Die Europäische Union stärken – weltoffen, sozial, digital und nachhaltig
Am 9. Mai 2021 war der offizielle Startschuss der "Konferenz zur Zukunft Europas". Die Konferenz soll ein Forum für eine offene, transparente und inklusive Bürgerdebatte über zentrale Prioritäten und Herausforderungen in der EU bieten und im Frühjahr 2022 mit der Verabschiedung von Schlussfolgerungen und Leitlinien enden.
Der Deutsche Caritasverband ist der katholische Verband der freien Wohlfahrtspflege und Deutschlands größter Wohlfahrtsverband. In ihren etwa 25.000 Einrichtungen und Diensten bietet die Caritas wirksame Hilfen für Menschen in schwierigen Lebenslagen. Sie gestaltet zudem die sozial- und gesellschaftspolitische Entwicklung mit. In ihrer Arbeit versteht sich die Caritas als Dienstleisterin, Anwältin und Partnerin von Benachteiligten sowie als Solidaritätsstifterin. Caritasorganisationen sind als sichtbare und erlebbare Orte der Kirche Teil der Zivilgesellschaft.
Um an ihrem Ziel - der Verwirklichung einer solidarischen Gesellschaft1 - weiter mitzuarbeiten, ist die Caritas mitten in der Gesellschaft aktiv und öffentlich präsent. Im Rahmen der Kampagne #DasMachenWirGemeinsam zum 125-jährigen Jubiläum der Caritas im Jahr 2022 stellt sich der Deutsche Caritasverband die Leitfrage: "Wie wollen wir in Zukunft zusammenleben?". Die Anliegen der Caritas: Sie aktiviert auf verschiedenen Wegen viele Menschen und Gruppen, mit ihr an einer Vision der Zukunft zu arbeiten. Denn: Eine gute Zukunft gestalten wir nur gemeinsam!
Soziale Sicherung und gleichwertige Lebensverhältnisse, Klimapolitik, Migration, Digitalisierung oder die Bewältigung der Coronapandemie sind Themen, die deutlich machen, wie untrennbar die Arbeit der Caritas in Deutschland mit der europäischen Ebene und den dortigen Entscheidungsprozessen verwoben ist. Viele aktuelle und zukünftige Herausforderungen sind heutzutage aufgrund ihrer Komplexität nicht mehr allein auf nationaler Ebene zu lösen, sondern bedürfen transnational gemeinsamer (europäischer) Antworten. In seiner Rolle als zivilgesellschaftlicher Akteur beteiligt sich der Deutsche Caritasverband mit diesem Beitrag daher an der "Konferenz zur Zukunft Europas", identifiziert Herausforderungen, die diskutiert werden müssen, und formuliert Forderungen sowie mögliche Lösungen.
Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten sollten insbesondere den ökologischen, digitalen und demografischen Wan[1]del als zentrale Herausforderungen aktiv und sozial gestalten. Ziel muss eine weltoffene, soziale, digitale und nachhaltige Europäische Union sein, die bürgernah ist und ihre Werte verteidigt und stärkt. Als größter EU-Mitgliedstaat hat Deutschland hier eine besondere Verantwortung.
