Caritas-Einrichtungen senken ihren Energieverbrauch
„Wir achten auf einen behutsamen Umgang mit der Schöpfung“, sagt Hans Scholten, Direktor des Jugendhilfezentrums Raphaelshaus in Dormagen. Dazu gehört auch eine „umweltgerechte Betriebsführung“, legt das Leitbild der Einrichtung fest, in der rund 280 Kinder und Jugendliche stationär und teilstationär betreut werden. Im kirchlichen Bereich ist das Raphaelshaus seit langem Vorreiter bei der Nutzung erneuerbarer Energien: Acht Photovoltaikanlagen erzeugen aus Sonne Strom, der ins Netz eingespeist wird.
Rund 300.000 Euro gibt die Betriebsführungsgesellschaft des Katholischen Erziehungsvereins für die Rheinprovinz als Träger des Raphaelshauses jährlich für Strom, Wärme und Abwasser aus – bei den Sachkosten der größte Posten.
Um Energieverbrauch und -ausgaben zu reduzieren, hat die Verwaltung des Raphaelshauses 2007 eine externe Energieberatungsfirma1 in die Umsetzung einbezogen. In der Folge wurden und werden die energietechnischen Anlagen modernisiert und vorteilhafte Verträge mit den Energieversorgungsunternehmen geschlossen.
Als Erstes wurden Verhandlungen mit dem örtlichen Stromversorger aufgenommen. Das sechs Hektar große Kerngelände des Raphaelshauses mit dem über 100 Jahre alten Haupthaus, Wohnhäusern für 100 Kinder und Jugendliche, Schulgebäuden, Turn- und Schwimmhalle blieb zunächst beim regionalen Lieferanten. Hier konnten aber durch bessere Konditionen rund 1200 Euro im Jahr eingespart werden. Für acht außerhalb des Geländes gelegene Wohnhäuser setzte sich ein anderer Wettbewerber durch – Ersparnis 1400 Euro. Anfang 2011, als die Preise an der Strombörse günstig standen, wurde die Ausschreibung für das Jahr 2012 gestartet. Im Ergebnis wechselt das Raphaelshaus komplett den Anbieter und freut sich auf eine Ersparnis von rund 6200 Euro.
Lastspitzen erfolgreich gekappt
Echte „Energiefresser“ im Raphaelshaus sind neben der Heizung vor allem Küche und Wäscherei, aber auch das Schwimmbad. Morgens, wenn Küche und Wäscherei ihren Betrieb aufnahmen, kam es regelmäßig zu Lastspitzen, die den Leistungspreis für Strom erheblich verteuerten. Lösung brachte ein Energiekontrollsystem, das einzelne Küchengeräte oder Waschmaschinen kurzzeitig abschaltet, damit die vereinbarte Leistungsabnahme nicht überschritten wird. Das bringt dem Raphaelshaus Minderausgaben von 2700 Euro jährlich, binnen drei Jahren hat sich die Investition gerechnet.
Mit 1720 Euro fallen die Einsparungen bei der Lüftungsanlage ins Gewicht. In Turn- und Schwimmhalle arbeitete die Lüftung früher rund um die Uhr, jetzt wird sie nach den tatsächlichen Belegungszeiten gesteuert. Die größten Investitionen, aber auch die stärksten Ersparnisse brachten verschiedene andere Maßnahmen im Schwimmbad. Durch eine neue Abdeckung für das Becken kühlt sich das Wasser nun nicht mehr so stark ab wie früher, die Betriebsstunden der Lüftung können weiter vermindert werden. Ein neuer Schwallwasserbehälter sammelt überlaufendes Wasser und führt es dem Kreislauf wieder zu. So wird weniger Frischwasser gebraucht, das aufgeheizt werden muss, was sehr teuer ist. Hinzu kommt eine neue Filtertechnik. Aufgrund von Rückstellungen konnte das Raphaelshaus die 160.000 Euro teure Investition finanzieren, die sich nach gut acht Jahren amortisieren soll. Rechnet man alle kaufmännischen und technischen Maßnahmen zusammen, spart das Raphaelshaus aktuell über 26.000 Euro im Jahr. Der Stromverbrauch ging um über zehn Prozent zurück.
In diesem Jahr sollen veraltete Warmwasserboiler ausgetauscht und die Heizungssteuerung optimiert werden. Vor allem aber will das Jugendhilfezentrum Weichen für eine grundlegende Umstellung der Energieversorgung ab 2014 stellen, wenn der Contracting-Vertrag für das bisherige Blockheizkraftwerk (BHKW) ausläuft. Es gibt Überlegungen, dass Landwirte auf den Flächen, die vom Raphaelshaus verpachtet werden, Energiepflanzen anbauen sollen. Diese sollen in einer Biogasanlage mittels Kraft-Wärme-Kopplung die Strom- und Wärmeversorgung der Einrichtung sichern. „Wir möchten so unabhängig wie möglich werden“, erklärt Scholten. So wie beim Wasser – das fließt beim Raphaelshaus seit jeher aus eigenen Brunnen.
