zu pflegenden Personen oder bei der Reihenfolge der einzelnen Pflegeschritte, reichen dafür nicht aus. Die Sozialversicherungspflicht dient der sozialen Absicherung des Einzelnen und der generellen sozialen Sicherung in unserer Gesellschaft. Auch wenn die Pflege als Mangelberuf gilt, kann diese Sozialversicherungspflicht nicht beseitigt werden, um so eine höhere Entlohnung zu erreichen (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 - B 12 R 6/18 R u. a.).
Rückwirkende Versicherungspflicht: Honorare müssen zurückgezahlt werden
Der Beklagte war bei der Klägerin als freier IT-Mitarbeiter ohne festen Stundenumfang beschäftigt; sein Honorar betrug zuletzt 60 Euro pro Stunde. Nach einigen Jahren kündigte der Beklagte und stellte bei der Deutschen Rentenversicherung einen Antrag auf Feststellung, dass er während seiner gesamten Tätigkeit sozialversicherungspflichtig beschäftigt war. Diesem Antrag gab die Deutsche Rentenversicherung statt. Die klagende Arbeitgeberin wurde auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen herangezogen. Sie erhob Klage gegen den ehemaligen Beschäftigten und verlangte Rückzahlung "zu viel" gezahlter Honorare. Die Klage hatte Erfolg. Scheinselbstständige, denen hohe Honorare gezahlt werden, können zur deren Rückzahlung verpflichtet sein, wenn nachträglich ein Arbeitsverhältnis festgestellt wird. Der Arbeitgeber kann die Rückzahlung überzahlter Honorare verlangen, wenn der Arbeitnehmerstatus des Mitarbeiters rückwirkend festgestellt wird. War für die Tätigkeit im Arbeitsverhältnis eine niedrigere Vergütung zu zahlen, umfasst der Anspruch des Arbeitgebers die Differenz zwischen Honorar und Vergütung. Dabei ist von der üblichen Bruttoarbeitsvergütung auszugehen. Der Arbeitgeber muss sich die darauf entfallenden Arbeitgeberanteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag anrechnen lassen. Nur ausnahmsweise kann es sein, dass die auf Zahlung eines Honorars abgestellte Vereinbarung auch für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses gelten sollte. Dafür ist der Mitarbeiter beweispflichtig (BAG, Urteil vom 26. Juni 2019 - 5 AZR 178/18).
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