Eine bürgernahe Europäische Union
Laut der Präambel des EU-Vertrags (EUV) sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union "entschlossen, den Prozess der Schaffung einer immer engeren Union der Völker Europas, in der die Entscheidungen entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip möglichst bürgernah getroffen werden, weiterzuführen".2
Der Deutsche Caritasverband begrüßt ausdrücklich, dass mit der "Konferenz zur Zukunft der EU" der Versuch unternommen wird, eine offene, transparente und inklusive Bürgerdebatte über zentrale Prioritäten und Herausforderungen in der EU zu führen. Dadurch kann es gelingen, die notwendige Bürgernähe herzustellen, zu der sich die Mitgliedstaaten verpflichtet haben. Gleichzeitig muss es auch über die Konferenz hinaus das erklärte Ziel bleiben, dass die EU-Institutionen die Entscheidungen, die verhandelt werden, möglichst bürgernah und transparent treffen. Hier gibt es bereits viele gute Ansätze wie zum Beispiel Livestream-Übertragungen von Parlamentssitzungen, das Transparenzregister der EU-Institutionen oder - trotz aller berechtigter Kritik - die "europäische Bürgerinitiative".3
Das Subsidiaritätsprinzip hat verschiedene konkrete Dimensionen. Ursprünglich besagt es: "Nur dort, wo die Möglichkeiten des Einzelnen beziehungsweise einer kleinen Gruppe nicht ausreichen, Aufgaben zu lösen, sollen staatliche Institutionen subsidiär eingreifen. Dabei ist der Hilfe zur Selbsthilfe der Vorrang vor einer unmittelbaren Aufgabenübernahme durch den Staat zu geben."4 Neben Solidarität und Personalität ist Subsidiarität einer der zentralen Leitbegriffe der katholischen Soziallehre. In der Satzung des Deutschen Caritasverbands verpflichtet sich der Verband auf das Subsidiaritätsprinzip auch als Maxime innerverbandlicher Arbeitsteilung.5
In Deutschland ist das Subsidiaritätsprinzip Grundlage des im Grundgesetz verankerten Sozialstaatsprinzips, welches den sozialen Auftrag des Staates manifestiert. Die Akteure der freien Wohlfahrtspflege, zu denen die Caritas gehört, sind vorrangig an dieser Aufgabenerfüllung zu beteiligen.6 Dieses Modell der Zusammenarbeit zwischen Staat und Zivilgesellschaft ist ganz im Sinne des EU-Vertrags Ausdruck von Bürgernähe und effizienter Aufgabenwahrnehmung auf verschiedenen Ebenen und kann somit als strukturelles Vorbild für die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten dienen.
Die Caritas ist seit 125 Jahren national, aber seit vielen Jahren auch im europäischen Netzwerk der Caritasverbände mitten in der Gesellschaft aktiv und bereit, in ihrer Brückenfunktion einen Beitrag zu einer bürgernahen Europäischen Union zu leisten. Dies tut sie zum Beispiel, indem sie anwaltschaftlich die Belange aus[1]gegrenzter und von Armut betroffener Menschen in die EU-Institutionen und in unterschiedliche Netzwerke einbringt, als Expertin für Abgeordnete des EU-Parlaments und die EU-Kommission zur Verfügung steht oder mit den ehrenamtlich Aktiven der Caritas europäischen Austausch gestaltet.
Gleichzeitig informiert die EU-Vertretung des Deutschen Caritasverbandes den Verband und seine Gliederungen in Deutschland über aktuelle europäische Entwicklungen, beantwortet Fragen und ermöglicht durch den Empfang von Besuchergruppen in Brüssel sowie die Organisation von europäischen Fachveranstaltungen Austausch und Begegnung.
Die EU als Wertegemeinschaft stärken
Die Konferenz zur Zukunft der EU muss sich am EUV orientieren. In Artikel 3 heißt es: "Ziel der Union ist es, den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern."7 Welche Werte das sind, wird in Artikel 2 EUV erwähnt: "Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet."8
Ziel muss es aus Sicht der Caritas sein, die EU deutlich stärker als derzeit als Wertegemeinschaft und soziale Gemeinschaft von Staaten und Gesellschaften weiterzuentwickeln und zu profilieren - im Sinne der Bürger(innen), der europäischen Gemeinwesen, ihrer demokratischen Staaten und des Friedens in Europa. Solidarität und Rechtsstaatlichkeit müssen als Grundprinzipien der EU auch unter Nutzung finanzieller Sanktionen EU-weit durchgesetzt werden.
Als Caritas bringt sie ihre langjährige Erfahrung in der Hilfe für Menschen in problematischen Lebenslagen in die Diskussion zur Zukunft Europas ein und steht für Werte wie Nächstenliebe, Menschlichkeit, Gerechtigkeit und Solidarität ein. Diese Werte enden nicht an Staatsgrenzen.
