Verbünde könnten eine Lösung sein
Mit Inkrafttreten des Krankenhausstrukturgesetzes (KHSG) zum 1. Januar 2016 sollte eine Qualitätsoffensive in der deutschen Krankenhauslandschaft eingeleitet werden. Zudem umfasst die Reform eine Vielzahl tiefgreifender Änderungen des gesetzlichen Rahmens für die Krankenhausfinanzierung. Sie wird womöglich einen nachhaltigen Einfluss auf die Vergütung der Krankenhäuser haben. Wie ist der Status ein Jahr nach der Einführung? Was wurde umgesetzt? Sind Auswirkungen in der Krankenhauspraxis spürbar, und wurden proaktive Handlungsoptionen initiiert?
Wie steht es um Qualität?
Im Bereich der Qualitätssicherung avisiert das Gesetz diverse Möglichkeiten, die die Qualität in der Krankenhausversorgung stärken sollen. So sollen unter anderem unzureichende Standards in Einrichtungen entsprechende krankenhausplanerische Konsequenzen nach sich ziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) lässt sich jedoch Zeit mit den Details, wie die notwendigen planungsrelevanten Qualitätsindikatoren ausgestaltet werden sollen: Wie und in welcher Gewichtung sich diese Indikatoren an der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität der Krankenhäuser orientieren, ist noch unklar.
Ebenso soll Qualitätsunterschieden bei der Krankenhausvergütung durch Zuschläge bei besonders guter beziehungsweise Abschläge im Falle von unzureichender Qualität Rechnung getragen werden. Der G-BA ist in diesem Zusammenhang beauftragt, einen Katalog von Leistungen oder Leistungsbereichen festzulegen, für die diese Zu- beziehungsweise Abschläge Gültigkeit haben. Mit einer Konkretisierung bezüglich der Abschlagshöhe sowie der praktischen Umsetzung ist im Frühjahr 2018 zu rechnen.
Eine proaktive Einstellung auf die geforderte Qualitätsstrategie, deren Grenzen noch nicht klar abgesteckt sind, ist erforderlich: Die Fachabteilungen der Krankenhäuser müssen sich an den Vorgaben der Fachgesellschaften orientieren, leitlinienkonforme Strukturen implementieren und fortlaufend anpassen.
Ein weiterer Schritt der Qualitätsoffensive ist die Verlängerung und Ausweitung des Hygieneförderprogramms. Dieses Programm ermöglicht Neueinstellungen und Teilzeitstellenaufstockungen über das Jahr 2016 hinaus auch noch in den Jahren 2017 bis 2019. Grundsätzlich stellt dieser Ansatz einen Mehrwert für die Patientensicherheit dar. Dennoch besteht aus Sicht der Krankenhäuser das Dilemma, dass trotz eines Förderprogramms in diesem Bereich ein Mangel an qualifiziertem Personal, besonders in strukturschwachen Gebieten, existiert. Der Personalmangel, beispielsweise an Krankenhaushygieniker(inne)n, kann entweder durch Kooperation mit Universitätskliniken kompensiert werden oder bedarf der Entwicklung einer eigenen Bildungsstrategie.
Wenig Effekt auf die Personalsituation in der Pflege
Hinsichtlich der Personalsituation in der Pflege sieht das KHSG vor, die unmittelbare pflegerische Patientenversorgung durch ein Pflegestellenförderprogramm zu stärken. Dieses Programm (2016 bis 2018) baut auf dem vorherigen aus den Jahren 2009 bis 2011 auf und soll Neueinstellungen sowie die Aufstockung von Teilzeitstellen für die "Pflege am Bett" ermöglichen. Es sieht eine anteilige Finanzierung von 90 Prozent der Kosten für Neueinstellungen und für die Aufstockung von Teilzeitstellen vor. Der von den Krankenhäusern zu tragende Eigenanteil beläuft sich auf zehn Prozent. Die festgesetzten Förderbudgets für die Jahre 2016 bis 2018 umfassen in der Summe 660 Millionen Euro. Eine Regelung für die fortzuführende Finanzierung der Pflegepersonalkosten über das Zeitfenster der Förderperiode hinaus ist frühestens Anfang 2018 zu erwarten.
