„Wir treffen Jugendliche im Netz“
Bei Streetwork denkt man an den direkten Kontakt von Sozialarbeiter:in und Klient:in im öffentlichen Raum. Was ist Digital Streetwork?
Für uns ist der öffentliche Raum nicht der Bahnhofsvorplatz oder der Stadtpark, sondern Social-Media-Plattformen. Wir sind da, wo die jungen Menschen sind, wo sie ihre Freizeit verbringen und Kontakte haben. Wir sind im öffentlichen Bereich des Internets auf Plattformen wie beispielsweise Discord, Twitch, Jodel, Youtube oder Instagram unterwegs. Unsere Zielgruppe sind Jugendliche von 14 bis 27 Jahren. Wir sind ein offener Jugendtreff - nur im Netz. Das Angebot ist kostenlos. Digital Streetwork ist eine neue Form der aufsuchenden Jugendsozialarbeit, um Jugendliche in ihrer digitalen Lebenswelt zu erreichen.
Wie nehmen Sie Kontakt mit den Jugendlichen auf und treffen Sie diese auch analog?
Wir sind aufsuchend tätig und machen auf den verschiedenen Kanälen auf unser Beratungsangebot aufmerksam. Wir schreiben zu Themen, die junge Menschen beschäftigen. Wir bieten Workshops und Spieleabende an. Freizeitgestaltung darf ja Spaß machen. Gaming ist ein guter Türöffner wie der Billardtisch im Jugendzentrum. Wenn ich dann lese, dass ein Jugendlicher im Chat schreibt: "Mir geht es nicht gut, ich habe das ganze Wochenende nur gezockt, ich habe keine Freunde", dann schreiben wir den an und fragen: "Hallo, hier sind wir, wir können dir helfen." Dann kann er antworten oder auch nicht. Unser Angebot muss freiwillig vom Gegenüber angenommen werden. Wir arbeiten in der Regel digital bis auf wenige Ausnahmen.
Wie wird Ihr Angebot angenommen?
Zu Beginn waren unsere Bedenken: Haben die Jugendlichen überhaupt Bock auf digitale Sozialarbeit? Diese Zweifel haben sich schnell zerschlagen. Die Reaktionen sind sehr positiv. Wir werden von Jugendlichen sogar weiterempfohlen. Unsere Kontakte reichen von wenigen kurzen Meetings bis zu längerer Begleitung über mehrere Monate hinweg. Es gibt uns seit September 2021. Bis Ende 2022 haben wir über 1200 Beratungsgespräche geführt. Tendenz steigend. Wir sind bis zu 14 Streetworker:innen bayernweit. Was mich am meisten erschüttert, ist, wie viele Jugendliche psychische Probleme haben, sich einsam fühlen. Aber wir sind kein Kriseninterventionsdienst und nicht 24 Stunden on. Wir helfen, wenn es um lebenspraktische Dinge oder Rechtsfragen geht: Wie schreibe ich eine Bewerbung? Wie fülle ich ein Formular vom Amt aus? Wie kläre ich den Stress mit dem Freund oder der Freundin? Wenn es aber um Probleme wie Suizidalität oder Suchterkrankungen geht, versuchen wir an die entsprechenden Dienste weiterzuvermitteln, mit denen wir eng vernetzt sind. Wir haben auch eine Kooperation mit der [U25]-Suizidpräventionsberatung der Caritas.
Wer finanziert Ihre Arbeit?
Das Projekt Digital Streetwork ist Bestandteil des Bayerischen Aktionsplans Jugend. Die bayerische Landesregierung hat das in der Bundesrepublik einzigartige Pilotprojet während der Coronapandemie auf den Weg gebracht. Träger ist der Bayerische Jugendring. Ursprünglich wäre das Projekt am 31. Dezember 2022 ausgelaufen, jetzt haben wir eine Anschlussfinanzierung.
Wie arbeiten Sie?
Wir arbeiten anonymisiert, nach den Regeln der Datensparsamkeit und unterliegen natürlich auch der Schweigepflicht. Vorrangig ist das Angebot an Jugendliche aus Bayern gerichtet, aber das Internet macht ja nicht vor den Landesgrenzen des Freistaates halt. Wenn ein Jugendlicher unsere Hilfe sucht, wissen wir nicht immer, woher er kommt. Wir sind für ihn da und fragen nicht, wo er wohnt. Es wäre wünschenswert, in ganz Deutschland länderübergreifend ein Angebot "Digital Streetwork" als festen Bestandteil der Jugendarbeit zu etablieren. Digitale Lebenswelten haben für junge Menschen eine große Bedeutung, und Jugendarbeit und -sozialarbeit müssen darauf Antworten finden. Hier ist auch die Politik gefragt, entsprechende Strukturen zu ermöglichen. Wichtig ist, dass wir immer mit unserem Namen und unserem Label "Digital Streetwork Bayern" erkennbar sind. Wir verlinken immer auf unsere Homepage. Wir sind niemals undercover und anonym im Netz. So schaffen wir Transparenz.
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