Eine weltoffene, soziale, digitale und nachhaltige EU anstreben
◆ Europäische Sozialpolitik nachhaltig gestalten: Wenn einzelne EU-Mitgliedstaaten sich konsequent gegen soziale Ungleichheiten in wirtschaftlich schwächeren EU-Mitgliedstaaten einsetzen, sichern sie auch den eigenen Sozialstaat und ihre soziale Marktwirtschaft. Aus Sicht der Caritas müssen die Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte und der Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen weiter vorangetrieben werden.9 Dabei muss das Subsidiaritätsprinzip in beide Richtungen gewahrt werden, so dass die EU dort handeln kann, wo sie die Ziele am besten verwirklicht. Sind einzelne Mitgliedstaaten nicht in der Lage, anstehende Probleme eigenständig zu lösen, muss sich die höhere (europäische) Ebene dieser Probleme annehmen und darf sich nicht aus der gemeinsamen Verantwortung stehlen.10 Wer europäische Sozialpolitik nachhaltig gestalten will, muss die Zusammenhänge zwischen sozialen und ökologischen Zielen in den Blick nehmen. Europa will der erste klimaneutrale Kontinent werden. Die Caritas fordert eine sozial gerechte ökologische Wende.
◆ Sozial gerechter Klimaschutz: Alle Mitgliedstaaten müssen zu ambitionierten Klimazielen auf europäischer Ebene einen Beitrag leisten, um die EU-internen Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Aus Sicht der Caritas müssen die sozialen Implikationen bei den Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele stärker als bisher Berücksichtigung finden. Gleichzeitig gilt es, sozialpolitische Vorschläge so zu gestalten, dass diese hinreichend nachhaltig sind. Das Schubladendenken muss an dieser Stelle aufgebrochen werden. Ganz konkret sollte ambitionierter und sozial gerechter Klimaschutz zur Leitlinie der Daseinsvorsorge werden. Ebenso müssen aus Sicht der Caritas Sozial- und Umweltstandards in allen EU-Freihandelsabkommen durchgesetzt werden.
◆ Funktionierende Sozialleistungssysteme europaweit ausbauen: Die Coronapandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, dass in allen EU-Mitgliedstaaten existenzsichernde, verlässliche, bezahlbare und allgemein zugängliche Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen zur Verfügung stehen. Sie hat die "Sozialstaatsbedürftigkeit unserer liberalen Gesellschaft"11 sichtbar gemacht. Alle EU-Institutionen und die EU-Mitgliedstaaten sollten sich für gute soziale Standards im Sinne einer aufwärtsgerichteten Konvergenz in der EU einsetzen. Die besonderen Qualitäten der gemeinnützigen Sozialwirtschaft müssen im EU-Wettbewerbsrecht berücksichtigt werden, so dass die Erbringung sozialer Dienstleistungen ohne bürokratische Hürden und unter angemessener Beachtung ihrer gesamtgesellschaftlichen Bedeutung möglich ist.
◆ Einen rechtsverbindlichen EU-Rahmen für nationale Grundsicherungssysteme einführen: Funktionierende, an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtete und von keiner Vorleistung abhängige Grundsicherungssysteme in allen EU-Mitgliedstaaten sind für das Funktionieren des Sozialstaats wesentlich. Gleichzeitig könnten sie eine unfreiwillige, armutsbedingte Migration innerhalb der EU einschränken und so Belastungen einzelner Sozialsysteme verhindern. Aus Caritassicht braucht es daher einen rechtsverbindlichen EU-Rahmen für nationale Grundsicherungssysteme (zum Beispiel in Form einer Richtlinie), der nationale Traditionen respektiert und die europäischen Bestrebungen nach einem EU-Rahmen für angemessene Mindestlöhne12 ergänzt.13
◆ Faire Beschäftigungsbedingungen mobiler EU-Arbeitskräfte sicherstellen: Viele Mitgliedstaaten profitieren von der EU-Arbeitskräftemobilität. Dabei müssen jedoch faire Beschäftigungsbedingungen wie zum Beispiel die Zahlung des Mindestlohns oder des allgemeinverbindlichen Tariflohns, die Einhaltung der geltenden Arbeitsstandards und Arbeitszeiten beachtet und wo nötig durchgesetzt werden - insbesondere auch für Saisonarbeiter(innen) und mobile Arbeitskräfte in der (häuslichen) Langzeitpflege. Gute (muttersprachliche) Beratung der mobilen EU-Arbeitskräfte über ihre Rechte ist dabei unverzichtbar.
