Freie Fahrt für die Pflege
Was im Sondierungspapier in sechs Zeilen gepasst hat, muss im ausstehenden Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien Hand und Fuß haben: die Zukunft der Pflege. Unbestritten und seit Jahren gefordert ist der Wille zu mehr Personal und guten Arbeitsbedingungen in der Pflege, konkret höheren Löhnen und besseren Personalschlüsseln. So wichtig diese Pläne auch sind, so wenig neu sind sie. Was erhoffen sich also die Träger von Einrichtungen der Langzeitpflege, dass die neue Bundesregierung nun vordringlich alles angehen sollte?
Keine gute Pflege ohne gute Ausbildung - so viel steht fest. Der seit Jahren bekannte eklatante Mangel an Lehrpersonal in der schulischen Pflegeausbildung wurde von den Ländern konsequent vernachlässigt. Wirksame Unterstützung durch den Bund fehlte. Hier muss als Erstes angesetzt werden, etwa durch standardisierte Ausbildungsvergütung oder öffentlichkeitswirksame Unterstützung auf Bundesebene. Ansonsten können die Anforderungen des Pflegeberufegesetzes nicht erfüllt werden und erst recht nicht die von der Konzertierten Aktion Pflege (KAP) geplante Erhöhung der Ausbildungszahlen um zehn Prozent bis zum Jahr 2023. Auch die notwendigen Impulse zur Gewinnung ausländischer Fachkräfte werden den Personalmangel allein nicht beheben.
Politisch zu wenig beachtet ist die Pflegeimmobilie, das Haus, in dem pflegebedürftige Menschen wohnen. Die refinanzierte Nutzungsdauer von Pflegeimmobilien von aktuell 50 Jahren muss auf den Prüfstand. Anderenfalls können wichtige Investitionen wie etwa energetische Gebäudesanierungen nicht gewährleistet werden. Die uneinheitlichen Rahmenbedingungen für die Errichtung und den Betrieb von Pflegeeinrichtungen stellen Träger mit mehreren Einrichtungen in unterschiedlichen Bundesländern immer wieder vor große Herausforderungen. Hier müssen dringend einheitliche Lösungen im Sinne der Einrichtungen gefunden werden.
Noch ist nicht klar, was für eine bessere Pflege im Koalitionsvertrag festgeschrieben wird. Die neue Bundesregierung ist es der Gesellschaft und insbesondere den betroffenen hilfs- und pflegebedürftigen Menschen sowie den Mitarbeitenden schuldig, die Ampel auf "freie Fahrt für das freigemeinnützige Pflege- und Gesundheitswesen" zu schalten. Wir Verbände sind aufgefordert, einen kritischen Blick auf das Koalitionspapier zu werfen und die Umsetzung der Ziele eng zu begleiten.