Entgelte in der Altenpflege holen auf
Verdienen Sie als Altenpfleger(in) oder Helfer(in) mehr als 3032 Euro (2146 Euro) brutto im Monat? Dann liegt Ihr Entgelt über dem Median Ihrer Berufsgruppe in Deutschland. Laut den aktuellen Ergebnissen des Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit hatte im Jahr 2019 die Hälfte der Altenpfleger(innen) und Helfer(innen) einen höheren und die andere Hälfte einen niedrigeren Betrag auf der Gehaltsabrechnung stehen.
Basis für den Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit1 sind die Meldedaten der Sozialversicherung, also sämtliche sozialversicherungspflichtigen Entgelte, die ein Vollzeitbeschäftigter in einem bestimmten Kalenderjahr erhalten hat. Dies beinhaltet daher auch Zulagen, Einmalzahlungen sowie Zuschläge, die der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Der Entgeltatlas eignet sich deshalb für Vergütungsvergleiche zwischen verschiedenen Berufen sowie für den Vergleich der Vergütung einer bestimmten Berufsgruppe in verschiedenen Regionen. Für den Bereich der Altenhilfe ("Berufe in der Altenpflege ohne Spezialisierung") können aus dem Entgeltatlas die Vergütungen für examinierte Fachkräfte ("fachlich ausgerichtete Tätigkeiten") und für Helfer(innen) ("Helfer-/Anlerntätigkeiten") entnommen werden.2
Altenhilfe holt Jahr für Jahr auf
Die neuen Zahlen des Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit zeigen, dass die Steigerungsraten der Medianentgelte von 2018 auf 2019 in der Altenhilfe durchgehend deutlich höher ausgefallen sind als bei allen im Entgeltatlas erfassten Beschäftigten. Dies gilt auch, wenn man die unterschiedlichen Tätigkeitsfelder "Helfer(in)" und "Fachkraft" betrachtet. Damit hat sich die dynamische Entwicklung der Entgelte in der Altenhilfe insgesamt fortgesetzt. Der Abstand der Entgelte zwischen Caritas und anderen Arbeitgebern nimmt damit weiterhin etwas ab. In der Tabelle werden die prozentualen Steigerungen von 2018 auf 2019 im Vergleich dargestellt.
Das Medianentgelt für Fachkräfte und Helfer(innen) aus allen Bereichen ist lediglich um 2,88 (3,32) Prozent gestiegen, wohingegen Fachkräfte und Helfer(innen) in der Altenhilfe von einer Steigerung um 5,39 (5,14) Prozent profitieren. Über alle Branchen ist das Medianentgelt sogar nur um 2,94 Prozent gestiegen. Noch deutlicher fallen die Unterschiede in Ostdeutschland aus, wo auch die Steigerungsraten insgesamt deutlich höher liegen. Die Steigerung für Helfer(innen) in der Altenhilfe in Ostdeutschland fällt mit 6,18 Prozent sogar stärker aus als die Steigerung des Pflegemindestlohns im Osten in Höhe von 5,79 Prozent. Hier zeigt sich, dass die Festsetzung von Mindestlöhnen durch die Pflegekommission ihre Wirkung entfaltet hat.
Starke regionale Entgelt-Differenzierungen
"Sag’ mir, wo du wohnst, und ich sage dir, was du verdienst …" Vergleicht man Städte ab 500.000 Einwohnern, ergibt sich eine interessante Differenzierung: Stehen die südlichen Ballungszentren München mit 3488 Euro und Stuttgart mit 3485 Euro bei der Fachkräfteentlohnung an der Spitze3, zeigt sich Essen mit 2585 Euro und Köln mit 2540 Euro bei den Helfer(inne)n ganz oben. Die Entgelte im Osten des Landes sind bei einem Vergleich mit Westdeutschland durchgehend geringer. Am wenigsten verdienten Vollzeitarbeitnehmer in Görlitz mit einem Medianentgelt von 2380 Euro. Diese wenigen Beispiele zeigen auf, dass Entgeltunterschiede maßgeblich davon beeinflusst werden, in welcher Region man arbeitet. Die AVR-Caritas kennt im Unterschied dazu derartige (urbane) Differenzierungen nicht.
Nicht in den AVR-Caritas, aber ansonsten ist der sogenannte Gender Pay Gap, also die Lohndifferenz zwischen Männern und Frauen, nach wie vor vorhanden. Auffällig ist, dass der Verdienstunterschied besonders in "Gutverdiener"-Regionen meist größer ist als in den Ostregionen. Dort erhalten Männer und Frauen für ihre Vollzeittätigkeit ähnliche Entgelte.
Die Zahlen des Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit zeigen im Vorjahresvergleich außerdem, dass die Entgelte in der Altenpflege im letzten Jahr deutlich stärker gestiegen sind als in der gesamten Wirtschaft. Es ist davon auszugehen, dass sich der Fachkräftemangel beziehungsweise der Wettbewerb um Köpfe inzwischen auf die Entgelte auswirkt. Doch nicht nur das: Insbesondere in Ostdeutschland sind die Entgelte im Vorjahresvergleich prozentual angestiegen. Diese Entwicklung zeigt deutlich, dass sich die Ergebnisse der Pflegekommission auch auf die Medianentgelte und deren Entwicklung positiv auswirken.