Die Caritas fordert daher unter anderem, dass die Europäische Arbeitsbehörde (ELA) die notwendigen Kompetenzen und Mittel erhält, um mobile EU-Arbeitskräfte zu beraten sowie effektive, grenzüberschreitende Kontrollen durchzuführen, ohne die Frei[1]zügigkeitsrechte einzuschränken.14
◆ Schutzbedürftige aufnehmen, legale Arbeitsmigration gestalten, Zusammenhalt in der Einwanderungsgesellschaft fördern: Um die europäischen Erstaufnahmeländer zu entlasten, sollten Flüchtlinge perspektivisch in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Uni[1]on aufgenommen werden. Die aufnahmebereiten Mitgliedstaaten sollten dabei voranschreiten. Um einheitliche, faire Standards des Asylverfahrens zu erhalten, muss die Rolle der EU-Institutionen aufgewertet werden. Humanitäre Katastrophen an den EU-Außengrenzen (insbesondere auch im Mittelmeer) müssen verhindert werden. Um Schutzbedürftigen gefährliche Fluchtwege zu ersparen, sind legale, sichere Zugangsmöglichkeiten auszubauen.
Des Weiteren muss ihre gesellschaftliche Teilhabe von Anfang an gefördert werden. Europas Gesellschaft ist (auch) durch Zuwanderung vielfältiger geworden und lässt sich nur gemeinsam gestalten. Um dies zu erreichen, ist das positive Narrativ über Migration und Migrant(inn)en zu stärken. Es ist wichtig, Migration als eine natürliche Gegebenheit zu betrachten und anhand von persönlichen Begegnungen und Erfahrungsberichten zu "vermenschlichen".15 Die akute Situation in Afghanistan fordert besondere Anstrengungen der Europäischen Union.
◆ Europäische Antworten auf den digitalen Wandel geben: Auf den digitalen Wandel mit seinen Chancen, aber auch Herausforderungen, wie Datensicherheit, digitale Kompetenzen und Ausbau der Infrastruktur, muss es europäische Antworten geben. Die Caritas fordert die Mitgliedstaaten und die Europäische Union auf, bei neuen Legislativvorhaben die soziale Gestaltung der digitalen Transformation weiter voranzutreiben, auf die Vermeidung von Diskriminierung hinzuwirken und potenziell benachteiligte Menschen und deren digitale Teilhabe besonders in den Fokus zu nehmen. Für den Einsatz von algorithmischen Entscheidungsverfahren ("Algorithmic Decision-Making" - ADM) im Digitalraum Europa muss aus Sicht der Caritas ein gesetzlicher Rahmen geschaffen werden, der von der Einhaltung europäischer Grundwerte und Grundrechte geleitet wird.16 Die Anstrengungen der EU zur Sicherung von Datensouveränität und fairem Wettbewerb in der digitalen Gesellschaft, wie sie zum Beispiel in der Berliner Erklärung der deutschen EU-Ratspräsidentschaft17 sichtbar wurden und/oder in den verschärften Anforderungen an Transparenz von Plattform-Algorithmen, sind weiter zu verfolgen. Die EU-Datenschutzgrundverordnung hat sichtbar gemacht, dass Europa Vorreiter eines an den Menschen- und Teilhaberechten orientierten digitalen Raumes sein und international Spielregeln verändern kann. Die Orientierung an den Rechten vulnerabler Gruppen sowie die Einbeziehung der Akteure der Zivilgesellschaft allgemein und der Sozialleistungsverbände im Besonderen bei der Weiterentwicklung einer digitalen Infrastruktur für alle, sollten die EU-Digitalpolitik in den nächsten Jahren prägen.
