Personalvorgaben sind keine Lösung
Der Bundestag hat Anfang Juni beschlossen, verpflichtende Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Krankenhausbereichen einzuführen. Der Katholische Krankenhausverband Deutschlands (kkvd) hat in der politischen Diskussion Maßnahmen zur Sicherung des Patientenschutzes und der Versorgungsqualität sowie für bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege unterstützt. Mit der neuen Regelung greift der Gesetzgeber jedoch bewusst in die Organisationshoheit der Krankenhausträger ein. Ob dadurch die Rahmenbedingungen für eine zugewandte und menschenwürdige Pflege deutlich verbessert werden können, ist von der Ausgestaltung abhängig. Die konkreten Regelungen dazu müssen die Selbstverwaltungspartner in einem Parforceritt bis Mitte 2018 vereinbaren.
Der kkvd fordert, hier genau hinzuschauen: Er legt größten Wert auf fachlich und menschlich hoch qualifizierte, motivierte Mitarbeitende. Besonderes Augenmerk gilt dabei der bedarfsgerechten, sensiblen Behandlung der wachsenden Zahl vulnerabler Patient(inn)en - etwa demenziell erkrankter und hochbetagter Menschen, Sterbender und Menschen mit Behinderung. Diese Patient(inn)en sollten durch die beabsichtigten Verbesserungen für "mehr Pflege am Bett" profitieren. Dazu braucht es geeignete Instrumente, um den besonderen Pflegebedarf zu definieren, die darauf abgestimmten Pflegeleistungen zu ermitteln und den Pflegepersonaleinsatz zu bemessen - nicht nur quantitativ, sondern vor allem qualitativ. Absolut bezifferte Personaluntergrenzen allein werden die Probleme auch für besonders pflegesensitive Bereiche nicht lösen. Flankierende Maßnahmen sind nötig, vor allem, um die Zahl tatsächlich verfügbarer Fachkräfte in den Kliniken zu erhöhen. Bundeseinheitliche Personalvorgaben schaffen keine zusätzlichen Fachkräfte. Der Gesetzgeber bemüht sich, parallel die Weichen für die Zukunft und für eine bessere Ausbildung zu stellen - derzeit ist aber in vielen Regionen der Arbeitsmarkt für qualifiziertes Pflegepersonal leergefegt. Deshalb sind finanzielle Sanktionen für Kliniken, die die Vorgaben nicht erfüllen können, kontraproduktiv. Kliniken benötigen Flexibilität, um je nach den Gegebenheiten vor Ort individuell verhandeln zu können. Die Neuregelungen bringen viel Bürokratie mit sich. Ein erstes positives Signal ist, dass der Gesetzgeber auf die Kritik der Krankenhäuser reagiert hat und es demnach ausreichen soll, wenn die Personalquote im Jahresdurchschnitt belegt wird.
Fachkräftemangel wird mit dem neuen Gesetz nicht abgestellt
Menschliche Zuwendung und persönliche Pflege brauchen Zeit. Personaluntergrenzen sind ein deutliches Signal der Politik an die Beschäftigten. Dringend nötig sind aber auch Signale an die Kliniken, sie in der Umsetzung und bei der Refinanzierung der Personalkosten zu unterstützen.