Durch die seit 2010 festgesetzten Mindestarbeitsbedingungen in der Pflegebranche wurden die durchschnittlichen Entgelte der Pflegehelfer(innen) kontinuierlich nach unten abgesichert und überproportional zu den Tarifentgelten erhöht. Die Wirkung bleibt jedoch nicht bei den Pflegehelfer(inne) n stehen: Damit sich Ausbildung und Verantwortung weiterhin lohnen, verschiebt sich das gesamte Lohngefüge nach oben, wie die dynamische Entwicklung der Medianentgelte in der Altenhilfe zeigt. Ein Zwischenfazit kann hier gezogen werden: Es ist und bleibt wichtig, trotz des gesetzlichen Mindestlohnes einen spezifischen Mindestlohn für die Pflegebranche festzulegen. Dadurch wird insbesondere für Helfer(innen) die Lücke zum Medianeinkommen aller Beschäftigten (3526 Euro West, 2827 Euro Ost) weiter verringert.
Vergleichbarkeit mit den AVR-Caritas
Für den Bereich der Caritas liegen keine Medianentgelte vor. Ein (bedingt) vergleichbarer Wert soll daher an dieser Stelle als Hilfsgröße dienen: die Angaben der Faktenblätter der Dienstgeberseite der AK-Caritas⁴. In diesen Faktenblättern wird die Jahresvergütung von Vollzeitbeschäftigten in verschieden Berufen zu drei Zeitpunkten dargestellt. Enthalten sind jeweils alle Vergütungsbestandteile. Das sind neben dem Tabellenentgelt insbesondere monatliche Zulagen sowie die Jahressonderzahlung. Nicht berücksichtigt sind hingegen Zuschläge (zum Beispiel für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit), die zumindest teilweise sozialversicherungspflichtig sind. Nicht berücksichtigt sind außerdem Leistungen des Arbeitgebers, die sich nicht in den laufenden oder einmaligen Zahlungen der Beschäftigten widerspiegeln. Dies gilt insbesondere für die betriebliche Zusatzversorgung im Bereich der Caritas, die sowohl im absoluten als auch im relativen Vergleich durchaus eine nennenswerte Größe darstellt. Im Großen und Ganzen ist die Zusammensetzung der in den Faktenblättern ausgewiesenen Monatswerte mit der Zusammensetzung der Werte aus dem Entgeltatlas vergleichbar. Zu beachten ist dabei die Tatsache, dass es sich bei den Vergütungen in den Faktenblättern um zeitpunktbezogene Werte und nicht um mittlere Werte handelt.
Die Monatsvergütungen für Beschäftigte in der Altenhilfe im Bereich der Caritas liegen bereits im Einstieg (erste Stufe) über den im Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit ausgewiesenen Medianwerten für den Bereich Altenhilfe.
Der Vergleich der AVR-Caritas mit dem Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit, der eine Übersicht über die insgesamt in der Branche gezahlten Medianentgelte gibt, belegt deutlich das Spannungsfeld, dass die Frage der Höhe von Entgelten in beispielsweise Niedersachsen und Sachsen eine andere ist als in Bayern, Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen. Andere Arbeitgeber, tarifgebunden oder nicht, nehmen hier offensichtlich viel stärkere regionale Differenzierungen vor als die AVR-Caritas. Es belegt aber auch, dass pauschale Kassandrarufe über "schlechte" Entgelte für Fachkräfte in der Altenhilfe nicht (mehr) der Realität entsprechen und vor allem, dass die AVR-Caritas nach wie vor einen Premiumtarif darstellen.
eigene Darstellung
Denn die Tarife der Caritas entsprechen mit 3446 Euro West (2420 Ost) annähernd dem Bundeswert aller Vollzeitbeschäftigten aller Branchen in Höhe von 3526 Euro West (2827 Euro Ost); im Branchenvergleich liegen die Caritas-Tarife in Westdeutschland mit 3120 Euro (2707 Euro Ost) sogar deutlich oberhalb des Medians. Durch den aktuellen Anpassungsbeschluss der Regionalkommission Ost über die Angleichung der Entgelte⁵ wird sich diese Entgeltdifferenz in den nächsten Jahren kontinuierlich ausschleichen.
Ein wesentlicher Aspekt zur Diskussion noch zum Schluss: Für die Refinanzierung insgesamt steigender Entgelte muss die Politik nun endlich Antworten geben. Der gesamtgesellschaftliche Diskurs steht hierfür - leider - noch immer aus.
Anmerkungen
1. https://entgeltatlas.arbeitsagentur.de ebenfalls hier: methodische Hinweise und Grenzen des Entgeltatlas.
2. Aufgrund des dem Entgeltatlas zugrundeliegenden Tätigkeitsschlüssels für die SV-Meldung sind der Kategorie ("Helfer-/Anlerntätigkeiten") auch Pflegehelfer mit einjähriger Ausbildung zugeordnet.
3. Allerdings sind hier die Lebenshaltungskosten auch um ein Vielfaches höher als in dünner besiedelten Regionen.
4. Download unter https://caritas-dienstgeber.de/publikationen/faktenblaetter.html
5. Ausführlich in Vrieze, J.-W.: Tarifautomatik und Ost-West-Angleichung. In: ZAT Heft 4/2020, S. 94 f
Das Lob überwiegt
Mehr Verantwortung für Lehrende und Lernende
Nachgefragt
Entgelte in der Altenpflege holen auf
Die Kultur zu ändern ist die wahre Herausforderung
Zusammenarbeit neu denken
Interview
IT-Sicherheit - Managementrisiko
Statement
Der Start hat relativ gut funktioniert
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