Klimaschutz in stationären Pflegeeinrichtungen
Rund acht Tonnen CO2 verursacht ein durchschnittlicher stationärer Pflegeplatz pro Jahr. Bei weitem zu viel, wenn es darum geht, das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Damit dieses nicht verfehlt wird, müssen die Einrichtungen ihre Emissionen bis zum Jahr 2050 um rund 90 Prozent auf maximal eine Tonne pro Platz reduzieren.
Bereits 2016 hat die Arbeiterwohlfahrt (AWO) daher auf ihrer Bundeskonferenz beschlossen, die Pariser Klimaschutzziele als für sich verbindlich anzuerkennen und ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Mit dem Ziel, diesen Beschluss in die Praxis umzusetzen, wurde Anfang 2018 das Projekt "Klimafreundlich pflegen" gestartet. Über drei Jahre begleitet der Verband 40 Einrichtungen dabei, ihren CO2-Ausstoß zu reduzieren.
Dabei werden modellhaft Klimaschutzpläne entwickelt, umgesetzt und evaluiert. Der erste Schritt hierfür ist die Bildung eines Klimaschutzteams, das die notwendigen Daten für die Berechnung eines "CO2-Fußabdrucks" der Einrichtung erfasst. Die Emissionen werden in Zusammenarbeit mit einem externen Dienstleister analysiert. Mit Hilfe der Ergebnisse wird während eines Vor-Ort-Workshops ein Ziel- und Maßnahmenplan erstellt, der den Einrichtungen als Leitfaden dienen soll. Hier wird großer Wert darauf gelegt, dass die entwickelten Schritte auch über das Projektende hinaus wirken und Strukturen etabliert werden, die der kontinuierlichen Verbesserung dienen.
Die Auswertungen führen dabei durchaus zu überraschenden Erkenntnissen: So spielen nicht nur energetische Themen (Strom und Heizung) eine tragende Rolle, sondern zum Beispiel auch die Anfahrt der Mitarbeitenden sowie Reinigung/Wäscherei. Den deutlich größten Anteil an den Emissionen hat jedoch die Verpflegung der Bewohner(innen). Diese nimmt durchschnittlich circa 40 Prozent der Gesamtemissionen ein. Ursachen sind der oft recht hohe Fleischgehalt und ein geringer Anteil an Biolebensmitteln. Ersteres ist sowohl aus Klimaschutzgründen als auch aus gesundheitlicher Perspektive problematisch: So empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) für eine gesunde Erwachsenenverpflegung den Konsum von 300 bis 600 Gramm Fleisch pro Kopf und Woche.1 In Pflegeeinrichtungen wird dieser Wert nicht selten um das Doppelte überschritten. Hier wird deutlich, dass eine Auseinandersetzung mit Klimaschutz oft auch Verbesserungen in anderen Bereichen nach sich zieht und insgesamt zu einer positiven Organisationsentwicklung beitragen kann.
Einfach den Speiseplan zu ändern reicht jedoch nicht. Die Zusammenstellung und Qualität des Essens ist für Bewohner(innen) wie auch Angehörige ein ebenso wichtiges wie sensibles Thema. Wer hier etwas bewegen will, braucht also nicht nur fachliche Kompetenz, sondern muss auch mit den Bewohner(inne)n, Angehörigen und Mitarbeitenden kommunizieren. Dies kann zeitintensiv sein, und nicht selten fehlt es an personellen Ressourcen - ein Problem, das bei der Umsetzung von Klimaschutz in der Pflege immer wieder auftritt. Ohne Frage steckt in der stationären Pflege ein großes Klimaschutzpotenzial. Um dies dauerhaft abzurufen, müssen wir auch über die Refinanzierung von Klimaschutzaktivitäten sprechen.
Die im Rahmen des Projekts "Klimafreundlich pflegen" gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen werden aufgearbeitet und öffentlich zugänglich gemacht. Auf diese Weise sollen weitere Einrichtungen motiviert und unterstützt werden, praktischen Klimaschutz umzusetzen. Das Projekt wird von der Nationalen Klimaschutzinitiative des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit gefördert und läuft bis Ende 2020. Weitere Informationen sind zu finden unter: www.klimafreundlich-pflegen.de
Anmerkung
1. Deutsche Gesellschaft für Ernährung: DGE Ernährungskreis: Beispiel für eine vollwertige Lebensmittelauswahl, 2019 (www.dge.de).
Bitte mit sozialem Ausgleich!
Caritaslöhne im Branchenvergleich
Klimaschutz in stationären Pflegeeinrichtungen
Wohnen ist Problemschwerpunkt
Reform der Kinder- und Jugendhilfe
Digitalisierung fordert das Vereinbaren von Gegensätzen
Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes
Plattformen ja, aber welche?
Hinterlassen Sie einen Kommentar zum Thema
Danke für Ihren Kommentar!
Ups...
Ein Fehler ist aufgetreten. Bitte laden Sie die Seite erneut und wiederholen Sie den Vorgang.
{{Reply.Name}} antwortet
{{Reply.Text}}