Zugang zu Wasser – für alle!
Ob ein Hilfsprojekt die gewünschte Wirkung zeigt, kann nicht vom heimischen Schreibtisch aus beurteilt werden. Das muss vor Ort geschehen - im Dialog mit den Partnerorganisationen und den Begünstigten. 2017 hat Caritas international drei Studien in Auftrag gegeben, um den Zugang zu Wasser in verschiedenen Regionen in Pakistan, der Demokratischen Republik Kongo und Chile zu bewerten. "Wasser ist in vielen Regionen in Pakistan ein rares Gut." Yasmine Joseph weiß, wovon sie spricht. 22 Jahre war sie für die Caritas Pakistan im Einsatz, bevor sie 2015 die Organisation Society for Relief and Development (SRD) gründete. Für eine Studie über den Zugang zu Wasser war sie im Auftrag von Caritas international in Pakistan in den Provinzen Sindh und Belutschistan unterwegs, um zahlreiche Betroffene zu befragen. Die Studienergebnisse geben einen tiefen Einblick in die Lebensrealität der Menschen, die in Regionen mit begrenzten Wasserressourcen und schlechter Wasserqualität leben.
"Wir brauchen dringend Wasser, sauberes Wasser, damit wir überleben können." Diesen eindringlichen Appell bekommt die 48-jährige Pakistanerin bei ihren Besuchen häufig zu hören. Insbesondere im Distrikt Tharparkar, Provinz Sindh, ganz im Südosten des Landes. Immer wieder leidet die Region unter extremen Hitze- und Dürreperioden. Seit 2014 starben mehrere Hundert Menschen, darunter viele Kinder, an den Folgen der Mangelernährung und Wassernot. Mit Niederschlägen ist allenfalls in der Regenzeit zwischen Juni und August zu rechnen und selbst dann variiert die Regenmenge stark. Weil die Wasserbilanz des Bodens negativ ist, also mehr Wasser verdunstet als aufgenommen wird, versalzt das Grundwasser zunehmend und ist ungenießbar. 85 Prozent der ländlichen Bevölkerung haben in Tharparkar keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. "In Dürrephasen müssen Frauen und Kinder vier bis sieben Kilometer pro Tag zurücklegen, um Wasser für ihre Familien zu holen", berichtet Yasmine Joseph. "Ich habe hochschwangere Frauen mit Wasserkanistern auf dem Kopf und unter den Armen gesehen." Neben der chronischen Knappheit - das bestätigen die Umfrageergebnisse - ist auch die schlechte Qualität des Wassers ein Problem. "Die Gefahr, an Typhus, Magen-Darm-Infekten, Durchfall oder Cholera zu erkranken, ist hoch", erklärt die 49-Jährige. Und die Folgen sind dramatisch. Kinder unter fünf Jahren geraten durch Durchfallerkrankungen schnell in lebensbedrohliche Situationen. Jugendliche und Erwachsene können mitunter über Wochen nicht arbeiten und ihr überlebenswichtiger Beitrag zum Familieneinkommen entfällt.
Belutschistan: immer wieder Überschwemmungen
Auch in der Provinz Belutschistan im Südwesten des Landes haben mehr als vier von fünf Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Die Gründe hierfür sind allerdings andere. Ein Großteil der dort ansässigen Menschen lebt von Landwirtschaft und Viehzucht. Da auch hier das Grundwasser versalzen ist, erfolgt die Bewässerung durch Kanalsysteme, die allesamt durch den Fluss Indus gespeist werden. Regelmäßige Überschwemmungen, zuletzt im Jahr 2016, zerstören aber immer wieder die Kanäle, verunreinigen das Grundwasser und vernichten die Ernten. "Grundsätzlich haben wir auch das Problem, dass das Wassersystem schlecht gebaut und kaum gewartet wird. Die Regierung räumt dem Thema keine Priorität ein, die Wasserpolitik steckt noch in den Kinderschuhen. Aber wir brauchen nationale Vorgaben für ein nachhaltiges Wassermanagement, damit wir endlich auch auf lokaler und regionaler Ebene handeln können", so Yasmine Joseph.
