Rundfunkgebühren ändern sich
Im Dezember 2010 haben die Ministerpräsidenten der Länder den Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag (15. RÄndStV) unterzeichnet. Er tritt am 1. Januar 2013 in Kraft. Bereits ab 2012 sind der zuständigen Landesrundfunkanstalt alle Tatsachen anzuzeigen, die für die ab 2013 geltende Beitragspflicht relevant sind. Das neue Modell sieht einen geräteunabhängigen Beitrag vor, der an die Wohnung oder Betriebsstätte anknüpft. Für die Beitragspflicht ist es irrelevant, ob das Angebot tatsächlich genutzt wird. Folglich müssen auch Wohnungs- und Betriebsstätteninhaber ohne technische Empfangseinrichtung (zum Beispiel Radio, Fernseher) einen Beitrag bezahlen.
Der Beitrag wird pro Wohnung fällig
Im privaten Bereich ist für jede Wohnung ein Rundfunkbeitrag zu entrichten, § 2 Abs. 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBeiStV). Der Beitrag entspricht voraussichtlich der heutigen Fernsehgebühr von 17, 98 Euro pro Monat. Den Beitrag schuldet jede volljährige Person, die eine Wohnung selbst bewohnt. Wohnen mehrere Beitragsschuldner (wie Familie oder Wohngemeinschaft) in einer Wohnung, muss der Beitrag nur von einer Person gezahlt werden. Minderjährige müssen grundsätzlich keinen Beitrag entrichten. Das gilt auch, wenn sie in einer eigenen Wohnung leben, § 2 Abs. 2 RBeiStV.
Wohnung im Sinne des Rundfunkbeitragsrechts ist jede ortsfeste, baulich abgeschlossene Raumeinheit, die zum Wohnen und Schlafen geeignet ist, § 3 RBeiStV. Darüber hinaus muss die Wohnung einen eigenen Zugang, also eine Wohnungstür zum Treppenhaus oder eine Haustür zur Straße haben. Es reicht nicht aus, dass die Wohnung ausschließlich über eine andere Wohnung betreten werden kann.
Nicht als Wohnungen gelten:
- Raumeinheiten in Gemeinschaftsunterkünften, insbesondere in Unterkünften für Asylbewerber. Schwesternwohnheime sind keine Gemeinschaftsunterkünfte im Sinne dieser Ausnahme. Hier besteht also unter Umständen eine persönliche Beitragspflicht der Bewohnerinnen.
- Raumeinheiten, die nicht der dauerhaften heim- oder anstaltsmäßigen Unterbringung dienen, insbesondere in Behinderten- und Pflegeheimen (zum Beispiel Kurzzeitpflege). Etwas anderes gilt, wenn die Bewohner(innen) der Raumeinheit dauerhaft in der Wohneinheit leben wie in Altenheimen oder Einrichtungen der Behindertenhilfe. Diese Personen sind beitragspflichtig.
- Patientenzimmer in Krankenhäusern. Für das private Kfz muss keine Rundfunkgebühr mehr entrichtet werden.
Wer sich als Privatperson "befreien" lassen kann ...
Blinde, sehbehinderte (mit einem Grad der Behinderung von mindestens 60 Prozent) und hörgeschädigte Menschen, die gehörlos sind oder sich trotz Hörhilfe nicht ausreichend verständigen können, sind nicht mehr beitragsbefreit (siehe dazu "recht bedacht", neue caritas Ausgabe 01 2012, S. 20). Sie müssen einen ermäßigten Beitrag in Höhe von einem Drittel des regulären Beitrags zahlen. Diese Regelung gilt auch für Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 Prozent, die wegen ihres Leidens nicht an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen können, § 4 Abs. 2 RBeiStV. Hintergrund dieser Neuregelung ist die Entscheidung des Bundessozialgerichts, dass die Gebührenfreiheit für Menschen mit Behinderung ein Verstoß gegen den gebührenrechtlichen Grundsatz der verhältnismäßigen Gleichbehandlung aller Nutzer(innen) sei.1 Taubblinde Menschen müssen keine Rundfunkgebühr zahlen. Für sie ist die Wahrnehmung des Rundfunkprogramms aufgrund ihrer Behinderung nicht möglich.
Ganz von der Rundfunkgebühr befreit sind nach § 4 Abs. 1 RBeiStV: Sozialhilfeempfänger(innen), Empfänger(innen) von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Empfänger(innen) von Sozialgeld und ALG II beziehungsweise von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 des Zweiten Sozialgesetzbuchs (SGB II), Empfänger(innen) von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, nicht bei den Eltern wohnende Empfänger(innen) von Ausbildungsförderung, Berufsausbildungsbeihilfe und Ausbildungsgeld, Empfänger(innen) von sozialhilferechtlicher Hilfe zur Pflege und Volljährige, die im Rahmen einer Leistungsgewährung nach dem SGB VIII in einer stationären Einrichtung leben.
