Niedrigschwellige Hilfen für Suchtkranke
Im Jahr 2019 sind bundesweit 1398 Menschen am Konsum illegaler Drogen verstorben, der dritte Anstieg in Folge und rund zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Bedenkt man, dass hinter jedem dieser Toten ein Mensch mit seiner ganz persönlichen Lebensgeschichte steht, der von Angehörigen und Freunden vermisst wird, so sind das 1398 Tote zu viel!
Neben einem stark schwankenden Reinheitsgehalt des Heroins auf dem Schwarzmarkt und polytoxen Konsummustern der Betroffenen spielen insbesondere prekäre Wohn- und Lebensverhältnisse sowie mangelhafte Versorgungsstrukturen im niederschwelligen Hilfebereich eine große Rolle. Die Corona-Krise verstärkt die klassischen Probleme Betroffener wie durch ein Brennglas. Häufig in Notschlafstellen oder städtischen Notunterkünften untergebracht, sind suchtkranke Menschen aufgrund der dort vorherrschenden hygienischen Bedingungen einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt. Auch arbeiten sie häufig im Niedriglohnsektor und sind bei einem wirtschaftlichen Abschwung mit die Ersten, die um ihre Arbeit bangen müssen.
Politische Haltung ändern und handeln
In der Corona-Krise hat die Politik viel auf die Wissenschaft gehört. Ich würde mir wünschen, dass sie dies auch hinsichtlich der Versorgung suchtkranker Menschen tun würde.
Um die Situation Betroffener stabilisieren zu können und weiter steigende Todeszahlen zu vermeiden, ist ein rasches Handeln der Bundesregierung gefragt. Sozialer Wohnungsbau muss dringend wieder mehr gefördert werden, denn eine Stabilisierung Betroffener ist nur unter menschenwürdigen Lebensverhältnissen möglich. Auch müssen niederschwellige Unterstützungsangebote wie Kontaktläden und eine flächendeckende Substitutionsbehandlung, also die Behandlung mit Heroin-Ersatzstoffen, gewährleistet sein. Insbesondere in Bayern, dem Bundesland mit den meisten Todesfällen, sollte die Blockadehaltung gegenüber Drogenkonsumräumen endlich aufgegeben werden, denn solche könnten Leben retten.
Nicht zuletzt bedarf es auch dringend einer veränderten Haltung der Politik gegenüber dieser Personengruppe. Die strafrechtliche Verfolgung von Konsumenten muss ein Ende haben, denn Sucht ist eine Erkrankung und kein Verbrechen!