Voneinander lernen, gemeinsam helfen
Caritas international ist seit vielen Jahren gemeinsam mit ihren Partnerorganisationen in den Provinzen Sindh und Belutschistan aktiv. Allein im Jahr 2016 förderte das Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes 15 Projekte mit mehr als 745.000 Euro. Um den nachhaltigen Nutzen der Hilfen sicherzustellen, ist der Erfahrungsaustausch zwischen den zuständigen Länderreferenten in Freiburg und den Projektpartnern vor Ort wichtig. Einheimische Fachkräfte wie Yasmine Joseph nehmen eine Schlüsselposition ein. Sie kennen die Gegebenheiten vor Ort, sprechen die Landessprache und genießen das Vertrauen der Bevölkerung. "Am meisten gelernt habe ich immer direkt bei und von den Menschen, mit denen ich arbeite. Deren Leben, Probleme, Herausforderungen, und Erfolgsgeschichten lehren mich mehr als jedes Buch", so Yasmine Joseph.
Die Hilfen von Caritas international und ihren Partnern
Caritas international und ihre Partner arbeiten seit vielen Jahren daran, die Wasserinfrastruktur und das Wassermanagement in den Provinzen Sindh und Belutschistan zu verbessern. Technisch werden die Gemeinden dabei unterstützt, Brunnen instand zu setzen, neue Handpumpen und Tiertränken zu installieren, Regenwassertanks aufzustellen und Wasserrückhaltebecken anzulegen. Damit diese Hilfen nachhaltig sind, braucht es Menschen, die sich um die Anlagen kümmern, sie warten und Schäden zeitnah reparieren. Diese Aufgabe übernehmen sogenannte Wasserkomitees, Freiwillige aus den Gemeinden, die von Fachkräften der Partnerorganisationen ausgebildet werden. Die aktuelle Studie zeigt, dass die Hilfen insbesondere dann Erfolg zeigen, wenn sie fest in der Bevölkerung verankert sind. Schulungen im Bereich Gesundheit und Hygiene sollen zusätzlich helfen, die Häufigkeit von wasserverursachten Krankheiten zu reduzieren. Und Fortbildungen zu effizientem Wassermanagement, zur Viehgesundheit sowie Trainings zum Erntemanagement und zur Bodenfruchtbarkeit dienen dazu, die Erträge trotz geringer Ressourcen zu steigern. In der häufig von starken Überschwemmungen betroffenen Region Belutschistan unterstützt Caritas international darüber hinaus den Bau von Stauwänden und Dämmen, um die Dörfer vor Regenfällen und Fluten zu schützen. Außerdem werden Evakuierungswege erschlossen, Frühwarnsysteme installiert sowie Rettungswesten und Seile für den Katastrophen-Ernstfall an die Bevölkerung verteilt.
Sind die Hilfen angemessen?
Passen nun die Hilfen zu den Problemen der Betroffenen? Was läuft gut, was weniger? Sind die Menschen mit den Hilfen von Caritas international und ihren Partnern zufrieden? Mehr als die Hälfte der befragten Frauen und Männer zeigten sich mit der Caritas-Arbeit in ihren Dörfern sehr zufrieden - vor allem, weil sie sich ihrer dringendsten Bedarfe annimmt. In den Schulungen haben die Menschen gelernt, besser mit den Naturkatastrophen umzugehen. Mit dem Wissen um größere Zusammenhänge steigt auch die Bereitschaft, Verhaltensweisen zu verändern und neue Praktiken anzuwenden. "Die Frauen, die das Hygienetraining absolviert haben, sind deutlich sensibilisiert. Sie waschen sich nun vor dem Kochen und Essen gründlich die Hände, wissen um die Wichtigkeit von Impfungen und kennen die Symptome schwerwiegender Erkrankungen", erzählt Yasmine Joseph. Auch setzen sich, das zeigen die Ergebnisse der Studie deutlich, allmählich effizientere Formen der Wassernutzung und -bewirtschaftung durch. Dürreresistentes Saatgut findet zunehmend Anwendung, und auf Dorfebene entstehen Strukturen und Kapazitäten der Selbstverwaltung, welche die Nachhaltigkeit der Maßnahmen und ihrer positiven Wirkungen garantieren. Wer wie viel Zugang zu sauberem Wasser hat, ist immer eine Frage der Verteilungsgerechtigkeit. Hier ist vor allem auch der pakistanische Staat gefragt, Rahmenbedingungen zu schaffen, die das Recht auf Wasser für alle im Rechtssystem verankern und die Zugangschancen der armen Bevölkerung zu ausreichend Wasser zum (Über-)Leben sicherstellen. Bis das erreicht ist, bleibt die Caritas fest an der Seite der Menschen.