◆ Mit EU-Geldern in Menschen investieren: Die EU-Mitgliedstaaten profitieren in großem Umfang von europäischen Förderprogrammen. In der EU-Förderperiode 2021 bis 2027 wurden jedoch Programme wie der Europäische Hilfsfonds Plus, die direkt in Menschen investieren, geschwächt und die EU-Kofinanzierungssätze abgesenkt. Insbesondere gemeinnützig arbeitende Projektträger können die hohe Eigenbeteiligung nicht stemmen. Kurzfristig sollten die Mitgliedstaaten mit nationalen Geldern Kürzungen für die Projektträger ausgleichen und die Kofinanzierung erhöhen. Mittelfristig sollten sich die Mitgliedstaaten auf EU-Ebene für weitere administrative Vereinfachungen und für eine Anpassung der EU-Beihilferegelungen einsetzen, insbesondere bei der anstehenden Überarbeitung der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung, damit auch in Zukunft unbürokratische Förderung sichergestellt ist. Langfristig ist aus Sicht der Caritas eine stärkere Ausrichtung der EU-Gelder auf Zukunftsinvestitionen für eine weltoffene, soziale, digitale und nachhaltige Europäische Union unerlässlich. Dazu gehören neben der Förderung von klimafreundlicher und digitaler Infrastruktur vor allem auch erhöhte Investitionen zur Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte18 - und damit in die Bürger(innen) der EU. Vor allem wirtschaftlich schwächere Regionen sollten im Sinne der Kohäsion besonders gefördert werden. Alle EU-Fonds sollten in Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen und Betroffenen partnerschaftlich umgesetzt werden. Durch die EU-Förderung dürfen keine nationalen Pflichtaufgaben substituiert werden.
◆ Europaweite Zusammenarbeit fördern: Innovative Lösungen für dringende gesellschaftliche Herausforderungen entstehen häufig beim Blick über den eigenen Tellerrand, was auch die Coronapandemie wieder gezeigt hat. Die Europäische Union sollte weiterhin europaweite Kooperationen in allen Politikfeldern fördern. Der europäische Austausch und reale, grenzüberschreitende Begegnungen, insbesondere von Benachteiligten, jungen Menschen und Ehrenamtlichen, sollten gestärkt werden, etwa durch das "Erasmus+"-Programm.
#DasMachenWirGemeinsam: Durch die Kampagne #DasMachenWirGemeinsam zum 125-jährigen Jubiläum der Caritas im Jahr 2022 und der Leitfrage "Wie wollen wir in Zukunft zusammenleben?" möchte der Deutsche Caritasverband auch einen Beitrag zur "Konferenz zur Zukunft Europas" und einer weltoffenen, sozialen, digitalen und nachhaltigen Europäischen Union leisten. Lorenz Werthmann hat 1897 nicht nur den Grundstein für die Caritas in Deutschland gelegt, sondern auch für ein weltweites Caritas-Netzwerk, das heute circa 160 Mitgliedsorganisationen in rund 200 Ländern und Regionen zählt. Die Caritas-Jubiläumskampagne #DasMachenWirGemeinsam beinhaltet daher auch, auf wie vielen Ebenen die Caritas nah am Menschen ist und Solidarität gelebt wird: lokal, kommunal, national, europäisch, weltweit.
Indem die Caritas die Kampagne #DasMachenWirGemeinsam im Jahr 2022 erlebbar macht und durch die aktive Zusammenarbeit der Caritasorganisationen in allen europäischen Staaten setzt sie sich aktiv für die oben genannten Ziele und gegen eine Rückkehr der Grenzen ein. "Wider die Paradoxie sich gegenseitig (scheinbar) ausschließender Anliegen in einer Welt voller komplexer Gleichzeitigkeiten geht es um die Verbesserung der Teilhabechancen durch Überwindung von Grenzen aller Art - durch anwaltschaftliches Reden und solidarisches Handeln, durch Engagement und Empowerment."19
Abschließend kann man für Debatten zur "Konferenz zur Zukunft Europas" festhalten, dass die Caritas sich weiterhin dafür einsetzen sollte, das Schubladendenken im Sinne von "grün oder sozial", "digital oder offline", "national oder europäisch" zu überwinden. Um Ziele wie Armutsbekämpfung, eine weltoffene Europäische Union, digitale Teilhabe oder den Klimaschutz zu erreichen, gilt es, Themen und verschiedene Entscheidungsebenen kohärent und kontinuierlich in ihrer Komplexität zusammenzudenken - getreu des Mottos der Caritas-Kampagne #DasMachenWirGemeinsam.
