Mehr Kindergeld, mehr Teilhabe
Wieder mal erleben wir in der Ampelkoalition eine hitzig geführte sozialpolitische Debatte. Diesmal geht es um die Erhöhung des Kindergelds. Die FDP möchte nur den Kinderfreibetrag erhöhen. SPD und Grüne kritisieren, dass man nicht nur reiche Familien besserstellen dürfe, die von einer Erhöhung des Freibetrags profitieren. Parallel müsse auch das Kindergeld erhöht werden. Der aktuelle Streit ist ein fatales Signal an Familien mit niedrigen Einkommen, die auf das Kindergeld angewiesen sind und von der steuerlichen Freibetragsregelung nicht profitieren. Was es in diesen aufgeregten Zeiten jetzt bräuchte, ist ein politisch klares Signal an alle Familien, dass sie in Zeiten steigender Preise nicht alleingelassen werden.
Um was geht es sachlich eigentlich? Zu Jahresbeginn wurde das Bürgergeld erhöht und damit das sogenannte "sächliche Existenzminimum" entsprechend den gesetzlichen Vorgaben angepasst. Das hat zur Folge, dass gemäß den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auch der Kinderfreibetrag angepasst werden muss, mit dem das "sächliche Existenzminimum" von Kindern steuerfrei gestellt wird. Die Erhöhung der Freibeträge ist also nicht ungerecht, sondern gesetzlich notwendig.
Normalerweise geht eine Erhöhung des Kinderfreibetrags immer mit einer Erhöhung des Kindergeldes einher. Das ist konsequent, da Familien mit geringen Einkommen in unserem progressiven Steuerrecht durch den Freibetrag nur wenig entlastet werden. Deswegen prüft das Finanzamt, ob Kindergeld oder Kinderfreibetrag für die Familien günstiger ist. Der Pflegehilfskraft, der Frau an der Supermarktkasse oder dem Handwerksgesellen ist es nicht vermittelbar, dass sie oder er leer ausgehen sollen und nur Menschen mit hohem Einkommen oder Grundsicherungsempfänger:innen von der Förderung profitieren sollen. Das gilt erst recht, da das Kindergeld (derzeit 250 Euro) hinter der maximalen Entlastungswirkung des Kinderfreibeitrages, den Gutverdiener bekommen (377 Euro), hinterherhinkt. Deswegen wäre es klug, das Kindergeld nun schrittweise zu erhöhen.
Das wäre auch wichtig, falls diese Koalition noch die Kraft hat, eine einheitliche Kindergrundsicherung auf den Weg zu bringen, welche im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. Denn das Kindergeld soll zentraler Bestandteil einer zukünftigen Kindergrundsicherung sein. Fest steht mit oder ohne Kindergrundsicherung: Es muss sich perspektivisch in der Familienförderung etwas ändern, denn Teilhabe von Kindern und Jugendlichen wird nicht nur, aber eben auch zentral über den Geldbeutel hergestellt.