Blockheizkraftwerk ersetzt alte Heizkessel
In der Energieversorgung weitgehend autark sein – dieses Ziel verfolgt auch das Seniorenheim St. Josefshaus in Essen-Kettwig. Die St. Josefshaus GmbH, eine hundertprozentige Tochter der Pfarrgemeinde St. Peter und Laurentius, investierte in moderne Energieanlagen: Größter „Brocken“ war ein neues, erdgasbetriebenes BHKW, das Strom und Wärme gleichermaßen liefert. Beim Strom deckt das BHKW mit 21 kW (Kilowatt) elektrischer Leistung die Grundlast, den darüber hinausgehenden Bedarf liefert ein Stromversorger. Mit 46 kW thermischer Leistung erzeugt die Anlage rund um die Uhr die Wärme für das Haus mit seinen 121 Pflegeplätzen. Die Spitzenlastabdeckung in der Wärmeversorgung erfolgt über einen Brennwertkessel mit einer Leistung von 460 kW.
„Bereits nach circa drei Jahren macht sich das neue Heizsystem bezahlt“, freut sich der Geschäftsführer des Heimes, Andreas Beck, der gemeinsam mit Verwaltungsleiter Theodor Leuchtenberg die Modernisierung auf den Weg brachte. Die Anlage ersetzt zwei alte Heizkessel, die nicht mehr wirtschaftlich arbeiteten. Sie stammten aus der Zeit um 1985, als der Neubau des Altenheims errichtet wurde. Nach den Lebensmitteln sind Strom, Gas, Wasser und Abwasser mit 180.000 Euro der zweitgrößte Faktor bei den Sachkosten.
Seit 2007 sank der Stromverbrauch um fast 30 Prozent. „Als katholisches Altenheim müssen wir uns fragen, wie wir mit Gottes Welt umgehen“, sagt Verwaltungsleiter Leuchtenberg. Wer an moderner und sparsamer Technik vorbeigehe, sei „nicht mehr richtig in der Zeit“. Das gilt auch für die Nutzung der Sonnenenergie. Seit Anfang 2010 produziert das Seniorenheim mit Photovoltaikanlagen Strom und speist ihn ins öffentliche Netz ein. Damit vermindert es den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids um über 8300 Kilogramm im Jahr. Bei der Planung galt es, Bedenken der Denkmalschützer zu überwinden. Beim Blick auf die angrenzende Kirche St. Peter durften die Photovoltaik-Module nicht stören und mussten daher auf andere Dächer verlegt werden.
Mit Solarthermie unabhängiger werden
Dass die St. Josefshaus GmbH die nötigen Investitionen stemmen konnte, verdankt sie zum einen günstigen Finanzierungsbedingungen, die das Erzbistum Köln bereitstellte. Zum anderen kümmerten sich die Energieberater darum, dass sämtliche Fördermöglichkeiten durch die öffentliche Hand ausgeschöpft wurden.
Eine eingehende Bestandsaufnahme erbrachte eine Reihe weiterer Vorschläge zur Kostenersparnis, die bereits umgesetzt wurden: Ein Energiekontrollsystem sorgt für die Begrenzung der „Lastspitzen“, die Lüftung in der Küche läuft nur noch während der Kochzeit, an Waschbecken und Duschen wurden Spararmaturen installiert. Mit der Kommune wurde ein Abwasserfreibetrag ausgehandelt. Das Wasser, das beim Putzen und bei der Pflege der Grünanlagen verbraucht wird, wird dem St. Josefshaus bei den Gebühren nicht berechnet.
Geprüft wurden auch die Energielieferverträge des Seniorenheims, das daraufhin zu einem günstigeren Stromanbieter wechselte. 2012 hat ein neuerlicher Wechsel nochmals die Kostenentwicklung positiv beeinflusst. „Alleine, ohne Energieberatung, würden wir uns in dem Tarifdschungel niemals zurechtfinden“, kommentiert Verwaltungsleiter Leuchtenberg. Zusammen mit Geschäftsführer Beck plant er schon das nächste Energieprojekt: Mit Sonnenkollektoren will das St. Josefshaus künftig auch warmes Wasser erzeugen und wieder ein Stück unabhängiger werden.
Anmerkung
1. Die Firma BFE Institut für Energie und Umwelt GmbH (www.bfe-institut.com) hat mit der Wirtschaftsgesellschaft der Kirchen in Deutschland (WGKD), zu deren Gesellschaftern auch der Deutsche Caritasverband gehört, einen Rahmenvertrag geschlossen.