Gute Gemeinschaft im Alter
Wenn das Leben zu Hause nicht mehr möglich ist, entscheiden sich viele alte Menschen für den Einzug in ein Pflegeheim. Doch das ist nicht immer vor Ort vorhanden. Die Folge: Langjährige Freundschaften können nicht mehr gepflegt werden, die Verwandten kommen seltener vorbei, Beziehungen reißen ab. Wie Beziehungen und Gemeinschaft, die gerade im Alter wichtig für das eigene Wohlbefinden sind, erhalten oder neu belebt werden können, untersucht ein Modellprojekt im Altenheim St. Clara in Salzkotten.
Der etwas sperrige Titel des Modellprojekts lautet: "Communio firmo prosperamus - Erleben einer guten Gemeinschaft." Für die im September 2020 begonnene und auf drei Jahre angelegte Forschung hat die Erhebungsphase begonnen. Im Mittelpunkt des Projekts steht das, was in der Regel für Lebensqualität nicht nur bei alten Menschen sorgt: Gemeinschaft erleben, Freunde und Verwandte treffen, am sozialen Leben teilnehmen. Denn das aufrecht zu erhalten oder neu zu beleben, ist nach dem Einzug in ein Pflegeheim schwierig.
Das mit dem Mutterhaus der Franziskanerinnen Salzkotten verbundene Altenheim St. Clara, in dem pflegebedürftige Ordensschwestern und Senioren, die nicht dem Orden angehören, eine Gemeinschaft bilden, erschien für das Forschungsvorhaben besonders geeignet. Nicht nur diese Art des Zusammenlebens, auch die unmittelbare Anbindung an die Ordensgemeinschaft, gibt es so in Deutschland bislang kaum. "Bei Menschen, die sich bewusst für eine Aufnahme im Altenheim St. Clara entscheiden, erleben wir häufig, dass durch die Ordensgemeinschaft und ihre Spiritualität die Lebensqualität dieser Bewohnerinnen und Bewohner zunimmt", erläutert Schwester M. Angela Benoit, Provinzoberin der Franziskanerinnen Salzkotten.
Ein Leitgedanke des Forschungsprojektes ist es, soziale Isolation durch eine Stärkung von Kontakten innerhalb und außerhalb der Einrichtung zu vermeiden. Dabei sollen bewusst auch Generationen zusammengeführt werden. Dies in die täglichen Abläufe der stationären Altenpflege zu integrieren ist eine zentrale Herausforderung. So ist es etwa für Familienangehörige oft schwierig, Besuche im Pflegeheim mit ihrer Erwerbsarbeit und anderen Verpflichtungen zu koordinieren. Ehrenamtlich Helfende, Schulen oder Kindergärten müssen über Kontaktmöglichkeiten informiert und in die Pflegeroutinen und Arbeitsabläufe eingebunden werden.
Freunde und Familie sind wichtig
Dabei ist allgemein bekannt, dass das soziale Umfeld einen wichtigen Beitrag zur Qualität in der Pflege leistet: Häufig kennen Familienangehörige oder langjährige Freunde die Gewohnheiten und Wünsche von Senioren sehr gut und können dieses Wissen in die Verbesserung von Angeboten einbringen. Auch Nachbarn und Vereinsgemeinschaften können ihnen Möglichkeiten bieten, sich positiv in einer Gemeinschaft wahrzunehmen und aktiv das Leben zu gestalten.
Eine Gruppe aus praxiserfahrenen Fachkräften in der Altenpflege sowie aus der Pflegewissenschaft wird die spezifischen Bedürfnisse der Bewohner im Altenheim St. Clara auswerten. Die erprobten Konzepte sollen anschließend auch weiteren Altenpflegeeinrichtungen zur Verfügung stehen. In der Erhebungsphase des Projekts ist die Teilnahme freiwillig. "Sie kann jederzeit auch abgebrochen werden", erklärt Projektleiterin Daria Wibbeke. In dieser Phase werden online sogenannte Leitfadeninterviews von einem Forscherteam des Departments für Pflegewissenschaft der Universität Witten/Herdecke durchgeführt - mit Mitarbeitern, Senioren, Angehörigen und weiteren Personen aus dem Umfeld. Das Team unter der Leitung von Professorin Dr. Margareta Halek übernimmt die wissenschaftliche Begleitung des Modellprojektes.
Am Ende des Projekts soll ein Werkzeugkasten entwickelt werden, mit dem die Forschungsergebnisse auch von anderen Einrichtungen genutzt werden können. Gefördert wird das Modellprojekt durch die Stiftung Wohlfahrtspflege NRW