Bereits die Erfahrungen aus dem ersten Programm haben gezeigt, dass mit Ablauf der Initiierungsphase die Mittel im üblichen Finanzierungsgerüst der Krankenhäuser versickern und dementsprechend nicht mehr zweckgebunden der Pflege zugeschrieben werden können. Darüber hinaus ist die Mitfinanzierungsquote von zehn Prozent der Pflegepersonalkosten für zahlreiche Krankenhäuser eine unüberwindbare Hürde.
Besonders brisant ist die Situation für die Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz. Hier führt die Abschmelzung des Landesbasisfallwertes zu gesetzlich verordneten Einnahmeverlusten, so dass die Ressourcen für die Finanzierung der Pflegestellenprogramme nicht zur Verfügung stehen. In dieser misslichen Lage sind auch die unzureichenden Förderbudgets keine Stütze, um spürbare Verbesserungen herbeiführen zu können.
Weiter wird, um die Personalsituation in der Pflege zu verbessern, der Versorgungszuschlag durch den sogenannten Pflegezuschlag ersetzt. In der Vergangenheit wurde der Versorgungszuschlag nach dem Gießkannenprinzip auf die bundesweiten Krankenhäuser verteilt. Seit Beginn dieses Jahres wird der Pflegezuschlag nach der Höhe der Ausgaben für Pflegepersonal allokiert, so dass eine krankenhausindividuelle und aufwandsgerechte Förderung gewährleistet werden kann. Das jährliche bundesweite Fördervolumen ist mit 500 Millionen Euro festgelegt. Die Auswirkungen sind denen des Pflegestellenförderprogramms sehr ähnlich - es gibt keine gesetzliche Zweckbindung der zur Verfügung gestellten Fördermittel, so dass diese der Pflege nicht verbindlich zugeschrieben werden können. Auch die Berechnungsmethodik des Pflegezuschlags ist aus Sicht der Krankenhäuser nicht repräsentativ, da Besetzungsschwankungen oder Besetzungsunterschiede nicht differenziert berücksichtigt worden sind. Die Problematik in der Realisierung des Pflegezuschlags ist der Politik bekannt und wurde im Vorfeld mehrfach massiv von den Interessenverbänden der Pflege angesprochen - ohne Erfolg.
Änderungen in der Vergütung der Krankenhäuser
Nicht nur die Qualität in der Krankenhausversorgung und die Personalsituation in der Pflege sollten mit dem KHSG verbessert werden. Auch Änderungen in der Leistungsvergütung der Krankenhäuser werden vollzogen. Vor diesem Hintergrund beabsichtigte die Reform, dem Trend von nicht medizinisch indizierten Mengenausweitungen - steigenden Behandlungszahlen - stationärer Krankenhausleistungen mit einem sogenannten Fixkostendegressionsabschlag (FKDA) ein Ende zu setzen.
Bereits vor Inkrafttreten des KHSG waren Mehrleistungen beziehungsweise Mengenausweitungen mit dem sogenannten Mehrleistungsabschlag in Höhe von 25 Prozent behaftet. Mit dem FKDA "rabattiert" das Krankenhaus zusätzlich in das Budget aufgenommene Leistungen für mindestens drei Jahre um mindestens 35 Prozent. Nichtsdestotrotz sind die Krankenhäuser auf eine Leistungsdynamik angewiesen, da die Steigerungsraten der jeweiligen Landesbasisfallwerte (LBFW) - Basispreis für stationäre Leistungen - die Kostensteigerungen im Personal- und Sachkostenbereich nicht vollständig kompensieren.
