Tschad: Hilfe zur Selbsthilfe in Zeiten der Klimakrise
Die Republik Tschad in Zentralafrika ist eines der ärmsten Länder weltweit. Besonders die Region am Tschadsee leidet unter der Klimakrise. Zum einen ist der Tschadsee, die wichtigste Wasserquelle, in den letzten Jahrzehnten massiv geschrumpft. Zum anderen gibt es verstärkt lange Dürren und kurze heftige Regenfälle mit Überschwemmungen. Sie zerstören die Ernten und schaden langfristig dem Boden. Die Sonne trocknet den Boden aus und die heftigen Regenfälle schwemmen die obere, fruchtbare Bodenschicht weg. Zurück bleiben Wüstensand und Staub, die auf die umliegenden Felder geweht werden. Viele Bauern nutzen Polder, ausgetrocknete Seitenarme des Tschadsees, um unter anderem Mais, Zwiebeln und Weizen anzubauen. In diesen Bereichen gibt es noch guten und feuchten Boden. Aber auch die Polder sind vom Wüstensand bedroht. Dono Ndimadjita von der Caritas Tschad schätzt: "Wenn wir nichts tun, dann sind die Flächen in den Poldern nach fünf bis maximal zehn Jahren ebenfalls von Sand bedeckt!"
Schon heute haben 5,3 Millionen Menschen, also ein Drittel der Bevölkerung des Tschad, nicht genug zu essen. Gleichzeitig sind über zwei Millionen Vertriebene in die Dörfer am Tschadsee gekommen. Sie haben vorher auf den Inseln im See gelebt. Einige sind geflohen, weil ihre Heimat bei den heftigen Regenfällen überschwemmt wurde. Andere haben sich vor der Terrorgruppe Boko Haram in Sicherheit gebracht, die von den Inseln aus ihre Überfälle ausführt.
Die örtliche Caritas unterstützt die einheimische Bevölkerung und die Vertriebenen dabei, trotz der schwierigen Umstände längerfristig Lebensmittel zu produzieren und Geld zu verdienen. Das stärkt die Resilienz der Menschen und beugt Konflikten vor. Außerdem begegnet man auf lokaler Ebene den Folgen der Klimakrise. Dazu unterstützt die Caritas Tschad gemeinsam mit Caritas international (Ci) die Menschen bei grundlegenden Themen wie Landwirtschaft, Fischerei, Viehzucht oder dem Aufbau von Kleingewerbe.
Um die Versorgung zu sichern, hilft die Caritas Landwirten, ihre Felder effektiv und nachhaltig zu bewirtschaften. Die lokalen Mitarbeitenden der Caritas Tschad geben Saatgut und Werkzeuge wie Schaufeln und Schubkarren aus. Gleichzeitig schulen sie die Menschen, wie sie beim Gemüseanbau die Böden schonen und Wasser sparen können. Besonders Bewässerung ist ein wichtiges Thema, weil die Regenzeiten seit einigen Jahren viel zu kurz sind. Früher gruben die Bauern per Hand ein Loch in den Boden, um an Wasser zu gelangen. Das 2,5 Meter tiefe Loch war nur mit Ästen gegen Einsturz gesichert. Die Caritas hat nun ein Brunnenloch gebohrt und eine Wasserpumpe angeschafft, damit die Landwirte sicherer und langfristiger an Wasser kommen.
Felder nachhaltig bewirtschaften
Damit die Ernte lange genutzt werden kann, gibt es auch neue Getreidespeicher. Hier können die Dorfbewohner:innen ihre Ernte einlagern, bis sie sie verkaufen oder selbst verzehren. Gleichzeitig liegt dort auch ein Notvorrat an Mais. Dieser ist für Familien gedacht, die eine schlechte Ernte hatten und sich kein Essen kaufen können. In dem Fall entscheidet ein Komitee aus Dorfbewohner:innen, das vom Dorf selbst gewählt wurde, wer den Notvorrat erhält. Den geliehenen Mais ersetzt die Familie dann nach der nächsten Ernte.
