Flüchtlinge finden Arbeit im Hotel
Das CSR-Kompetenzzentrum im Deutschen Caritasverband vermittelt bundesweit Unternehmenskooperationen. Seit Mitte 2016 gibt es dort die von der Glücksspirale geförderte Projektstelle "Unternehmen und Flüchtlinge".
Hier entstand eine Kooperation mit der Hotelkette IHG (InterContinental Hotels Group). Geflüchtete können in den bundesweit rund 60 Hotels der Kette ein Praktikum machen. Für die Flüchtlinge soll sich damit ein Zugang zu Arbeit und Ausbildung in der Branche eröffnen. Für die Hotels ist es eine Chance, dringend benötigtes Fachpersonal zu generieren.
Die Auswahl von möglichen Kooperationspartnern ergab sich einerseits durch die Hotelstandorte und andererseits aufgrund von bereits bestehenden Kontakten zu den Caritasverbänden und -mitgliedern vor Ort, die Interesse an der Zusammenarbeit haben. In einer Modellphase ab November 2016 beteiligten sich drei lokale Caritasverbände sowie die Malteser in München, Berlin, Stuttgart und Frankfurt. Im Frühsommer 2017 kamen die Caritasverbände Offenbach und Ostthüringen dazu.
Rollen und Aufgaben
Dem CSR-Kompetenzzentrum kommt die Aufgabe zu, die Partner vor Ort zusammenzubringen. Abgesehen von wenigen Eckdaten, wie zum Beispiel der maximalen Dauer des Praktikums und der prinzipiellen Bereitschaft des Hotelbetriebs, den Praktikanten eine weitere Perspektive anzubieten, werden alle konkreten Rahmenbedingungen vor Ort von den Partnern selbst ausgehandelt. Der zentrale Part des Caritasdienstes vor Ort besteht in der Vorauswahl der Flüchtlinge. Entscheidend sind hier Motivation, rechtlicher Status und Sprachkenntnisse. Eine weitere Aufgabe der Caritas ist es, den Flüchtling während des Praktikums zu unterstützen. Das CSR-Kompetenzzentrum bietet Reflexions- und Beratungsmöglichkeiten und stellt Arbeitshilfen zur Verfügung.
Welche Erfolge und Probleme gab es?
Bisher wurden zwölf Praktika begonnen. Acht von ihnen wurden auch abgeschlossen. Drei Praktika mündeten in Einstiegsqualifizierungen und Beschäftigung. An fast allen Standorten wurde jedoch auch die Erfahrung gemacht, dass Geflüchtete das Praktikum abbrachen oder gar nicht erst antraten. Manchmal waren die Praktikanten enttäuscht, weil sie trotz ihrer Bemühungen nicht in weitere Beschäftigung übernommen wurden. Gelegentlich gab es auch Unverständnis zwischen den Partnern, zum Beispiel, wenn nicht klar vermittelt wurde, nach welchen Kriterien Flüchtlinge als Praktikanten ausgewählt oder abgelehnt wurden.
Risiken und Erfolgsfaktoren der Kooperation
Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass der erfolgreiche Projektverlauf gleichermaßen von der fachlichen Umsetzung abhängt wie von der bewussten Gestaltung der Kooperationsbeziehung. Beide Ebenen müssen in einem CSR-Projekt wie diesem im Blick gehalten und verzahnt werden.
Was muss man beachten, damit Kooperation gelingt?
- Auf der fachlichen Ebene hat sich ein spezifisches Know-how zu Prozessen und rechtlichen Regelungen bei der Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen als unverzichtbar erwiesen.
- Darüber hinaus ist der persönliche und unmittelbare Kontakt des Projektpartners zu den Geflüchteten ein enormer Vorteil, um Kompetenzen, die aktuelle Situation und vor allem die Motivation gut einschätzen zu können.
- Fundamental ist, dass Geflüchtete verstehen, was Ziele und Nutzen eines Praktikums sind. Es muss klar werden, dass daran keine Jobgarantie gebunden ist und in der Regel auch kein direktes Anknüpfen an Positionen im Heimatland.
- Betriebe sind oft unsicher, was bei der Beschäftigung von Flüchtlingen auf sie zukommt und wie sie sich im Zweifelsfall verhalten sollen. Die Bereitschaft, sich auf Besonderheiten, zum Beispiel soziokulturelle Unterschiede, einzulassen, wächst durch Information und das Wissen um unterstützende Ansprechpartner.
- Eine vorab definierte Ansprechperson im Hotel für die Fragen des Geflüchteten und Gesprächsangebote gegebenenfalls unter Einbeziehung des Caritaspartners sind weitere Erfolgsfaktoren.
- Auf der Kooperationsebene ist es wichtig, zuvor Zielsetzung, Nutzen und Motivation der Partner zu klären. Das ist grundlegend für die Zusammenarbeit. Bei den Hotels wie bei allen Unternehmenskooperationen müssen Fragen zum Interessensausgleich besprochen werden. Wie ist das Verhältnis zwischen der Suche nach Fachpersonal und dem Motiv, Flüchtlinge bei der Arbeitsmarktorientierung zu unterstützen? Wie verhält es sich mit der Auswahl der Geflüchteten: Kommen nur "die Besten" im Sinne der Fachkräftegewinnung infrage oder gibt es eine Offenheit aufseiten des Unternehmens, auch Menschen mit Einschränkungen aufzunehmen? Im beschriebenen Kooperationsprojekt werden diese Fragen je nach Hotel unterschiedlich beantwortet.
