Maßgebliche Änderungen bei der Arbeitnehmerüberlassung
Seit dem 7. August 1972 regelt das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) die gewerbsmäßige Überlassung von Leiharbeiter(inne)n, um dieser Gruppe von Arbeitnehmer(inne)n sozialen Schutz zu gewähren. So wurde der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung zum Beispiel eine Erlaubnispflicht auferlegt.
Ausnahmen von der Erlaubnispflicht gibt es für kleinere Betriebe mit weniger als fünfzig Beschäftigten, wenn diese ihre Arbeitnehmer kurzfristig entleihen, um Kurzarbeit oder Kündigungen zu vermeiden. Erforderlich ist aber eine schriftliche Benachrichtigung der Bundesagentur für Arbeit. Eine weitere Ausnahme von der Erlaubnispflicht stellt die sogenannte Konzernleihe dar, durch die innerhalb eines rechtlichen Verbundes Mitarbeitende in den zugehörigen Unternehmen eingesetzt werden können.
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit
Bislang wurde das AÜG zudem auf große Teile der Sozialwirtschaft nicht angewendet. In diesem Sektor konnten Arbeitskräfte entliehen werden, ohne dass dafür eine Erlaubnis vorliegen musste - lediglich auf gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung fand das AÜG Anwendung. Die Sozialwirtschaft war somit auch nicht verpflichtet, Leiharbeitskräfte mit dem Stammpersonal gleichzustellen. Das AÜG verlangt, entliehene Arbeitnehmer(innen) denen des entleihenden Unternehmens in Grundsätzen wie Arbeitszeit und Lohn gleichzustellen. Diese Bestimmung wurde durch eine AÜG-Reform 2002 unter dem Begriff "equal pay and equal treatment" angestoßen und trat zum Jahresbeginn 2004 in Kraft.
Aufgrund einiger missbräuchlicher Anwendungen des AÜG sowie der Notwendigkeit, auf die EU-Leiharbeitsrichtlinie zu reagieren, wurde das Gesetz erneut reformiert. Seit dem 1. Dezember 2011 gibt es zahlreiche Änderungen. Das AÜG findet nun auf alle Arbeitgeber Anwendung, die Leiharbeitskräfte überlassen. So muss sich auch die Sozialwirtschaft neuen Anforderungen stellen. Die bisher vor allem in der Pflege betriebene Arbeitnehmerüberlassung wird somit erschwert.
Neu geregelt wurde, dass die Arbeitnehmerüberlassung nur vorübergehend sein darf. Dies soll verhindern, dass Leiharbeiter dauerhaft eingesetzt werden und somit Festangestellte ersetzen.
Des Weiteren kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales per Rechtsverordnung Lohnuntergrenzen festsetzen, die zwingend eingehalten werden müssen.
Bislang konnte der Arbeitgeber für einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen einer vorher arbeitslosen Leiharbeitskraft einen Nettolohn zahlen, der der Höhe des bezogenen Arbeitslosengeldes entsprach. Diese Ausnahme gilt nun nicht mehr, der Equal-Pay-Grundsatz gilt sofort.
Leiharbeitskräfte müssen künftig über freie Stellen im Unternehmen informiert werden, und die Gemeinschaftseinrichtungen, wie zum Beispiel der Betriebskindergarten, müssen ihnen zu den gleichen Bedingungen wie fest angestellten Mitarbeitenden zur Verfügung gestellt werden. Auch wurden Anpassungen vorgenommen, um sogenannte "Drehtüreffekte" zu verhindern. Dieser Begriff umschreibt die Praxis, Arbeitnehmer(innen), die bei einem Unternehmen angestellt waren, als Leiharbeitskräfte zu schlechteren Konditionen wieder im selben Unternehmen zu beschäftigen. Hier müssen nun mindestens sechs Monate zwischen der ehemaligen Anstellung und der Leiharbeit liegen.
Eine erfreuliche Neuerung des AÜG gibt es durch die Erlaubnis zur gelegentlichen Arbeitnehmerüberlassung. Sollte ein Unternehmen plötzlich ungeplant - zum Beispiel durch eine Krankheitswelle - einen stark erhöhten Personalbedarf haben, kann es ohne Erlaubnis Arbeitskräfte leihen. Diese Ausnahmefälle sind aber stark eingeschränkt. Daher sollte vorab genau geprüft werden, ob alle Anforderungen erfüllt sind.
Sozialunternehmen, die Arbeitnehmerüberlassung betreiben oder zukünftig planen, sollten dringend prüfen, ob ihre Arbeitnehmerüberlassung den neuen gesetzlichen Regelungen entspricht. Ansonsten drohen nicht nur hohe Bußgelder und Nachzahlungsansprüche, sondern die entliehenen Arbeitnehmer haben eventuell auch Anspruch auf eine Anstellung im entleihenden Unternehmen.