Bäume bieten Schutz vor dem Sand
Die Caritas unterstützt die Bauern außerdem dabei, ihre Felder vor dem Wüstensand zu schützen. Dafür werden neue Bäume gepflanzt. Die Blätter schirmen den Boden vor der Sonne ab, die Wurzeln verhindern, dass der nährstoffreiche Boden weggeschwemmt wird. Die Caritas gibt Samen aus und schult die Menschen, wie sie die Setzlinge ziehen, anpflanzen und pflegen können. In Zukunft sollen die Bäume über viele Hundert Meter eine Barriere zwischen den fruchtbaren Feldern und dem Wüstensand bilden.
Seit die Caritas Tschad und Ci 2018 mit dem gemeinsamen Projekt begonnen haben, haben sich die Erträge der Bauern deutlich erhöht. Damit haben die Familien mehr zu essen und können mit dem Verkauf von Gemüse andere Lebensmittel, Kleidung und Schulgeld für ihre Kinder bezahlen.
Viehzucht als Einkommensquelle
Neben der Landwirtschaft sind Viehzucht und Fischerei wichtige Wirtschaftszweige. Hier unterstützt die Caritas besonders Familien, die bei ihrer Flucht alles verloren haben. Sie bekommen eine kleine Ziegenherde und werden in der Viehzucht geschult. Zu diesen Familien gehören Mariam Adam und Youssuf Abdoulai. Sie bekamen anfangs zehn Ziegen. Heute haben sie ihre Herde verdoppelt. Die Ziegenmilch ist besonders für ihre Kinder ein wichtiges Nahrungsmittel. Außerdem können sie hin und wieder eine Ziege verkaufen, um zusätzliches Geld zu verdienen. Mittlerweile pachten sie eigene Felder, um die sich Tagelöhner:innen kümmern. So bekommen sie Gemüse, das sie selbst essen oder verkaufen können.
Frauen werden Unternehmerinnen
Die Caritas unterstützt auch gezielt bedürftige Frauen, selbst Geld zu verdienen. Sie können zum Beispiel Kleinvieh züchten, mit Fisch handeln sowie Säfte oder andere Lebensmittel herstellen und verkaufen. Sie bekommen Schulungen in Betriebswirtschaft und ein Startkapital, um ihre Projekte umzusetzen. Die Caritas begleitet sie beim Aufbau ihres Unternehmens und bespricht mit ihnen, wie die Geschäfte laufen und wie sie weiter vorgehen wollen. Eine dieser Frauen ist Hawa Tchouloum Adam. Früher hat ihr Ehemann am Tschadsee Waren an die vielen Händler und Reisenden verkauft. Aufgrund der Angriffe durch Boko Haram wurden die Grenzen und Wasserwege 2015 jedoch geschlossen. Die Reiseroute blieb ungenutzt, das Geschäft von Hawas Mann brach zusammen und die Familie verlor ihr gesamtes Einkommen. Durch das Caritas-Projekt und ihren eigenen Unternehmergeist hat Hawa sich einen kleinen Laden aufgebaut. Anfangs kaufte sie auf dem Markt günstig Öl, Zucker und Seife ein, die sie an die Dorfbevölkerung weiterverkaufte. Durch geschicktes Wirtschaften konnte sie ihr Angebot jedoch ausbauen und handelt heute auch mit selbst gemachter Erdnusspaste, Parfüm und Duftgläsern. Mit den Einnahmen konnte sie bereits ein Kind auf die weiterführende Schule schicken. Für ihre drei jüngsten Kinder spart sie ebenfalls Geld, damit sie später die weiterführende Schule besuchen können.
54.000 Menschen profitieren
Diese und weitere Maßnahmen sind Teil eines Projekts, das die Caritas Tschad und Ci von 2018 bis 2022 in der Region Lac durchgeführt haben. Ein Folgeantrag wurde bereits gestellt, so dass das Projekt hoffentlich bis 2026 weitergehen kann. Die genannten Aktionen finden jeweils in mehreren Dörfern am Tschadsee statt, teilweise auch mehrere Maßnahmen in einem Dorf. Am Projekt nehmen etwa 18.900 Dorfbewohner:innen und Vertriebene teil. Da sie die Wirtschaft ankurbeln und mehr Lebensmittel in Umlauf bringen, profitieren insgesamt etwa 54.000 Personen von dem Caritas-Projekt.
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