Brücken bauen vom Problem zur Lösung
Für Mülbrecht ist das neue, mit Landesmitteln für zwei Jahre geförderte Projekt "Brückenschlag" die konsequente Fortsetzung seiner Arbeit in der Europabrücke an der Hafenstraße. Jetzt wird die Unterstützung auf Familien ausgedehnt, die besondere Untersützung benötigen. Mülbrecht leuchtete es nicht ein, warum nur einzelne Menschen Hilfe bekommen sollten, "obwohl Familien den gleichen Bedarf haben", beschreibt er den Anstoß für seine jüngste Initiative in der Bischof-Hermann-Stiftung.
Mitte März, zeitgleich mit dem Ausbruch der Corona-Krise, ist er mit drei jungen Mitarbeitenden in unmittelbarer Nachbarschaft zum Gefängnis an der Gartenstraße gestartet. Dass das ehemalige Sozialpsychiatrische Zentrum von der Caritas angemietet und die Bischof-Hermann-Stiftung für ihr Projekt Brückenschlag die Räumlichkeiten übernehmen konnte, sieht Mülbrecht als Glücksfall. Hier gibt es neben zwei Büros einen weiteren großen Raum, in dem corona-gerechte Gespräche auch ohne Mundschutz geführt werden können, während nebenan in einem kleinen Wintergarten die Kinder eine Spielecke finden.
Erfahrungen aus der Europabrücke
Tamara Kräwer bringt Erfahrungen aus der Europabrücke mit, erlebt mit den Familien aber noch komplexere Lebenslagen. Voraussetzung ist der Hartz-IV-Bezug und ein Wohnungsproblem, denn das Projekt wird aus dem Aktionsprogramm "Hilfen in Wohnungsnotfällen" des NRW-Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales finanziert. Aus Osteuropa stammend ist kein notwendiges Kriterium, aber zufällig haben sowohl Kräwer als auch Nicolas Honermann zufällig zum Auftakt je drei Familien aus Bulgarien in der Beratung. Und dabei das Glück, dass ihnen Lilyana Taskova als Dolmetscherin zur Seite steht, selbst Bulgarin und derzeit Studentin der Linguistik an der Uni Bielefeld.
Bezahlbare Wohnungen zu finden ist grundsätzlich ein Problem in Münster, für Familien mit mehreren Kindern und Migrationshintergrund ist es noch schwerer. Da helfe es schon, wenn die Bischof-Hermann-Stiftung dahinter stehe und für den Vermieter erkennbar sei, dass er einen weiteren Ansprechpartner hat, erklärt Tamara Kräwer. Die Hilfe erschöpft sich nicht in der Wohnungssuche. Im Brückenschlag werden auch für alle weiteren Probleme Lösungen gesucht, egal ob Krankheit, Schulden, Arbeitslosigkeit...
Ein solides Fundament
Der Aufwand kann im Einzelfall recht hoch sein und viel Zeit kosten. Wenn dann noch ein bulgarisches Ehepaar taubstumm und die Verständigung nur über Computer, Händen und Füßen möglich ist, wird es für die beiden Sozialarbeiter noch komplizierter. Neben den konkreten Fällen sind Mülbrecht und sein Team mit dem Aufbau der Strukturen für das Projekt beschäftigt: "Wir wollen gleich von Anfang an auf dem soliden Fundament des Hilfeplanverfahrens arbeiten", sagt der erfahrene Sozialarbeiter, der auch schon für den Förderverein für Wohnhilfen die Projekte Wohnen 60+ für pflegebedürftige Wohnungslose in der ehemaligen Dreifaltigkeitskirche und seit kurzem in den York-Höfen auf den Weg gebracht hat.
Gleichzeitig geht der Blick in die Zukunft. Wenn die Einschränkungen, die Corona gerade erzwingt, wieder gelockert sind, will das Team regelmäßige Frühstückstreffen anbieten und sie mit Fortbildungsthemen wie Impfungen, Frauengesundheit oder Anti-Gewalt-Training zu verknüpfen. Immer im Blick haben die vier auch die Begleitung durch die Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Sozialplanung (GISS) in Bremen. Um aufzeigen zu können, dass eine Fortführung erforderlich und sinnvoll ist, braucht es eine Bewertung.
Wobei es schon direkte Rückmeldungen von den Familien als Dank für die Hilfe in Form von Süßigkeiten gibt.