Nachhaltige Lösungen für minderjährige Geflüchtete
Im Schatten des Ukraine-Kriegs blieb in der öffentlichen Wahrnehmung länger unbeachtet, dass vor allem über die Balkanroute erneut Geflüchtete - in der Regel aus Syrien und Afghanistan - nach Deutschland kommen. Darunter sind auch Minderjährige, die ohne ihre sorgeberechtigten Eltern einreisen. Stand Anfang Februar hielten sich 28.231 unbegleitete minderjährige Geflüchtete (UMA) in Deutschland auf, rund 10.000 davon in der Ankommenssituation einer vorläufigen beziehungsweise einer UMA-Inobhutnahme. Öffentliche und freie Träger sind mit der Versorgung ukrainischer Geflüchteter stark herausgefordert und sehen sich mit den UMA im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe einer zusätzlichen Aufgabe gegenüber. Im Nachgang der letzten Flüchtlingskrise wurden hier viele Strukturen zurückgebaut, deren Wiederaufbau unter dem Eindruck von Fachkräftemangel und fehlender räumlicher Kapazitäten hohe Hürden aufweist.
Um dieser Situation zu begegnen, werden bundesweit Unterbringungs- und Personalstandards abgesenkt, Brückenlösungen geschaffen und Möglichkeiten gänzlich außerhalb der Kinder- und Jugendhilfe genutzt, um Obdachlosigkeit abzuwenden.
Bei allem Verständnis für den Bedarf von Notfalllösungen darf das grundsätzliche Primat der Kinder- und Jugendhilfe für diese Zielgruppe nicht aus dem Blick geraten. Standardabsenkungen sind in der Tat gerade notwendig, aber sie müssen befristet sein. Es ist auf eine individuell bedarfsgerechte Kinder- und Jugendhilfe zu achten. Dabei darf es keine Festlegung hinsichtlich der Eignung einer Hilfe geben, die sich aus der Herkunft des jungen Menschen und nicht aus seinem pädagogischen Bedarf ableitet. Jugendämter wie freie Träger brauchen verlässliche Refinanzierungszusagen, die sich bei bestimmten vorgehaltenen Strukturen über einen angemessenen Zeitraum erstrecken - hier braucht es eine Strukturförderung und keine fallbezogenen Leistungsentgelte.
Um angemessene Angebote in der Fläche sicherzustellen, müssen aktuell und zukünftig vorhandene Verteilsysteme konsequent angewendet werden. Vor Ort wird das zur dringend notwendigen, langfristigen Struktursicherung für diese Zielgruppe beitragen. Ein Angebots- und Know-how-Rückbau wie 2017 muss mit Blick auf zukünftig zu erwartende Migrations- und Fluchtbewegungen unbedingt vermieden werden.