Zwei Konfessionen – ein Ziel
Sie sind Geschwister, wenn nicht sogar Zwillinge, und eines Geistes Kind – die Katholische Soziallehre und die sozialdiakonischen Folgen der Reformation. Und ich halte es in unserer älter werdenden Gesellschaft für selbstverständlich und zunehmend unverzichtbar, dass Caritas und Diakonie über zu akzeptierende Verbandsgrenzen hinweg öffentlich hörbarer mit einer Stimme sprechen.
Die Lebensbedingungen der Menschen in unserem Land driften immer weiter auseinander – auch weil sich die Lebensverhältnisse in den Regionen zunehmend unterscheiden und den gesellschaftlichen Zusammenhalt infrage stellen. Diese Entwicklung gefährdet die Akzeptanz der Demokratie und sollte uns gemeinsam beschäftigen: Im Geist der Menschenfreundlichkeit Gottes treten wir wirksam für eine offene und vielfältige Gesellschaft ein, in der Nächstenliebe und Solidarität keine Fremdworte sind. Unser gemeinsamer Einsatz für eine Enquetekommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse” in der kommenden Legislaturperiode steht für dringlich zu klärende politische Herausforderungen.
Einmal arm, immer arm lautet die traurige Gleichung
Nehmen wir das Beispiel der Kinderarmut in Deutschland. Vorige Woche gelang es der Bertelsmann-Stiftung, ein Thema in den Leitmedien zu platzieren, das uns in Diakonie und Caritas schon lange beschäftigt: Rund drei Millionen Kinder und Jugendliche sind in Deutschland von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen. 1,9 Millionen beziehen Grundsicherungsleistungen, davon leben knapp eine Million in Alleinerziehenden-Haushalten. Für uns Wohlfahrtsverbände ist das wahrhaftig nichts Neues. Es ist ein besorgniserregendes Symptom der ungleichen Lebensverhältnisse mit fatalen Langzeitwirkungen. Denn wer als Kind von vielen gesellschaftlichen Bereichen dauerhaft ausgeschlossen bleibt, hat weniger Bildungschancen und muss im späteren Leben erhebliche, auch gesundheitliche Benachteiligungen tragen. „Einmal arm, immer arm" lautet die traurige Gleichung in einem reichen Land
Die Kampagne der Diakonie #stopkinderarmut war in diesem Jahr ein erfolgreicher Schachzug, mit dem wir rund 30 Verbände und 37.000 Einzelpersonen mobilisiert haben. Solche Aktionen sind ein Anfang, andere Formen des Zusammenwirkens gilt es noch zu entwickeln – damit die Politik handelt und nicht nur gegen Kinderarmut konkrete Maßnahmen in den Koalitionsvertrag aufnimmt.
Die Nebenwirkungen des demografischen Wandels und der Digitalisierung samt sozialer Folgen zu gestalten steht für weitere Herkulesaufgaben: Auch auf uns, Kirchengemeinden und die kirchliche Wohlfahrt kommen neue Aufgaben zu, die wir gemeinsam angehen können und sollten. Zwei Konfessionen – ein Ziel.