Anmerkungen
1. Leitbild des Deutschen Caritasverbandes, III. Organisationsprofil, Nr.21. S. 13. Abrufbar unter www.caritas.de, Kurzlink: https://bit.ly/3CH4vGX
2. Siehe Kurzlink: https://bit.ly/307NB6q, S. 4.
3. Kurzlink zur europäischen Bürgerinitiative: https://bit.ly/3mXonQw
4. Definition "Subsidiarität", abrufbar unter: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/subsidiaritaet-44920
5. Satzung des Deutschen Caritasverbandes in der Fassung vom 16. Oktober 2018. Abrufbar unter: www.caritas.de/glossare/satzung-des-deutschen-caritasverbandes-e
6. Vgl. Vorstellung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW). Abrufbar unter: www.bagfw.de/ueber-uns/freie-wohlfahrtspflege-deutschland/subsidiaritaetsprinzip
7. Art. 3 Abs. 1 EUV; siehe Kurzlink Anmerkung 2.
8. Art. 2 EUV, ebd.
9. Vgl. zum Beispiel BAGFW-Stellungnahme zur Konsultation der Europäischen Kommission zur Stärkung des sozialen Europas vom 30. November 2020. Abrufbar unter Kurzlink: https://bit.ly/3nVGQMQ
10. Vgl. Hölscher, K.: Die Europäische Union - Geschichte, Struktur und Entwicklung. In: neue caritas Spezial: Caritas - für ein soziales Europa. Mai 2014, S. 29. Abrufbar unter: www.caritas.de/europa
11. Kersten, J.; Rixen, S.: Der Verfassungsstaat in der Corona-Krise. München: C.H. Beck, 2. Aufl. 2021, S. 5. Abrufbar unter: https://bit.ly/3q24sSx
12. Vgl. Richtlinienvorschlag der EU-Kommission vom 28. Oktober 2020 über angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union COM(2020) 682 final. Abrufbar unter Kurzlink: https://bit.ly/3H6bRX1
13. Vgl. DCV-Position "Für einen sozialen EU-Haushalt und gute Rahmenbedingungen sozialer Grundsicherungssysteme in Europa" vom 22. Oktober 2018. Abrufbar unter: www.caritas.de, direkter Kurzlink: https://bit.ly/3mILyhp
14. Vgl. Anforderungen des DCV zu den geplanten EU-Ratsschlussfolgerungen zu temporär mobilen, erwerbstätigen EU-Bürger(inne)n vom 28. September 2020. Abrufbar unter www.caritas.de, direkter Kurzlink: https://bit.ly/3wdhYUy
15. Vgl. Caritas Europa: Briefing paper "Conference on the Future of Europe", Juni 2021. Abrufbar unter: www.caritas.eu/conference-on-the-future-of-europe
16. Vgl. DCV-Impulspapier "Algorithmische Entscheidungssysteme im Digitalraum Europa" vom 16. November 2020. In: neue caritas Heft 20/2020, S. 35-36.
17. Vgl. Berliner Erklärung zur Digitalen Gesellschaft und wertebasierten digitalen Verwaltung vom 8. Dezember 2020. Abrufbar unter Kurzlink: https://bit.ly/3bCKLs4
18. Siehe dazu https://sdgs.un.org/goals
19. "Not sehen & handeln: #DasMachenWirGemeinsam - Sozialpolitisches Agendapapier 2021" des DCV. In: neue caritas Heft 22/2020, S. 27-33. Abrufbar unter: https://bit.ly/3q9Meyv
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