Caritaslöhne im Branchenvergleich
Pflegekräfte und Erzieherinnen verdienen zu wenig!" Mit dieser Aussage wird kein Politiker, kein Gast einer Talkshow und auch kein Caritasmitarbeiter Widerspruch erhalten. Doch ist die Aussage so pauschal haltbar?
Die Qualität von Vergütungsvergleichen hängt von verschieden Faktoren ab. Stehen entsprechende Daten zur Verfügung, braucht es für die Durchführung eines Vergleichs methodische Annahmen, die transparent und nachvollziehbar sind.
Die umfangreichste frei verfügbare Quelle für Vergütungsdaten ist der Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit.1 Über eine Onlinemaske können die Medianentgelte für Vollzeitbeschäftigte unterschiedlicher Berufe differenziert nach Region, Altersgruppe und Geschlecht abgefragt werden. Der Median ist der "mittlere Wert" einer Datenverteilung. Er ist im Vergleich zum Durchschnitt robuster gegenüber Extremwerten. Basis für den Entgeltatlas sind die Meldedaten der Sozialversicherung, also sämtliche sozialversicherungspflichtigen Entgelte, die ein Beschäftigter in einem bestimmten Kalenderjahr erhalten hat. Dies beinhaltet daher auch Zulagen, Einmalzahlungen sowie Zuschläge, die der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Der Entgeltatlas eignet sich für Vergütungsvergleiche zwischen verschiedenen Berufen sowie für den Vergleich der Vergütung einer bestimmten Berufsgruppe in verschiedenen Regionen. Möchte man zum Beispiel die Vergütung von Fachkräften in der Altenpflege bei der Caritas mit den Werten aus dem Entgeltatlas vergleichen, benötigt man das mittlere Entgelt einer entsprechenden Fachkraft.
Faktenblätter2 der Dienstgeberseite der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes stellen die Jahresvergütung von Vollzeitbeschäftigten in verschiedenen Berufen zu drei Zeitpunkten dar (Berufseinstieg, fünftes Beschäftigungsjahr sowie langjährige Beschäftigung - höchste Entwicklungsstufe). Enthalten sind jeweils alle Vergütungsbestandteile, die die Beschäftigten unabhängig von der Lage ihrer Arbeitszeit sicher erhalten. Das sind neben dem Tabellenentgelt insbesondere monatliche Zulagen sowie die Jahressonderzahlung. Nicht berücksichtigt sind hingegen Zuschläge (zum Beispiel für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit - sogenannte SNF-Zuschläge), die zumindest teilweise sozialversicherungspflichtig sind. Unberücksichtigt bleiben außerdem Leistungen des Arbeitgebers, die sich nicht in den laufenden oder einmaligen Zahlungen an die Beschäftigten widerspiegeln. Dies gilt insbesondere für die betriebliche Zusatzversorgung.3 Auch steuer- und abgabenfreie Leistungen des Arbeitgebers (maximal 44 Euro/Monat) sind nicht enthalten.
Die Arbeitszeit einer Vollzeitstelle und der Urlaubsanspruch können zwischen Berufen und Trägern variieren. Bei der Caritas sind dies 30 Tage bei einer 39-Stunden-Woche für die Vollzeitstelle.
Im Großen und Ganzen ist die Zusammensetzung der in den Faktenblättern ausgewiesenen Monatswerte mit der Zusammensetzung der Werte aus dem Entgeltatlas vergleichbar. Zu beachten ist die Tatsache, dass es sich bei den Vergütungen in den Faktenblättern um zeitpunktbezogene Werte und nicht um mittlere Werte handelt. Um einen "mittleren Wert" zu generieren, wird daher der Durchschnitt der drei oben genannten Zeitpunktwerte berechnet. Dieser Wert wird von den Beschäftigten der Caritas in der Regel nach circa 6,5 Berufsjahren (zwischen Stufe 3 und 4) erreicht.
Beschäftigte bei der Caritas sind häufig jedoch schon länger als 6,5 Jahre im Beruf, wie das Caritaspanel 2018 aufzeigt. Daraus folgt, dass der tatsächliche "mittlere Wert" (Median) höher liegen dürfte. Erste empirische Auswertungen bei Rechtsträgern im Bereich des Diözesan-Caritasverbandes (DiCV) Regensburg bestätigen diese Annahme. Die empirische Prüfung erfolgte dort bislang für alle Vollzeit-Beschäftigten in den Alten-, Behinderten-und Jugendheimen in Trägerschaft des DiCV Regensburg und der Katholischen Jugendfürsorge Regensburg.
In den Abbildungen 1 und 2 (oben) sind die Vergütungen von Vollzeitbeschäftigten in verschiedenen Berufen - jeweils als "mittlere Werte" - für das Basisjahr 2019 dargestellt.5 In Abb. 1 wird die Vergütung für Fachkräfte, in Abb. 2 für Hilfskräfte aus den Bereichen Altenpflege und Erziehung der Caritas gezeigt. Die Vergütungen werden dabei trägerübergreifenden Vergleichswerten aus dem Entgeltatlas gegenübergestellt; bei den Fachkräften wird zudem der Median für den Beruf Mechatroniker(in) aufgeführt.
Die Abbildungen zeigen deutlich, dass die Entlohnung der Beschäftigten im Bereich der Caritas vergleichsweise hoch ist. Die häufig erzählte Geschichte von der "schlechten Entlohnung in sozialen Berufen" stimmt vor diesem Hintergrund für die Einrichtungen und Dienste der Caritas also nicht. Dies gilt auch für die Altenhilfe, die trägerübergreifend eine unterdurchschnittliche Honorierung aufweist.6 Dass die Caritas in branchenweiten Vergleichen überdurchschnittlich zahlt, bestätigt auch der Verband katholischer Altenhilfe in Deutschland (VKAD) mit seiner Publikation "Fehleinschätzungen zur Entlohnung in der Altenhilfe", die Vergütungsvergleiche für Auszubildende, Fach- und Hilfskräfte bietet.7
Natürlich ist der monetäre nur einer von vielen Faktoren, die die Attraktivität eines Berufsbilds prägen. Was das Geld betrifft, können sich die Pflegefachkräfte bei der Caritas selbstsicher mit angesehenen Berufen in anderen Wirtschaftsbereichen messen.
Anmerkungen
1. https://entgeltatlas.arbeitsagentur.de
2. https://caritas-dienstgeber.de/publikationen/faktenblaetter.html
3. Die Caritas als Arbeitgeberin zahlt in Westdeutschland für ihre Beschäftigten mindestens 4,8 Prozent des Bruttoentgelts (zusätzlich) in die betriebliche Altersvorsorge ein.
4. Die Faktenblätter liegen auch für Ostdeutschland vor (jeweils für das Tarifgebiet West und Ost der Regionalkommission Ost). Für diesen Beitrag wurde wegen der Vergleichbarkeit mit den Zahlen aus Regensburg "Westdeutschland" gewählt. 5. Um hinsichtlich des Basisjahrs die Vergleichbarkeit zu gewährleisten, wurden die Medianentgelte aus dem aktuellen Entgeltatlas mit Stand 31. Dezember 2018 mit drei Prozent Steigerung pro Jahr auf 2019 hochgerechnet.
6. Vgl. neue caritas Heft 9/2019, S. 31: "Altenpflege besonders schlecht entlohnt".
7. www.vkad.de (gleichnamige Meldung)
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