Spezialisierte Kliniken müssen mit Einbußen rechnen
Der FKDA verschärft durch die Begrenzung der Leistungsausweitung - und damit verbunden auch des Wachstums - die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser. Zusätzlich zu den Fixkostendegressionsabschlägen werden Bewertungsrelationen für Leistungen mit wirtschaftlich begründeten Fallzahlsteigerungen abgesenkt beziehungsweise abgestuft. Dies entspricht einer mengendegressiven Preisgestaltung bei ausgewählten Leistungen. Diese beiden vergütungsrelevanten Regelungen sind in Kombination mit der Korrektur von Sachkostenanteilen in der DRG-Kalkulation (DRGs = Fallpauschalen) eine besondere Gefahr für spezialisierte Kliniken. Das KHSG sieht vor, Sachkostenanteile bei Leistungen zu korrigieren, wenn von möglichen Fehlanreizen durch eine systematische Übervergütung dieser Kosten auszugehen ist. Durch entsprechende Eingriffe in die Bewertungsrelation soll diesen unsachgerechten Kostenvorteilen entgegengewirkt werden. Demzufolge haben Einrichtungen mit einer Spezialisierung auf fallzahlstarke elektive Leistungen beziehungsweise hoch sachkostenlastige Leistungen wie in der Orthopädie oder der Kardiologie mit einer Reduktion ihrer Erlösbudgets zu rechnen. Für Einrichtungen mit einem breiten Leistungsspektrum sind die Auswirkungen im Vergleich zu Kliniken mit einer fachlichen Spezialisierung nicht so schwerwiegend. Diese Auf- und Abwertungen, sogenannte Katalogeffekte, gab und gibt es seit Beginn der DRGs und sind dem lernenden Charakter dieses Systems geschuldet. Allerdings ist die jährliche Anpassung der strategischen Ausrichtung aufgrund inhaltlicher Änderungen im Katalog langfristig kontraproduktiv. Vielmehr sollten sich die Krankenhäuser auf die neuen Gegebenheiten kostenseitig einstellen.
Eine weitere Regelung aus dem KHSG, die einen nachhaltigen Einfluss auf die Vergütung von Krankenhausleistungen nehmen wird, ist die zunehmende Annäherung der Landesbasisfallwerte hin zu einem einheitlichen Bundesbasisfallwert für alle Krankenhäuser. Diese Maßnahmen werden negative Auswirkungen auf die Erlössituation vor allem von Kliniken in Rheinland-Pfalz haben, da dies das Bundesland mit dem höchsten LBFW, allerdings auch mit der niedrigsten durchschnittlichen Fallschwere ist. Deshalb müssen sich die Kliniken zusätzliche Geschäfts- und Erlösfelder erschließen - beispielsweise durch wirtschaftliche Nebenbetriebe wie Apotheken, Parkhäuser, Fremdsterilisation - sowie das Sachkostenmanagement und die personellen Ausstattung effizienter gestalten.
Der Strukturfonds als eine Möglichkeit, die Krankenhäuser im Umstrukturierungsprozess zu begleiten und zu unterstützen, dient dem gezielten Abbau von Überkapazitäten, der Konzentration von stationären Versorgungsangeboten und Standorten sowie der Umwandlung von Krankenhäusern in nicht akutstationäre lokale Einrichtungen. Der Fonds wird grundsätzlich als ein sinnvolles Instrument zur Strukturbereinigung angesehen, sein Gesamtvolumen in Höhe von einer Milliarde Euro jedoch als unzureichend beurteilt. Hinsichtlich der konkreten Auswirkungen des Strukturfonds gibt es bisher keine Erfahrungswerte, da diese erst mittel- bis langfristig wirksam werden.
Die Weichen sind neu gestellt
Aus den bisherigen Erfahrungen der Praxis kann festgehalten werden, dass mit dem KHSG die Weichen eindeutig auf Qualitätsorientierung gestellt sind. Daran gekoppelt ist eine Vergütung für die Krankenhauslandschaft, die leistungssteuernd wirken soll. In welchem Maße die leistungssteuernden Effekte eintreten werden, hängt davon ab, wie der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen konkretisiert. Die Gesamtheit der Regelungen wird in jedem Fall mittel- bis langfristig zu tiefgreifenden Veränderungen im Markt führen, so dass alleinstehende Krankenhäuser sich größeren Verbünden anschließen müssen. Eine Verbundbildung oder der Beitritt in bereits bestehende Strukturen ist eine strategisch sinnvolle Handlungsoption, um den existenziellen Herausforderungen mit übergreifenden Qualitätskonzepten und wirtschaftlicher Stabilität entgegenzutreten.
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