Neue Transparenz-Standards von Caritas und Diakonie stärken Vertrauen
Anfang Januar 2019 haben die Diakonie Deutschland und der Deutsche Caritasverband ihre neuen Transparenz-Standards beschlossen. Diese beruhen auf einer umfassenden Überarbeitung der Standards aus dem Jahr 2010, in die viele Vertreter(innen) aus den verschiedenen verbandlichen Akteursgruppen einbezogen waren. Dabei gab es nochmals eine Verständigung darüber, warum die Mitgliedsorganisationen von Caritas und Diakonie sich transparent gegenüber der Öffentlichkeit zeigen sollten und welche Anforderungen dabei eine wesentliche Rolle spielen.
Bekräftigt wurde, dass Transparenz Teil des Selbstverständnisses von Caritas und Diakonie ist. In theologisch-ethischer Hinsicht ist es unser Auftrag, den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft mitzugestalten und so selbstlos wie wirkungsvoll Nächstenliebe zu praktizieren. Über den Umfang unserer Aktivitäten und die Bedingungen unseres Wirtschaftens wollen wir gerne Auskunft geben! Unsere Rede ist „ja“, wenn wir „ja“ meinen, und „nein“, wenn „nein“ (vgl. Mt 5,37). Dieses Bibelwort, traditionell mit der Tugend der Wahrhaftigkeit verbunden, können wir heute mit „Authentizität“ übersetzen.
Wer finanzielle Mittel bereitstellt, möchte wissen, dass sein Geld in den richtigen Händen ist und verantwortungsvoll eingesetzt wird. Das betrifft staatliche Geldgeber, Sozialversicherungs-Träger, Kirchen, zivilgesellschaftliche Organisationen, Kund(inn)en, weitere Zuwendungsgeber und Spender(innen) genauso wie Kreditinstitute. Transparenz ist ein Zeichen für Vertrauenswürdigkeit und signalisiert zugleich: Hier wird professionell gearbeitet. Auch (zukünftige) Mitarbeitende und Ehrenamtliche wissen das zu schätzen.
In der Öffentlichkeit, in Politik und Zivilgesellschaft wird heute sehr kritisch hinterfragt: Wofür werden Steuergelder eingesetzt? Welche Rolle spielen Kirchen und kirchliche Organisationen in unserem Land? Wie zeitgemäß sind die Strukturen des Sozialstaats und der freien Wohlfahrtspflege in Deutschland? Transparenz bekommt immer mehr Bedeutung – sie wird zur Voraussetzung für gesellschaftliche Legitimation („license to operate“).
Balance zwischen vielfältigen Anforderungen
Transparenz ist kein Selbstzweck, sondern dient der Information unterschiedlicher Anspruchsgruppen. Sie soll mit vertretbarem Aufwand ohne ein unnötiges Mehr an Bürokratie möglich sein. Sie muss sich auf das richtige Maß begrenzen, damit in der Fülle von Informationen nicht das Wesentliche verloren geht. Transparenzberichte sollen keine Missverständnisse bei ihren Leser(inne)n hervorrufen und die Wettbewerbsfähigkeit nicht gefährden.
Die zur Umsetzung für alle Mitglieder von Caritas und Diakonie empfohlenen Transparenzstandards wollen als Rahmen und Richtschnur dienen, wie dieser Balanceakt bewältigt werden kann, und eine Orientierung für die Umsetzung in der Praxis geben. Durch diese Standards können unsere Werte handlungsleitend wirksam werden. Zugleich sollen sie ein einheitliches Auftreten ermöglichen und ein Zeichen an Politik und Zivilgesellschaft senden. Sie tragen damit wesentlich zur Stärkung unserer Marke(n) bei.
Die wichtigsten Unterschiede zwischen der alten und der neuen Fassung: Die aktuelle Version konzentriert sich auf das Wesentliche. Es gibt keine zusätzlichen Kann-Module mehr. Sie wurde in enger Abstimmung mit den Basiskriterien der weithin anerkannten Initiative Transparente Zivilgesellschaft (ITZ) erarbeitet. Mit der Umsetzung der Transparenzstandards von Caritas und Diakonie sind im Grundsatz die Kriterien der ITZ erfüllt. Dies bedeutet, dass unsere Standards anschlussfähig sind an den aktuellen gesellschaftlichen Diskurs. Was geblieben ist: Die Standards sollen als Selbstverpflichtung wirksam werden. Transparenz ist freiwillig.
Vorteile der Umsetzung
Warum lohnt es sich für Mitgliedsorganisationen von Caritas und Diakonie, die Transparenzstandards umzusetzen?
- Die Anwendung dieser Standards schafft intern Klarheit über wichtige Eckdaten der eigenen Organisation. Sie dienen als Checkliste und zur Selbstvergewisserung und unterstützen die Öffentlichkeitsarbeit.
