„Digitale Agenda, soziales Europa und junges Engagement“
Frau Welskop-Deffaa, was war Ihre erste Begegnung mit der Caritas?
Meine ersten bewussten Begegnungen mit der Caritas reichen in meine frühe Kindheit zurück. Mein Vater starb, als ich drei Jahre alt war. Meine Mutter musste mit einer bescheidenen Witwenrente zurechtkommen. Wochenendbesuche führten uns in Ordenshäuser, zu denen über Verwandte Verbindungen bestanden. Wir Kinder kehrten mit vollgeschlagenen Bäuchen heim, mit Taschen voller Proviant. Und mit dem wunderbaren Wissen um Sonntagsfrieden und blühende Gärten hinter Klostermauern.
Sie sind die erste Frau im Vorstand. Ein Grund, stolz zu sein?
Stolz bin ich auf die vielen Frauen, die in der Geschichte der Caritas entscheidend dazu beigetragen haben, dass tragfähige Antworten auf drängende soziale Fragen gegeben wurden – mit und ohne Amt. Zum Glück sind Frauen in Führungsaufgaben der Caritas – als Vizepräsidentin, als Caritasdirektorin, an der Spitze von Fachverbänden – längst selbstverständlich. Die gleichberechtigte Vertretung von Frauen im Vorstand des Deutschen Caritasverbandes sollte es auch sein.
Welche beruflichen Erfahrungen bringen Sie mit, die auf dem Posten hilfreich sein können?
Zu meinen Aufgaben in den letzten zehn Jahren gehörte – sowohl in meiner Zeit im Bundesfamilienministerium als auch zuletzt bei Verdi – die Mitarbeit in der Selbstverwaltung der Sozialversicherungen: im Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit und im Vorstand der Deutschen Rentenversicherung. Die Selbstvertretung der Versicherteninteressen ist mir als Garant responsiver Sozialverwaltung sehr wichtig geworden. Für die Caritas muss es ja genau darum gehen: Strukturen der Involvierung schaffen, die die Betroffenen zu Akteuren machen.
Sie waren zuletzt im Vorstand von Verdi – einer Gegnerin des Dritten Weges der Caritas. Bringt Sie das in eine Zwickmühle?
„Dienstgemeinschaft” ebenso wie „Tarifpartnerschaft” sind Vokabeln, deren Beheimatung in der Lebenserfahrung der Menschen längst nicht mehr als gegeben vorausgesetzt werden kann. In der Arbeitswelt 4.0 wird sich dies weiter beschleunigen – mit hybriden Erwerbsverläufen, in denen sich das Erwerbseinkommen wechselnd aus abhängiger und selbstständiger Tätigkeit speist, mit Crowdworking über Plattformen, deren Algorithmen die Arbeitsbedingungen maßgeblich bestimmen. Als Caritas stehen wir in der Pflicht, in unserem Verantwortungsraum die Arbeitsbeziehungen 4.0 glaubwürdig und gut zu gestalten. Gewerkschaften werden dabei – so hoffe ich – Mitstreiterinnen sein, nicht Zwickmühlenbauerinnen.
Wie sieht Ihre Einarbeitung bei der Caritas aus?
Mein Onboarding führte mich einige Wochen durch verschiedene Gliederungen und Einrichtungen der Caritas – in Deutschland und darüber hinaus. Mein letzter Besuch galt der Caritas Österreich, mit der uns ein freundschaftlicher Good-Practice-Austausch verbindet. In Wien wurden vor zehn Jahren Konzepte entwickelt, die bei unserer youngcaritas Pate standen. Heute ist Wien der Ort, wo eine Caritas-Coworking-Area als Raum für soziale Innovationen entsteht. Und man hofft auf konzertierte Anstrengungen, um die Flüchtlingsfrage in Europa gemeinsam gut beantworten zu können.
Haben Sie sich bestimmte Schwerpunkte vorgenommen für die Caritas-Vorstandsstelle?
Ich sehe drei große Herausforderungen, für die ich neben den vielfältigen Fragen des Vorstandsalltags Energien gezielt freisetzen möchte: 1. Gestaltung der digitalen Agenda der Caritas; 2. Beyond the borders – für ein soziales Europa; 3. Tue Gutes, weil es dir guttut. Junges Engagement mit der Caritas.
Die Verbandszentrale ist in Freiburg, das Familienleben in Berlin. Wie werden Sie den Spagat angehen?
Ich gehe davon aus, dass sich mein Arbeitsalltag multilokal entwickelt – meine Mails werden mich in Freiburg, Berlin, Brüssel und an vielen anderen Orten der Republik erreichen. Unser Familienleben wird eine Bereicherung dadurch erfahren, dass meine Freiburger Zweitwohnung am Fuße des Schwarzwalds liegt, wo sich – mit Kind und Kegel – herrliche Wanderungen starten lassen.
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