Flüchtlinge in Griechenland
In der vergangenen Woche besuchte ich das Flüchtlingslager Kara Tepe auf der griechischen Insel Lesbos. Dort leben 4300 Menschen, die Mehrheit aus Afghanistan, die zuvor im mittlerweile abgebrannten Lager Moria untergebracht waren. Moria war europaweit zum Symbol für eine unmenschliche Flüchtlingspolitik geworden. In Kara Tepe sollte nun alles besser werden, so die EU
Auf den ersten Blick erinnert dort vieles an Flüchtlingslager, die ich in den vergangenen Jahren weltweit besucht habe. Menschen kampieren in Zelten, die keinen Schutz vor der Hitze bieten, kochen vor ihrer Behausung auf offenem Feuer. Ein Anschluss an die Strom- und Wasserversorgung ist immer noch im Bau, chemische Toiletten reihen sich zu Dutzenden aneinander, was sich auch geruchsmäßig bemerkbar macht. Die Kinder im Lager haben nur eingeschränkten Zugang zu formaler Bildung.
Nicht wenige Flüchtlinge leben seit bis zu zwei Jahren unter diesen Bedingungen, die in ähnlichen Lagern in Afrika oder Asien leider "normal" sind. Aber in einem Land der Europäischen Union? Es drängt sich unweigerlich der Gedanke auf, dass auch das Nachfolgelager von Moria ein Zeichen der Abschreckung bleiben soll. Darüber kann eine durchaus verbesserte Gesundheitsversorgung ebenso wenig hinwegtäuschen wie der anhaltende Aufbau moderner Großzelte, bei dem offensichtlich bewusst auf komfortablere Wohncontainer verzichtet wird. Und rund 700 besonders schutzwürdige Flüchtlinge, vor allem Familien, die im benachbarten Ort Mytilini in Privatwohnungen untergekommen sind, müssen diese auf Entscheidung der griechischen Regierung im Oktober verlassen und in das Camp zurückkehren. Kinder und Jugendliche werden aus Schule und Lebensumwelt herausgerissen.
Die materielle Versorgung der Menschen in Kara Tepe ist sichergestellt, doch es fehlt an Perspektiven. Etliche Bewohner(innen) haben die mehrmalige Ablehnung ihres Asylantrags erlebt und keine Auskunft, was mit ihnen geschieht. Sollte die EU nun - wie geplant - auf Lesbos ein sogenanntes kontrolliertes Zentrum aufbauen, würde sich die Abschottung dieser geflüchteten Menschen noch erhöhen. Es deutet alles darauf hin, dass rechtsstaatliche Verfahren unter diesen Bedingungen auf den griechischen Inseln nicht gewährleistet werden können. Die bisherige Praxis hat gezeigt, dass effektiver Rechtsschutz für Schutzsuchende an den Grenzen nicht geleistet werden kann. Die Menschen mussten in der Vergangenheit im Schnitt zehn Monate auf ihre Anhörungen warten. Wenige Wochen sollten hier für ihre Registrierung und Identitätsklärung ausreichen. Zudem braucht es dringend EU-Mitgliedstaaten, die vorangehen und freiwillig mehr Menschen aufnehmen wollen.