IN VIA setzt auf Empowerment geflüchteter Frauen
Das IN VIA-Projekt "Begin - Begleitung und Integration geflüchteter Frauen" berät Frauen mit Fluchthintergrund und unterstützt sie mit Alltagsangeboten bei ihrer Integration in der neuen Heimat. Sie werden ermutigt, nach einer neuen, selbstbestimmten Lebenszukunft zu suchen und eine größere soziale Teilhabe zu bekommen. Auch wenn der Großteil der in Deutschland Ankommenden immer noch Männer sind, wurden nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Januar 2018 jedoch bereits 39,4 Prozent aller Asylanträge von Frauen gestellt. Es ist davon auszugehen, dass der Anteil von Mädchen und Frauen, die nach Deutschland kommen, weiter steigen wird.1
Weibliche Geflüchtete sind am Arbeitsmarkt benachteiligt. Abgesehen von ihrer häufig schlechteren beruflichen Qualifikation verfügen sie oftmals über eine geringere Erwerbserfahrung, beteiligen sich erst später am Spracherwerb in Deutschland und sind stärker in familiäre Verpflichtungen eingebunden als Männer mit Fluchthintergrund.2 Die in Deutschland angekommenen Frauen haben in der Regel jedoch den Wunsch, sich schnell in ihr neues Umfeld zu integrieren. Zudem zeigt die Erfahrung, dass Frauen oftmals eine Schlüsselrolle bei der Integration der ganzen Familie innehaben.3
Mit ihrer Ankunft stehen geflüchteten Frauen neue Möglichkeiten und Zugänge offen. Doch damit sie diese wirklich wahrnehmen können, müssen Integrationsangebote speziell darauf zielen, Frauen zu erreichen und zu stärken. Bisherige Projekterkenntnisse zeigen, dass Angebote danach ausgerichtet werden müssen, wie man bestimmte Fokusgruppen geflüchteter Frauen - zum Beispiel Frauen im Familienverbund, in traditionellen Rollenbildern, alleinerziehende oder junge Frauen - ansprechen und erreichen kann.
Empowerment-Ansatz bei IN VIA
Der Begriff Empowerment wird in letzter Zeit inflationär und sehr unterschiedlich verwendet. Empowerment gewann insbesondere im Zuge der schwarzen Bürgerrechtsbewegung in den USA in den 60er-Jahren (Civil Rights Movement) an Bedeutung. Der Empowerment-Prozess ist daher eng verbunden mit einer Umverteilung politischer Macht, er beinhaltet ein Mehr an Entscheidungsvermögen und Teilhabe für marginalisierte Gruppen.4
IN VIA versteht unter Empowerment einen Selbsthilfeansatz, der den langen Prozess der Selbstermächtigung und -bemächtigung von Personen und Communitys zum Ziel hat. Individuen und Gruppen werden gestärkt, indem man ihnen Möglichkeiten aufzeigt, wie ein selbstbestimmtes Leben in Deutschland möglich ist. Es gilt, sie dabei zu unterstützen, ihre eigenen Stärken und Fähigkeiten zum Handeln zu entdecken. Sie brauchen Ermutigung dabei, Erfahrungen der Hilflosigkeit zu überwinden und über die Umstände des eigenen Lebens (wieder) selbst zu bestimmen.
Um Angebote bedarfsgerecht und zielgruppengerecht gestalten zu können, müssen Frauen mit Fluchthintergrund zuerst einmal selber die Möglichkeit haben, ihre Bedürfnisse und Wünsche zu formulieren. Damit dies gelingt, müssen sie (wieder) ein Bewusstsein dafür entwickeln, was sie wollen und wozu sie selber fähig sind. Die Frauen müssen sich als nützlich und erfolgreich erfahren, damit sie es sich (wieder) zutrauen, auch selber etwas gestalten und insbesondere verändern zu können. Daher gilt es, die Frauen in die Gestaltung eines Angebots einzubinden.
Im Projekt "RundumFrau" von IN VIA Hamburg (s. Infokasten) legen die Frauen zum Beispiel selber die Themen fest, über die sie während der nächsten Treffen gern sprechen möchten.
Auch das Aufzeigen von Handlungsmöglichkeiten in den verschiedensten Situationen kann geflüchteten Frauen Mut machen. In diesem Kontext ist Wissen ein elementarer Faktor. Indem man den Frauen die Möglichkeit gibt, sich Wissen über Gesundheit, Erziehung, Sexualität, ihre Rechte oder auch Demokratie und politische Teilhabe anzueignen, wird ihnen auch die Teilnahme an selbstbestimmten individuellen, familiären, sozialen oder politischen Entscheidungsprozessen leichtergemacht.
Niedrigschwellige Angebote, welche die Stärken der Teilnehmerinnen hervorheben oder diese fördern, sind als Instrumente ebenfalls gut geeignet. Kreativ- oder freizeitpädagogische Gruppenangebote helfen dabei, die Frauen psychosozial zu stabilisieren und ihr Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein zu stärken. Durch den Austausch untereinander können geflüchtete Frauen gemeinsame oder auch eigene Stärken und Kräfte oftmals erst entdecken und (weiter-)entwickeln. Für die Frauen ist ein Wertschätzen ihrer Herkunftskultur ein wichtiger Faktor beim Ankommen im neuen Alltag (s. S. 15?ff. in diesem Heft).
Angebote für Menschen mit ähnlichen Erfahrungen spielen auch eine besondere Rolle. IN VIA-Angebote wie zum Beispiel Frauencafés oder Kleinkindtreffs bieten daher geschützte Räume für die Frauen mit der Möglichkeit für Austauschrunden an. Hier beraten und unterstützen sie sich gegenseitig. Die Erkenntnis, nicht alleine mit dem eigenen Problem dazustehen, entlastet die Teilnehmerinnen und eröffnet ihnen neue Perspektiven. Frauen, die bereits Erfolgsschritte geschafft haben, dienen als Vorbilder für andere, die sich daraufhin zutrauen, "es auch zu schaffen".
Anmerkungen
1. BAMF: Aktuelle Zahlen zu Asyl. Ausgabe Januar 2018, S. 7.
2. Worbs, S.; Baraulina, T.: Kurzanalyse - Geflüchtete Frauen in Deutschland: Sprache, Bildung und Arbeitsmarkt. In: BAMF 1/2017, S. 1.
3. Vgl. Positionierung "Geflüchtete Frauen" unter: www.invia-deutschland.de/fachliches/projekte/begin/begin
4. Herriger, N.: Empowerment in der Sozialen Arbeit. Eine Einführung. Stuttgart, 2014, S. 14.
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