Mehr Rechte für die Mitarbeitenden
Zuletzt waren Regelungen im Mitarbeitervertretungsrecht zu wirtschaftlichen Themen im Jahr 2003 neu eingeführt beziehungsweise geändert worden. Inzwischen entwickelten sich diese Beteiligungsrechte im staatlichen Bereich und in der evangelischen Kirche weiter. Die Tendenz zur rechtlichen Verselbstständigung von Einrichtungen, zu Fusionen und zu Kooperationen großer Trägereinheiten in Gestalt verschiedener Rechtsformen hält an. Beispielhaft sei auf den Kindergarten-Zweckverband im Bistum Essen hingewiesen, der mit rund 2000 Mitarbeitenden etwa 270 kirchliche Einrichtungen zusammenfasst.
Die Änderungen und Ergänzungen betreffen allein das Mitarbeitervertretungsrecht und umfassen insgesamt 50 Gliederungspunkte mit unterschiedlichem Gewicht. Wesentlich erscheinen fünf - hier vorgestellte - Neuerungen beim Einrichtungsbegriff, bei der Größe der Mitarbeitervertretungen, für Personen nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, bei der Bildung von Gesamtmitarbeitervertretungen und bei Bildung von Wirtschaftsausschüssen.
Festlegen von Einrichtungen (§ 1 a Rahmen-MAVO)
Das Mitarbeitervertretungsrecht stellt zum Festlegen des Geltungsbereichs auf den Begriff der Einrichtung ab. Er entspricht dem Begriff des Betriebs im Betriebsverfassungsgesetz und der Dienststelle in den Personalvertretungsgesetzen. Nach bisherigem Recht regelt der Rechtsträger nach Anhörung betroffener Mitarbeitervertretungen, was als Einrichtung gilt. Dabei musste der Träger bei seiner Entscheidung schon immer berücksichtigen, dass eine funktionsfähige Mitarbeitervertretung gebildet werden kann. Zur Sicherung dieser Zweckbestimmung verlangte die Bestimmung bisher eine Genehmigung durch den Ordinarius und ein nicht missbräuchliches Handeln. Künftig ist das Festlegen einer Einrichtung von der Zustimmung der einen oder der Mehrheit der betroffenen Mitarbeitervertretungen abhängig. Jedoch dürfen Mitarbeitervertretungen die Zustimmung zur Bildung einer Einrichtung nur dann verweigern, wenn das Festlegen des Dienstgebers missbräuchlich ist (§ 36 Abs. 1 Nr. 13 neu). Die Darlegungs- und Beweislast für ein nicht missbräuchliches und damit zulässiges Festlegen hat jetzt der Rechtsträger, bisher die Mitarbeitervertretung. Auch in der evangelischen Kirche bedürfen Festlegungen einer Dienststelle des "Einvernehmens" zwischen Mitarbeitervertretung und Dienststellenleitung.
Größe der Mitarbeitervertretung (§ 6 Rahmen-MAVO)
Die Zahl der Mitglieder der Mitarbeitervertretung richtet sich nach der Zahl der
Wahlberechtigten. Mit der Größe der Mitarbeiterschaft wächst die Größe der Interessenvertretung. Derzeit schließt die Größe der Mitarbeitervertretung bei Einrichtungen ab 1100 Mitarbeitenden mit 15 Mitgliedern. Angesichts der Zunahme von großen Einrichtungen im kirchlichen und caritativen Dienst wird jetzt bei Einrichtungen mit mehr als 1500 Wahlberechtigten die Zahl der Mitglieder in der Mitarbeitervertretung für je angefangene weitere 500 Wahlberechtigte um zwei Mitglieder erhöht. In den Bistümern werden dazu Übergangsregelungen erlassen. Vergleichbare Bestimmungen bestehen im Übrigen im Bereich der evangelischen Kirche und im weltlichen Recht.
Personen nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
Arbeitnehmer(innen), die in kirchlichen Einrichtungen nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz tätig sind, erhalten weiter keinen Status von "Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern" im Sinne des Mitarbeitervertretungsrechts; sie können damit nicht zum Mitglied einer Mitarbeitervertretung gewählt werden. Schon bisher wurde jedoch übereinstimmend die Auffassung vertreten, dass Mitarbeitervertretungen auch für solche Beschäftigte "zuständig" sind. Nun sind Personen, die im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz tätig sind, wahlberechtigt, wenn sie länger als sechs Monate in der Einrichtung eingesetzt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dieser Personenkreis nur dann länger als sechs Monate in der Einrichtung eingesetzt werden darf, wenn die Mitarbeitervertretung nach § 34 Abs. 2 Ziffer 3 ausdrücklich zustimmt.