- Gute Absprachen hinsichtlich der Aufgabenübernahme beziehungsweise -teilung sind wesentlich. Dafür ist es auch notwendig, sich gegenseitig über Möglichkeiten und Erwartungen in Kenntnis zu setzen. Die meisten Hotels erwarten von den Caritaspartnern, dass sie sich neben der Auswahl um die rechtlichen und bürokratischen Angelegenheiten der Flüchtlinge kümmern, zumindest aber kompetent darüber informieren können. Die Caritaspartner sind in diesem Punkt aber unterschiedlich aufgestellt: Wenn zum Beispiel ehrenamtliche Jobpat(inn)en in das Projekt einbezogen werden, dann liegt es meist bei diesen, diese Aufgaben zu erledigen. Eine "Selbstverortung" zu eigenen Möglichkeiten und Grenzen ist am Anfang der Kooperation sehr hilfreich.
Darüber reden
- Entscheidend ist allemal, dass die Gespräche in dem Bewusstsein geführt werden, dass das Gegenüber möglicherweise andere Kriterien und Prioritäten hat als man selbst. Denn bei einer solchen Zusammenarbeit handelt es sich auch um eine Kulturbegegnung. Sehr deutlich wurde dies einmal während eines Kontaktgesprächs, in dem der Caritasmitarbeiter zwei von Abschiebung bedrohte Flüchtlinge an die erste Stelle der zur Auswahl stehenden Praktikumsbewerber setzen wollte. Es verwundert kaum, dass diese Auffassung von dem betreffenden Personalleiter des Hotels nicht geteilt wurde, sondern dort eher Befürchtungen erzeugte. Es ist wichtig, die Frage nach den Prioritäten des Kooperationspartners an den Anfang der Zusammenarbeit zu stellen und gegebenenfalls die eigenen Annahmen zu relativieren. Das ist zentral für den Erfolg einer Zusammenarbeit zwischen so unterschiedlichen Organisationen wie einem Caritasdienst und einem Hotelbetrieb.
- Das große Feld der Kommunikation ist damit angesprochen. Und in der Tat kann nicht genug betont werden, dass die Gestaltung regelmäßiger und transparenter Kommunikation mit verlässlichen Ansprechpartnern auf beiden Seiten eine unverzichtbare Grundzutat jedes "Erfolgsrezeptes" der Zusammenarbeit ist. Im konkreten Fall gibt es erfolgreiche Kommunikationsabsprachen mit definierten Partnern und Intervallen für Besprechungen und Feedbacks, die mit Offenheit für die Ideen und Belange des Gegenübers geführt werden.
Die fachlichen Ansätze sind verschieden
Herausforderungen liegen auch in der Vielschichtigkeit und Heterogenität der Arbeitsansätze der Flüchtlingsarbeit in der Caritas. Die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten wird in diesem Projekt zum Beispiel von drei grundsätzlich verschiedenen Arbeitsbereichen und damit fachlichen Ansätzen betrieben: Da ist die Flüchtlingssozialarbeit und Migrationsberatung einerseits mit Expertise für die Zielgruppe "Flüchtlinge". Daneben gibt es den Bereich der Arbeitshilfen oder die Jugendhilfe. Hier liegt der Fokus seit jeher auf der Integration in Arbeit von Menschen mit Vermittlungshemmnissen. Und zum Dritten beschäftigt sich auch das Tätigkeitsfeld "Ehrenamt" mit der Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten, indem diesen ehrenamtliche Jobpat(inn)en an die Seite gestellt werden, die entweder in von der Caritas koordinierten Asylkreisen oder aber auch als unabhängige weitere Kooperationspartner agieren.
Die unterschiedlichen fachlichen Zugänge bringen es mit sich, dass die Kompetenzen und Wissensgebiete im Hinblick auf die Projektkooperation sehr verschieden sind, somit auch die Beratung ganz unterschiedlich ansetzen muss. Erfahrungen mit Unternehmenskooperationen bestehen naturgemäß am ehesten bei Kollegen aus dem Bereich Arbeitshilfen. Diese Ebene ist jedoch für die meisten Caritasverbände Neuland. Es hat sich bei diesem Projekt deutlich gezeigt, dass beide Ebenen relevant für den Erfolg sind. Weder darf man sich allein auf die fachliche Durchführung konzentrieren noch ausschließlich die Ebene der Kooperationsgestaltung im Auge haben.
Kooperationsanfragen wie die der IHG-Kette sind im Allgemeinen zunächst einmal auf ein fachliches Thema und/oder eine Zielgruppe gerichtet - hier Praktika für Flüchtlinge. Für die gesamte CSR-Arbeit ist es wesentlich, Zugänge zu Partnern zu bekommen, die inhaltlich passen. Für die Kooperation mit der Hotelkette war zum Beispiel der Austausch mit einer Kollegin des Deutschen Caritasverbandes aus dem Referat Migration und Integration hilfreich. Sie konnte wertvolle Kontakte vermitteln.
Es braucht ein bundesweites System in der Caritas
Eine wichtige Schlussfolgerung aus diesem Projekt ist daher, dass für bundesweite Unternehmensanfragen in noch viel stärkerem Maße auf fachliche Netzwerke innerhalb der deutschen Caritas und ihrer Fachverbände zurückgegriffen werden muss, als dies im Moment der Fall ist: Wenn die Bereitschaft von Unternehmen, einen sozialen Beitrag zu leisten, überregional genutzt werden soll, dann braucht es eine Systematisierung des vorhandenen Wissens sowie einen stabilen Austausch mit Expertennetzwerken innerhalb der Caritas. Genau darin liegt ihr Potenzial als attraktiver Partner für überregionale CSR-Kooperationen, welches es zu heben und weiterzuentwickeln gilt.
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