An der Praxis vorbei
Beschlossen und verkündet: So konnte man vor einigen Wochen der Presse entnehmen, dass die Pflegepersonaluntergrenzenverordnung (PpUGV) vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ab 2019 in Teilbereichen umgesetzt wird. Als Teilnehmer der Verhandlungen zwischen dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) muss man leider eingestehen, dass es in den vielen Monaten intensivster Verhandlungen bis zuletzt nicht gelungen ist, eine für alle Seiten tragfähige Lösung zu finden. Unzählige Hinweise aus der Praxis fanden bei der GKV und letztlich beim BMG kein Gehör.
Die nunmehr vorliegende Verordnung trägt der Realität in den deutschen Krankenhäusern nicht Rechnung. Unbeachtet bleiben die unterschiedlichen räumlichen Bedingungen, die interdisziplinären Bettenbelegungen auf Station, der unterschiedliche Pflegeaufwand der Patienten, Personalschwankungen, wenn zum Beispiel im Frühjahr oder Herbst Schüler(innen) aus den Krankenpflegeschulen in zum Teil höherer Zahl eingestellt werden, Urlaubsspitzen, bereits auf andere Berufsgruppen verlagerte Aufgaben und vieles mehr.
Die Verordnung dient so nicht der Qualitätsverbesserung, sondern führt dazu, dass sich die Patientenversorgung einschränken wird. So bereits geschehen bei der Versorgung in der Neonatologie. Inzwischen ist es keine Seltenheit mehr, dass Betten wegen der Vorgaben einer 1 : 1-Besetzung geschlossen werden müssen. Für die Intensivstationen muss mit Gleichem gerechnet werden. Welcher Geschäftsführer setzt sich einem möglichen Organisationsverschulden aus? Der Initiative der DKG ist hier zu verdanken, dass die vorgesehene Vorgabe einer 1 : 2-Besetzung auf eine zunächst 1 : 2,5-Besetzung tagsüber erhöht wurde.
Nicht immer nur die negativen ­Seiten der Pflege aufzählen
Doch Schwarzsehen führt nicht weiter. Wir müssen daher nach vorne schauen und versuchen, erforderliche Nachbesserungen bei der PpUGV zu erreichen. Die PpUGV für alle Stationen des Krankenhauses folgt 2020! Aus meiner Sicht muss es uns gelingen, ein geeignetes Personalbemessungsinstrument als Grundlage zu bekommen. Warum nicht eine aktualisierte Pflegepersonal-Regelung (PPR) mit entsprechender Refinanzierung?
Am wichtigsten aus meiner Sicht ist jedoch: Wir müssen aufhören, immer nur die negativen Seiten des Pflegedienstes aufzuzählen. Nutzen wir vielmehr jede Gelegenheit, die vielen positiven Seiten und Entwicklungsmöglichkeiten in der Pflege zu benennen. Nur so kann es uns gelingen, das notwendige Personal zu finden. Kreativität ist auch bei den Arbeitszeitmodellen gefragt. Flex-Dienste, Springerdienste, Familie und Beruf seien hier nur beispielhaft genannt.