Gesamtmitarbeitervertretungen (§ 24 Rahmen-MAVO)
Die Bestimmung über die Bildung der Gesamtmitarbeitervertretungen (mehrere Einrichtungen bei einem einzigen Rechtsträger) und der erweiterten Gesamtmitarbeitervertretungen (mehrere Einrichtungen bei mehreren Rechtsträgern) ist grundlegend überarbeitet worden. Nach bisherigem Recht kann eine Gesamtmitarbeitervertretung nur dann gebildet werden, wenn sowohl der Dienstgeber als auch alle Mitarbeitervertretungen darüber Einvernehmen erzielt haben (Einstimmigkeitsprinzip). Jetzt ist die Bildung einer (erweiterten) Gesamtmitarbeitervertretung von der Mehrheit der Mitarbeitervertretungen eines Rechtsträgers (oder mehrerer Rechtsträger) abhängig. Voraussetzung ist entweder die Zustimmung von zwei Dritteln der Mitarbeitervertretungen oder die Befürwortung von Mitarbeitervertretungen, die mehr als die Hälfte der in Wählerlisten eingetragenen Wahlberechtigten repräsentieren. Dabei kann eine erweiterte Gesamtmitarbeitervertretung künftig nur dort gegründet werden, wo mehrere Rechtsträger durch eine einheitliche und beherrschende Leitung miteinander verbunden sind.
Die Gesamtmitarbeitervertretung ist wie bisher nur zuständig für Angelegenheiten, die Mitarbeitende aus mehreren oder aus allen Einrichtungen betreffen. Allerdings können Mitarbeitervertretungen das Verhandlungsmandat (nicht die Entscheidungsbefugnis) auf die Gesamtmitarbeitervertretung übertragen.
Auch das Mitarbeitervertretungsrecht der evangelischen Kirche, das Betriebsverfassungsrecht und das Personalvertretungsrecht sehen die Bildung einer solchen betrieblichen Interessenvertretung ohne Beteiligung des Dienst- beziehungsweise Arbeitgebers vor.
Wirtschaftsausschüsse (§ 27 b Rahmen-MAVO neu)
Über das bestehende Informationsrecht der Mitarbeitervertretung in wirtschaftlichen Angelegenheiten nach § 27?a MAVO hinaus sieht das Mitarbeitervertretungsrecht nun Wirtschaftsausschüsse vor. Sie haben die Aufgabe, wirtschaftliche Angelegenheiten zu beraten und die Mitarbeitenden zu unterrichten. Damit soll die Zusammenarbeit zwischen Dienstgeber und Mitarbeitenden in wirtschaftlichen Angelegenheiten gefördert und vertieft werden. Fragen der Unternehmenspolitik sollen frühzeitig besprochen sein. Der Wirtschaftsausschuss kann auch eigene Vorschläge und Initiativen in die Beratungen einbringen.
Wirtschaftsausschüsse werden in Einrichtungen gebildet,
- deren Betrieb überwiegend durch Zuwendung der öffentlichen Hand, aus Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen mit Kostenträgern oder Zahlungen sonstiger nichtkirchlicher Dritter finanziert wird;
- in denen eine Gesamtmitarbeitervertretung oder erweiterte Gesamtmitarbeitervertretung gebildet wurde und diese mehr als 100 Mitarbeiter(innen) repräsentieren;
- soweit keine Gesamtmitarbeitervertretung besteht, werden Wirtschaftsausschüsse in Einrichtungen im Sinne des ersten Spiegelstrichs gebildet, die regelmäßig mindestens 200 Mitarbeiter(innen) beschäftigen. Der Wirtschaftsausschuss besteht aus mindestens drei und höchstens sieben von den Mitarbeitenden entsandten Mitgliedern, die der Einrichtung angehören, jedoch keine Mitarbeitervertreter(innen) sein müssen. Nach der Einrichtungsstatistik haben rund 380 Einrichtungen der Caritas mehr als 200 Beschäftigte.
Die von der Deutschen Bischofskonferenz als Rahmenordnung beschlossenen Regelungen werden jetzt von den Diözesanbischöfen für ihren Jurisdiktionsbereich in Kraft gesetzt und veröffentlicht.
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