Berufliche Betreuung: Nur kurzes Aufatmen
Endlich! Darauf haben die Betreuungsvereine so lange gewartet. Nachdem im Jahr 2017 ein vom Bundestag verabschiedeter Gesetzentwurf im Bundesrat nicht entschieden wurde, hat die Bundesregierung nun einen Gesetzentwurf zur Erhöhung der Betreuer- und Vormünder-Vergütung vorgelegt. Und diesmal sollen die Bundesländer im Vorfeld in die Beratungen einbezogen worden sein. Somit besteht Aussicht auf einen erfolgreichen Abschluss des Gesetzesvorhabens.
Können die Betreuungsvereine aufatmen? Jein!
Die gute Nachricht: Die beabsichtigte Vergütungserhöhung für alle Berufsbetreuer(innen) orientiert sich an den Tarifzahlungen von Betreuungsvereinen und basiert auf der Grundlage des TVÖD, S12, Entgeltstufe 4. Tariferhöhungen bis 2020/22 wurden dabei berücksichtigt. Das ist ein verbandspolitischer Erfolg! Die grundsätzlich sinnvolle Pauschalvergütung wurde weiter vereinfacht.
Dynamisierung der Vergütung fehlt
Die schlechte Nachricht: Es darf lediglich mit einer Erhöhung um 17 Prozent gerechnet werden. Das ist zu wenig. Auch die den monatlichen Fallpauschalen zugrunde gelegten Jahresarbeitsstunden, Sach- und Overhead-Kosten entsprechen nicht unseren Berechnungen. Darüber hinaus fehlt die seit Jahren geforderte Dynamisierung der Vergütung. Der Gesetzentwurf enthält lediglich eine festgelegte Evaluierung nach vier Jahren.
Die Verbände der freien Wohlfahrtspflege werden trotzdem zustimmen (müssen). Die Vereine benötigen mehr Geld – sofort. Andernfalls können sie sich an dem vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz begonnenen wichtigen interdisziplinären Diskussionsprozess „Selbstbestimmung und Qualität im Betreuungsrecht“ nicht mehr beteiligen. In diesem Prozess geht es um die qualitative Weiterentwicklung des Betreuungsrechts im Sinne der UN-Behindertenrechts-Konvention. Es geht um mehr Selbstbestimmung für betroffene Menschen, um mehr unterstützte Entscheidungsfindung statt ersetzender Entscheidung im Betreuungsrecht, um Rahmenbedingungen für alle, die das ermöglichen. Das kostet Geld. Somit ist das letzte Wort in Sachen Finanzierung – auch für die Betreuungsvereine – noch nicht gesprochen.
Also nur ein kurzes Aufatmen – und dann weiterarbeiten, Profil schärfen, Leistungsangebote verdeutlichen, Finanzierung unserer öffentlichen Aufgaben fordern.