Kongo: Wasser, das krank macht!
Trotz des immensen Reichtums an natürlichen Ressourcen - große Süßwasserreserven und riesige tropische Regenwälder - zählt die Demokratische Republik Kongo zu den ärmsten Ländern der Welt. Jahrzehnte der Kolonialherrschaft und der Diktatur sowie darauf folgende Kriege haben das zentralafrikanische Land heruntergewirtschaftet. Die soziale und humanitäre Situation ist katastrophal.
Auch in der Demokratischen Republik Kongo wurde die Wasser-Studie "Zugang zu Wasser" durchgeführt. Die Menschen schätzen die Hilfen von Caritas international und der Caritas Kongo sehr. Am häufigsten genannt in der Studie wurde die Tatsache, dass die Caritas sauberes und sicheres Wasser - "Maji Kitoko" in der einheimischen Sprache Lingala - in die Dörfer gebracht hat.
Denn 48 Prozent der Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, 71 Prozent der Bevölkerung keinen Zugang zu sanitären Anlagen wie Toiletten und Latrinen. Sauberes Wasser in Flaschen zu kaufen, ist für die meisten Menschen nicht leistbar. Sie müssen daher Flusswasser trinken, das verschmutzt und gefährlich ist. Infolge dieser schlechten Wasserversorgung treten häufig Cholera und andere lebensgefährliche Krankheiten auf. Mit Hilfe von Caritas international führt die Caritas Kongo seit Jahren Projekte zur verbesserten Wasser- und Sanitärversorgung in Schulen und Gemeinden durch. Dabei werden Brunnen gebaut und repariert sowie Hygieneschulungen angeboten und mögliche Vorbeugemaßnahmen bei Choleraausbrüchen vermittelt.
Chile: Wasser - Ware oder Menschenrecht?
Während der dünn besiedelte Süden des Landes über große natürliche Wasserreserven verfügt, bestimmt im dicht besiedelten Zentrum des Landes und im Norden Wasserknappheit das Leben der Menschen. In Chile sind Wasserrechte frei verkäuflich und verleihbar, unabhängig vom Landbesitz. Ländliche Gemeinden, häufig mit indigener Bevölkerung, werden dadurch vom Zugang zu Wasser ausgeschlossen. In der Wasser-Studie von Caritas international wurden verschiedene Nichtregierungsorganisationen (NGO) wie zum Beispiel "Chile Sustenable" (Nachhaltiges Chile) zur Wasserkrise im Land befragt. Die NGOs kritisieren die Privatisierung des Wassers, da keine öffentliche Kontrolle über die Wasserquellen und den Zugang zu Wasser möglich ist. Der Staat hat kaum Möglichkeiten einzugreifen, wenn Wasser immer knapper wird und die Konflikte um den Zugang zu Wasser sich häufen. Die Wasserkonflikte konzentrieren sich sehr stark auf den trockenen Norden und das Zentrum Chiles, wo riesige Flächen mit Monokulturen für den Export bewirtschaftet werden. Dort sind auch die größten Bergbaubetriebe angesiedelt, welche sehr viel Wasser brauchen und verunreinigen. Dies führt zu schwerwiegender Umweltverschmutzung und damit einhergehend zu Konflikten mit anderen Nutzern. Die Menschen fordern eine Reformierung der Wassergesetzgebung für eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen. Wasser darf keine Ware sein. Das Menschenrecht auf Zugang zu Wasser für alle muss garantiert und in die Praxis umgesetzt werden.
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