Mensch oder Maschine als Übersetzer?
Künstliche Intelligenz (KI) ist derzeit ein intensiv diskutiertes Thema. In der Auseinandersetzung mit dem Chatbot ChatGPT wird für viele Menschen erfahrbar, zu welchen Leistungen Maschinen in der Lage sind, aber auch, an welche Grenzen sie stoßen. Deutlich wird dabei einmal mehr, dass - wie bei allen Technologien, so auch bei Künstlicher Intelligenz - entscheidend ist, zu welchem Zweck sie benutzt werden. So stellt sich auch die Frage, ob der Einsatz von KI an der Schule verboten werden soll oder Lehrer:innen ihre Schüler:innen zu einem adäquaten Umgang damit befähigen sollen.
Für Fachkräfte in der sozialen Arbeit ist diese Frage bereits beantwortet. Hier geht es um den passenden Einsatz von KI. Und Kommunikation ist in diesem Zusammenhang essenziell. Für Fachkräfte ist Sprache in aller Regel das Kommunikationsmedium, um ihrem professionellen Auftrag nachkommen zu können. Zunehmende globale Fluchtbewegungen sind mit dafür verantwortlich, dass in vielen Arbeitsfeldern oft Sprachbarrieren vorhanden sind, die überwunden werden müssen.
Tests in mehreren Bereichen
Diese drei Aspekte - technischer Fortschritt, Sprache als Grundlage für Hilfe und zunehmende Sprachbarrieren - waren Ausgangspunkt für ein Projekt des Sozialdienstes katholischer Frauen Freiburg (SkF Freiburg). Unterstützt durch Mittel aus der Caritas-Sammlung im Auftrag des Caritasverbandes für die Erzdiözese Freiburg konnten für die drei Standorte des SkF in Freiburg technisch aktuelle Übersetzungsgeräte, die optisch einem Smartphone ähneln, angeschafft und in unterschiedlichen Arbeitsfeldern getestet werden (unter anderem stationäre Jugendhilfe, Inobhutnahme, Mutter-Kind-Wohnen, Schwangerschaftsberatung, Sozialpädagogische Familienhilfe, Frühe Hilfen).
Die Kommunikation verändert sich
Damit die Geräte überhaupt sinnvoll sind, müssen sie eingesetzt werden. Das klingt zunächst banal, wäre jedoch nur in solchen Organisationen nicht der Rede wert, die vollkommen durch eine technische Rationalität bestimmt sind, also ohne Menschen auskommen - was im Moment bei allen Fortschritten der KI noch weit entfernt scheint. Gemeint ist, dass das Vorhandensein von Übersetzungsgeräten nur ein erster Schritt ist. Die Fachkräfte müssen davon wissen, sie müssen daran denken, wenn ein Einsatz hilfreich sein könnte, und sie müssen damit umgehen können. Das Gerät sollte verfügbar und der Akku geladen sein. Diese Voraussetzungen wurden an den einzelnen Standorten in unterschiedlicher Weise erfüllt.
Eine von allen Beteiligten geschilderte Erfahrung ist, dass durch die Geräte eine völlig andere Kommunikationssituation entsteht. Das ist nicht überraschend, aber von einiger Tragweite. Die Konstellation ähnelt in gewisser Hinsicht der, dass eine übersetzende Person anwesend ist, allerdings mit wichtigen Unterschieden: Die Übersetzungsgeräte können nicht denken, sondern lediglich übersetzen. Das verweist darauf, dass übersetzende Personen in der Lage sind, das zu Übersetzende eigenständig mit Kontextinformationen anzureichern. Das ist meistens hilfreich, aber keine wortgetreue Übersetzung mehr und öffnet den Raum für eigene Interpretationen bis hin zum Verfolgen einer eigenen Agenda, von der die Fachkraft nichts mitbekommt. Der Vorteil des Denkens der:des Übersetzenden ist, dass nicht nur Worte, sondern auch die Bedeutung und damit der Sinn mit übersetzt werden. Ein Gerät übersetzt auch sinnlose Sätze. Eine übersetzende Person muss zunächst verstanden haben, um was es geht, und kann im Zweifel auch nachfragen.
Während die Dreierkonstellation mit einer:einem Übersetzenden der gewohnten Gesprächskonstellationen noch näher kommt (drei Personen sprechen in zwei unterschiedlichen Sprachen miteinander) erzeugt ein Übersetzungsgerät eine Situation, in der zwei Personen anwesend sind, aber nicht miteinander, sondern jeweils mit einem Gerät kommunizieren. Diese Situation wurde von den Fachkräften als sehr ungewohnt und tendenziell unangenehm bezeichnet. Das führte dazu, dass - wo immer es möglich war - der zwar ungenauere, aber unmittelbarere Kommunikationsweg einer für beide Parteien fremden Sprache genutzt wurde, häufig war das Englisch. In Fällen, in denen es neben der Notwendigkeit der Verständigung auch einen pädagogischen Auftrag gab, Deutschkenntnisse zu vermitteln, wurden die Geräte nur begrenzt eingesetzt. Das war vor allem bei Kindern der Fall. Die unmittelbare Kommunikation auf Englisch eröffnet, wenn auch in eingeschränkter Weise, weil eine fremde Sprache nutzend, etwas, das in der Kommunikation mittels Geräten vollständig wegfällt: Intonation. Die Betonung einzelner Wörter kann das Gerät nicht erkennen und zuordnen. Die Fachkräfte berichten, dass sie sich deshalb eine Art Maschinensprache zu eigen machten. Ob das der besseren Verständigung zwischen Mensch und Gerät diente oder eine Anpassung an die limitierten Möglichkeiten des Gerätes war, wurde nicht weiter erörtert.
Abwägen, wo Geräte sinnvoll sind
Trotz dieser Einschränkungen zeigt sich, dass es sinnvolle Einsatzbereiche für diese Technologie gibt. Manche Fachkraft mag bei der Abfrage eines möglichen Bedarfs im Zuge eines Projektantrags an etwas gedacht haben wie den Babelfisch aus Douglas Adams Roman "Per Anhalter durch die Galaxis". Dabei handelt es sich um ein kleines ins Ohr eingefügtes Tier, das alle Sprachen des Universums übersetzt. Dass Sprache und Verständigung zusammenhängen, aber nicht gleichgesetzt werden können, das soll der Erfahrungsbericht veranschaulichen. Im Ergebnis führte das im Projekt dazu, dass die Übersetzungsgeräte dort sinnvoll eingesetzt werden konnten und können, wo einzelne Sätze, Wörter oder Textpassagen möglichst präzise übersetzt werden müssen - eingebettet in die Verständigung von Mensch zu Mensch.
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