Ganztagsbetreuung: viele Fragen
Buchstäblich auf der allerletzten Rille in dieser Legislaturperiode haben Bundestag und Bundesrat den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder Gesetz werden lassen. Beginnend ab August 2026 für die Kinder des ersten Grundschuljahrgangs und dann Jahr für Jahr ein weiterer Jahrgang erhalten damit alle Grundschüler(innen) einen Anspruch auf Förderung von werktäglich acht Stunden in einer Tageseinrichtung; die Unterrichtszeit wird dabei angerechnet.
Damit ist ein wichtiger Schritt getan: Mehr Förderung für Grundschulkinder führt zu mehr Chancen- und Bildungsgerechtigkeit. Vor allem durch die rechtzeitige Förderung benachteiligter Kinder wird ein Beitrag zur Überwindung der Abhängigkeit des schulischen Erfolgs vom Status der Herkunftsfamilie geleistet. Gleichzeitig wird damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf deutlich verbessert. Beide Effekte können bereits heute überall dort wahrgenommen werden, wo etwa durch die Caritas Ganztagsangebote vorgehalten werden. Von einem bundesgesetzlichen Anspruch auf Ganztagsförderung erhofft sich der Gesetzgeber darüber hinaus angesichts der bisherigen föderalen Einzelwege auch einen Beitrag zur Schaffung gleichwertiger Bildungs- und Betreuungsangebote in Deutschland.
Aber die gesetzliche Absicherung der Ganztagsförderung ist nur ein erster Schritt. Wie immer ging es im Vermittlungsausschuss allein um das Geld. Wie viel leistet der Bund zum notwendigen Ausbau der Infrastruktur? Und wie ist sein Beitrag zu den laufenden Kosten der Ganztagsbetreuung? In beiden Fragen ist es den Ländern gelungen, den Bund stärker in die finanzielle Verantwortung einzubinden. Offengeblieben ist aber, mit welchen Qualitäten Ganztagsbetreuung angeboten wird. Und da werden die Differenzen schon deutlich, wenn das Gesetz ausdrücklich festhält: Der Rechtsanspruch kann sowohl in Horten als auch im offenen und gebundenen Ganztag erfüllt werden.
Hier ist weitere Klärung nötig. Grundsätzlich ist es zu begrüßen, wenn der Anspruch auf Ganztagsangebote im SGB VIII geregelt wird. Damit wird deutlich, dass es nicht allein um schulisches Lernen gehen kann, sondern um eine ganzheitliche Förderung. Aber - und da wird auch die Caritas noch ins Diskutieren kommen: Ist diese ganzheitliche Förderung im offenen Ganztag mit seiner Trennung von Schule am Morgen und zusätzlichen Angeboten am Nachmittag wirklich möglich? Oder braucht es den gebundenen Ganztag mit seiner attraktiven Verschränkung von schulischen und außerschulischen Lerninhalten über den ganzen Tag? Dann ist aber auch die Frage nach der Ganztagspflicht nicht mehr weit.