- Mit der als Neuerung empfohlenen Ankerseite „Transparenz“ auf der jeweiligen Website, die alle relevanten Daten und Fakten bündelt, besitzt Ihre Organisation eine aussagekräftige externe Visitenkarte. Damit stärkt sie ihr Profil gegenüber der Öffentlichkeit und gibt zugleich zu verstehen, dass sie sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst ist.
- Die Umsetzung der Transparenzstandards signalisiert gegenüber den Stakeholdern der eigenen Organisation, beispielsweise Geldgebern, Professionalität und Glaubwürdigkeit und schafft damit Vertrauen. Sie ist somit wichtiges Element einer Institutional Readiness – einer breiten unternehmensinternen Bereitschaftshaltung –, wenn es darum geht, die eigene Verhandlungsposition gegenüber Stakeholdern zu stärken oder neue Finanzquellen zu erschließen.
- Unter dem Stichwort Transparenz bietet sich die Möglichkeit, proaktiv über die Finanzierung und weitere Rahmenbedingungen sozialer Arbeit aufzuklären. So können Sie zum Beispiel auch auf bestehende Vorurteile gegenüber der Finanzierung dieser Ihrer Arbeit eingehen. Nutzen Sie die Gelegenheit, oft gestellte Fragen zu beantworten – zum Beispiel, was es heißt, gemeinnützig zu wirtschaften.
- Das Umsetzen der Transparenzstandards durch möglichst viele Organisationen der kirchlichen Wohlfahrt trägt wesentlich dazu bei, die wichtige Rolle der freien Wohlfahrtspflege für die Qualität und Stabilität des Sozialsystems in Deutschland zu untermauern.
Wir möchten alle Mitglieder unserer beiden Verbände sehr ermutigen, sich mit den Anforderungen der Standards auseinanderzusetzen, die Möglichkeit der Umsetzung zu prüfen und dabei den eigenen Gestaltungsspielraum zu nutzen.
Zudem setzen wir auf Erfahrungsaustausch: Wenn Sie Ihre Ankerseite für Transparenz umgesetzt haben, freuen wir uns über einen Hinweis darauf: Marianne Dehne, E-Mail: marianne.dehne@diakonie.de und Christopher Bangert, E-Mail: christopher.bangert@caritas.de stehen für den Fachaustausch zur Verfügung.
Transparenz-Anforderungen von Caritas und Diakonie im Überblick
Strukturen
1. Basisdaten: a.) Name, Sitz, Anschrift, Gründungsjahr; b.) Vollständige Satzung oder Gesellschaftsvertrag und Organisationsziele; c. Rechtsform, Eintragungs-/Aufsichtsbehörde und Ort, gegebenenfalls Registernummer; d.) Angaben zur Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft durch das Finanzamt.
2. Organisationsstruktur und Beteiligungen: a.) Organisationsstruktur; b.) Gesellschaftsrechtliche Verbundenheit mit Dritten und Mitgliedschaftsverhältnisse; c.) Angaben zu den Organen des Rechtsträgers und zu den Organmitgliedern.
3. Personalstruktur, aufgeschlüsselt nach: Geschlecht sowie Vollzeit/Teilzeit/geringfügig Beschäftigte, Freiwillige, Honorarkräfte (Angaben zu Ehrenamtlichen soweit möglich/vorhanden).
Finanzen
4. Wirtschaftsdaten und wirtschaftliche Lage: a.) Bilanz (beziehungsweise Vermögensübersicht); b.) Gewinn- und Verlustrechnung (beziehungsweise Einnahmen-Ausgaben-Rechnung);
c.) Erläuterungen zur wirtschaftlichen Lage (beziehungsweise Kurzerläuterung der wirtschaftlichen Lage).
5. Spenden und bedeutende Finanzgeber: a.) Höhe und Struktur der Spendeneinnahmen (Mittelherkunft) und Mittelverwendung nach Förderbereichen (in aggregierter Form); b.) Namen von juristischen Personen sowie Angaben zu natürlichen Personen (gegebenenfalls ohne Namensnennung), deren jährliche Zahlungen mehr als zehn Prozent des Gesamtjahresbudgets ausmachen.
6. Testat/Prüfmaßnahmen: Angaben zum Testat des Wirtschaftsprüfers/der Wirtschaftsprüferin oder Prüfungsmaßnahmen anderer Institutionen wie vereidigter Buchprüfer, Steuerberater oder Kassenprüfer.
Leistungen
7. Leistungsprofil und Leistungsangebot;
8. Tätigkeitsbericht über das abgelaufene Geschäftsjahr;
9. Qualität und Wirksamkeit: Angaben zur Qualität der angebotenen Leistungen (zum Beispiel zugrunde liegende fachliche Qualitätsstandards und Ansätze zur Überprüfung der Wirksamkeit der Leistungen).
