Keine Berührungsängste mit Gewerkschaften
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Das haben einige in der Caritas nicht gern gesehen. Unter dem Titel "Was nun, Herr Bsirske?" hatten wir als Caritasverband für das Bistum Essen gemeinsam mit dem Duisburger Unternehmerverband "Soziale Dienste und
Bildung" den Verdi-Chef Frank Bsirske eingeladen. Viele verbinden mit dem Namen Spannung und Konflikt. Schließlich geht es darum, wie Gewerkschaften an der künftigen Ausgestaltung des kirchlichen Arbeitsrechts beteiligt sind.
Es war laut Bsirske das erste Mal, dass er
mit Caritas-Vertretungen auf dem Podium über die laufende Verdi-Klage gegen den Dritten Weg, über einen Sozialtarif und die Rolle der Gewerkschaften in kirchlichen Unternehmen sprach. Verwunderlich insofern, als ich als Caritasdirektor (da dürfte ich nicht der Einzige sein) ein Interesse habe, zu wissen, wie es weitergeht.
Denn das Bundesarbeitsgericht hatte zwar im November 2012 mit seinem Urteil die Rechtmäßigkeit des Streikverbots im Dritten Weg bejaht - aber nur unter der Voraussetzung, dass Gewerkschaften eingebunden werden. Die Bischöfe haben darauf mit der Neufassung der KODA-Rahmenordnung und der Novellierung der kirchlichen Grundordnung reagiert. Gewerkschaften können jetzt Vertreter in die Arbeitsrechtlichen Kommissionen schicken. Und sie haben zwecks Mitgliederbetreuung und -werbung Zugang zu kirchlichen Diensten und Einrichtungen. Angesichts dessen darf und muss man darüber sprechen, was das konkret heißt.
Klar ist: Verdi macht keinen Hehl daraus, die laufende Verfassungsbeschwerde gegen das Streikrecht-Urteil bei Niederlage auch vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte tragen zu wollen. Bsirske-Sätze wie "Der Dritte Weg ist für uns keine akzeptable Alternative" sind Ausdruck einer grundsätzlichen Skepsis. Gleichzeitig erkannte er ausdrücklich die hohen Tarifstandards und die Verbindlichkeit der Arbeitsvertragsregelungen in der Caritas an.
Auch unsere Haltung ist klar: Der Dritte Weg hat sich über viele Jahrzehnte bewährt. Dadurch erreichen wir eine Flächenbindung auf hohem Niveau, die es sonst nicht so oft gibt. Dienstgeber und Dienstnehmer sind zu Recht zufrieden mit dem Tarifwerk und dem Weg, wie es zustande kommt. Klar ist aber auch, dass dieser Weg immer Weiterentwicklung braucht. Und daran arbeiten die Gewerkschaften künftig nun mal mit.
Wir sollten dabei keine Berührungsängste haben. Wir können doch selbstbewusst in die Diskussion gehen - eine Diskussion, die wir führen müssen, weil es Handlungsbedarf gibt. Mehr noch: Es gibt Gemeinsamkeiten zwischen Caritas und Gewerkschaften. Beide stehen für soziale Gerechtigkeit. Beide setzen sich für gute Arbeitsbedingungen und für verbesserte Refinanzierung im sozialen Sektor ein. Solange sie den Dritten Weg offen bekämpfen, können die Gewerkschaften zwar nicht erwarten, mit offenen Armen empfangen zu werden. Wir sollten dennoch in konstruktive Gespräche gehen. Fortschritt gibt es nur im Dialog. Der Dialog zwischen Caritas und Gewerkschaften ist nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig. Und zwar jetzt. Einen Anfang haben wir gemacht.