Darüber hinaus ist nach § 4 Abs. 6 RBeiStV eine Befreiung in besonderen Härtefällen möglich, zum Beispiel, wenn eine vergleichbare Bedürftigkeit wie in den geschilderten Fallkonstellationen nachgewiesen werden kann oder wenn Sozialhilfe beziehungsweise Grundsicherung für Arbeit versagt wurde, weil die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrags überschreiten.2
Anträge auf Befreiung oder Ermäßigung sind schriftlich bei der zuständigen Landesrundfunkanstalt zu stellen. Im Antrag sind die Namen der weiteren volljährigen Bewohner(innen) der Wohnung mitzuteilen. Die Befreiung beziehungsweise Ermäßigung des Antragstellers erstreckt sich innerhalb der Wohnung auch auf den Ehegatten und den eingetragenen Lebenspartner sowie auf die Wohnungsinhaber(innen), die eine Einsatzgemeinschaft im Sinne des § 19 SGB XII bilden. Im Gegensatz zum bisherigen Recht können Befreiungen und Ermäßigungen von der Rundfunkbeitragspflicht in bestimmten Fällen auch rückwirkend geltend gemacht werden.
Die Beitragspflicht im nicht privaten Bereich
Für den gewerblichen, öffentlichen und gemeinnützigen Bereich ist der/die Inhaber(in) einer Betriebsstätte beitragspflichtig. Betriebsstätte ist jede zu einem eigenständigen, nicht ausschließlich privaten Zweck bestimmte oder genutzte ortsfeste Raumeinheit oder Fläche innerhalb einer Raumeinheit. Mehrere Raumeinheiten auf einem Grundstück mit demselben Inhaber gelten als eine Betriebsstätte, § 6 Abs. 1 RBeiStV. Die Beitragshöhe richtet sich in der Regel nach der Anzahl der Beschäftigten. Auszubildende gelten nicht als Beschäftigte. Leiharbeiter(innen) werden an der Betriebsstätte ihres Verleihers und nicht an der Betriebsstätte des Entleihers erfasst.3 Es gelten die folgenden Beitragssätze:
Der Inhaber eines zugelassenen Kraftfahrzeuges, das zum gewerblichen Zweck, einer selbstständigen Erwerbstätigkeit oder zu gemeinnützigen oder öffentlichen Zwecken genutzt wird, zahlt ein Drittel des Rundfunkbeitrags. Von dieser Beitragspflicht ist jeweils ein Kfz pro Betriebsstätte befreit.
Privilegierte Einrichtungen im nicht privaten Bereich
Privilegierte Einrichtungen müssen unabhängig von der Zahl ihrer Beschäftigten nicht mehr als einen Rundfunkbeitrag entrichten, § 5 Abs. 1 RBeiStV. Damit ist auch die Beitragspflicht für auf die Einrichtung zugelassene Kfz abgegolten. Zu den privilegierten Einrichtungen nach § 5 Abs. 3 RBeiStV zählen insbesondere:
- sämtliche Dienste für Menschen mit Behinderung eines gemeinnützigen Trägers (zum Beispiel Heime, Ausbildungsstätten oder Werkstätten);
- gemeinnützige Einrichtungen der Jugendhilfe nach dem Sozialgesetzbuch;
- gemeinnützige Einrichtungen für Suchtkranke, der Altenhilfe, für Nichtsesshafte und Durchwanderer;
- eingetragene gemeinnützige Vereine und Stiftungen;
- staatlich genehmigte oder anerkannte Ersatz- oder Ergänzungsschulen, soweit sie auf gemeinnütziger Grundlage arbeiten und
- Katastrophenschutz.
Nach bestehender Rechtslage können sich auch stationäre Krankenversorgungseinrichtungen (zum Beispiel Krankenhäuser) von der Beitragspflicht befreien lassen. Diese Möglichkeit entfällt künftig.
Eine Befreiung von der Rundfunkgebühr besteht nach § 5 Abs. 5 RBeiStV unter anderem für Betriebsstätten, die gottesdienstlichen Zwecken gewidmet sind, zum Beispiel Kirchen und vergleichbare Räume. Angrenzende Verwaltungsräume (zum Beispiel Pfarrämter) sind nicht freigestellt. Darüber hinaus können Betriebsstätten, in denen kein Arbeitsplatz eingerichtet ist, befreit werden.
Anmerkungen
1. BSG, Urteil vom 27. Januar 2000, Az.: B 9 SB 2/00 R.
2. Amtliche Begründung des Rundfunkänderungsstaatsvertrags.
3. Amtliche Begründung des Rundfunkänderungsstaatsvertrags.