Statement 1 zu diesem Beitrag: Transparenz ist nicht Kür, sondern Pflicht!
Transparenz muss heute in der freien Wohlfahrtspflege oberstes Gebot sein. Transparenz ist die einzig richtige Antwort auf Vorurteile, denen die Wohlfahrtspflege oft ausgesetzt ist. Verbände oder Träger, die nicht transparent sind, schaden der freien Wohlfahrtspflege insgesamt. Auf der Bundesebene treiben Caritas und Diakonie seit vielen Jahren Transparenz-Bestrebungen voran. In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass die Caritas-Diakonie-Transparenzstandards noch zu wenig Wirkung zeigen. Sie waren vielleicht für manche zu komplex.
Deshalb ist es gut, dass die Soll-Standards jetzt an die Kriterien der Initiative Transparente Zivilgesellschaft (ITZ) angepasst wurden. Diese Soll-Standards sollten aber noch offensiver empfehlen, dass jede caritative oder diakonische Organisation das ITZ-Logo beantragt. Dies ist auch für kleine Vereine möglich. Bei Behörden, Ministerien und Kooperationspartnern ist es inzwischen der allgemein anerkannte Transparenzstandard. Sicherlich wird die ITZ irgendwann in vielen Bundesländern verpflichtend – genauso wie Transparenz-Datenbanken.
Die ITZ-Kriterien sind der richtige Anfang. Jede Organisation sollte aber im Hinblick auf eigene Transparenz-Bestrebungen darüber hinausgehen. Es geht auch um Glaubwürdigkeit nach außen und innen. In der schwierigen Debatte um Transparenz in der freien Wohlfahrtspflege in Mecklenburg-Vorpommern konnten wir mit unseren langjährigen umfangreichen Transparenzmaßnahmen überzeugen, die deutlich über die ITZ-Anforderungen hinausgehen. Auf unsere Initiative haben sich inzwischen alle dortigen Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege der ITZ angeschlossen – ein erster überfälliger Schritt, um Vertrauen wiederherzustellen. Transparenz sollte nicht erst von außen verordnet werden.
Auch die Veröffentlichung von Gehältern auf der Leitungsebene schafft Klarheit. Eine für alle einsehbare Darstellung der Mittelverwendung ist heute ein Muss. Wünschenswert wäre auch, das sehr geschätzte und umfassende DZI-Spendensiegel zu einem Transparenz-Siegel weiterzuentwickeln, das auch für Trägerorganisationen mit einem geringeren Spendenvolumen geeignet ist).
Prof. Dr. Ulrike Kostka
Diözesan-Caritasdirektorin / Vorstandsvorsitzende beim Diözesan-Caritasverband Berlin
E-Mail: u.kostka@caritas-berlin.de
Statement 2: Ein großer Schritt in die richtige Richtung
Wir begrüßen die Entwicklung der neuen Transparenzstandards
und freuen uns, dass die beiden großen Kirchen dabeibleiben,
ihre eigenen Standards auch im Bereich der Transparenz
zu setzen. Unsere Fördermittelgeber, Spender und die interessierte Öffentlichkeit
wollen unsere Leistungen und die dafür eingesetzten
und erwirtschafteten Mittel zunehmend besser verstehen. Sie
erwarten selbstverständlich Transparenz. Auch deshalb ist die
Stephanus-Stiftung schon seit vielen Jahren Unterzeichnerin der
Initiative Transparente Zivilgesellschaft (ITZ). Zudem sind wir
nach dem Evangelischen Corporate Governance Kodex verpflichtet,
die kirchlichen Transparenzstandards anzuwenden.
Insofern freuen wir uns, dass sich die Verantwortlichen für die Transparenzstandards von Caritas und Diakonie entschlossen haben, ihren Standard an die Ideen der ITZ heranzuführen und die Anforderungen ein wenig zu reduzieren. War es in der Vergangenheit erforderlich, die unterschiedlichen Anforderungen beider Standards aufwendig zu berücksichtigen, so können wir nun „zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen“. Dies erspart uns viel Arbeit beim Erstellen und Aktualisieren der Informationen für die Nutzer(innen). Diese Vereinheitlichung führt dazu, dass wir uns bei den Transparenzangaben auf das Wesentliche konzentrieren und die Nutzer(innen) schneller und aktueller informieren können – eine echte Win-win-Situation.
Auch nach der Aktualisierung bleibt es dabei: Transparenz verursacht Aufwand. Jetzt ist er aber überschaubarer.
Roland Heller
Leiter Compliance und Recht bei der Stephanus-Stiftung Berlin
E-Mail: roland.heller@stephanus.org
Berufliche Betreuung: Nur kurzes Aufatmen
Suchthilfe besser vernetzen
Welche Funktion und welches Potenzial hat Suchtberatung?
Menschenwürde ist nicht zu relativieren
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