Die „IntervieWerkstatt“ bringt Jung und Alt zusammen
Der Caritasverband Dortmund engagierte sich mit dem partizipativen Projekt "gemeinsam" (Mai 2014 bis April 2017) im Quartier Jungferntal, gefördert von der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW. Ausgangspunkt waren die im Jungferntal deutlich erhöhte Quote älterer Bewohner(innen), die große Zahl allein lebender Menschen und die wegbrechende Infrastruktur. Daher zielte das Projekt auf die Aktivierung und Entwicklung von Nachbarschaften insbesondere für Alleinlebende.
Zu Beginn füllten Anwohner(innen) rund 180 Fragebögen aus und gaben so erste Einblicke in die Situation und die Wünsche im Quartier. Bei einer Bürgerversammlung beteiligten sich 70 Personen an den Diskussionen um Gestaltungsmöglichkeiten im Jungferntal. In der Folge entstanden viele kleine Angebote, die die Menschen neu vernetzen, darunter das niedrigschwellige "Kino im Café", ein Lesecafé und der Frühstückstreff. Über ein kulturelles Seminar "Herzenssprechstunde"1 entstehen nachbarschaftliche Mikronetzwerke. Als Besucher(in) oder als Ehrenamtliche(r) findet man sinnvolle Tätigkeiten und neue Kontakte.
Neue Freundschaften zwischen Jung und Alt regt das Angebot "Tante Inge"2 an. Aktivitäten wie Backen, Stricken, Spielen, Tanzen und Singen bringen die Generationen zusammen. Im Mittelpunkt dieses Beitrags steht die im Projekt "gemeinsam" neu entwickelte "IntervieWerkstatt". Dieses Format lässt sich je nach Zielsetzung als Instrument für die Forschung, aber auch für die Entwicklung von intergenerationellen Kontakten einsetzen.
Ablauf einer IntervieWerkstatt
Die IntervieWerkstatt besteht aus einem Workshop für Jugendliche (Qualifizierung), Interviewgesprächen zwischen Jung und Alt sowie der Auswertung. Der Workshop umfasste im Projekt zwei Schulungsblöcke in einwöchigem Abstand mit je vier Unterrichtsstunden. Die Jugendlichen wurden geschult, leitfadengestützte Interviews (nach Mayring) zu führen, um mit älteren Menschen im Quartier ins Gespräch zu kommen und deren Lebensthemen kennenzulernen. Erforderlich war eine verbindliche Vereinbarung mit den Jugendlichen (gegebenenfalls mit Einverständnis der Eltern). Nach der Teilnahme konnten sich die Jugendlichen entscheiden, ob sie als Interviewer(in) eingesetzt werden wollten oder nicht.
In der Praxisphase vom 6. Juli bis 10. September 2016 führten die Jugendlichen 16 Interviews mit über 65-Jährigen, darunter Teilnehmende der Angebote des Projektes "gemeinsam".3 Wichtig für die Anerkennung der Kompetenzen, aber auch als Rückversicherung bei Unsicherheit - zum Beispiel bezogen auf den Umgang mit der Technik - war dabei die Begleitung der Jugendlichen wie auch der älteren Befragten.4
Evaluation des neuen Formats
In der Evaluation der IntervieWerkstatt bewerteten die Jugendlichen diese als sehr positiv: "spannend", "es war cool", "locker". Die Entscheidung für ihre Teilnahme war vom Wunsch geleitet, etwas zu lernen und die eigenen Fähigkeiten zu erweitern. Sie äußerten zum Beispiel, sie könnten damit bei einer Bewerbung Pluspunkte sammeln. Auch das Motiv, etwas Sinnvolles zu tun, und das Meistern von Schwierigkeiten wurden mehrfach positiv hervorgehoben.
Kritisiert wurde die knappe Pausenzeit. Für die Zukunft empfiehlt es sich, die Fülle des Programms in drei Workshops unterzubringen und so dem jeweiligen Thema (zum Beispiel Alleinsein) mehr Raum zu geben. Das Fazit ist motivierend und positiv, die Jugendlichen zeigten Engagement, Wissbegierde und das Bestreben, Kompetenzen zu erwerben.
Die Phase der Interview-Durchführung schloss unmittelbar an die Qualifizierung der Jugendlichen an. Sie diente - neben dem Erkenntnisgewinn - der Begründung von Begegnungen und so der Initiierung von Kontakten zwischen Jung und Alt.
Insgesamt fiel bei der Auswertung von Praxisphase und Interviewgesprächen auf, dass die Jugendlichen im Anschluss an das aufgezeichnete Interviewgespräch noch bis zu 1,5 Stunden bei den älteren Befragten verweilten. Das Interview war der Anlass für die Begegnung, der Kontakt zwischen den Generationen aber gestaltete sich sehr persönlich. Die Jugendlichen gewannen Erkenntnisse aus den biografischen Schilderungen, erlebten Offenheit und Freundlichkeit und wurden zum Essen eingeladen. Sie konnten sich als fachlich und sozial kompetent erleben, erfuhren Selbstwirksamkeit (zum Beispiel wurde ein Fernseher neu eingestellt).
Die Älteren freuten sich, die Jugendlichen bei der Erprobung ihrer Fähigkeiten zu unterstützen ("Ach, die bekommen ein Zertifikat, das ist gut - ja, ich mache mit."). Im Nachhinein gab es weitere Einladungen.
Beide Generationen äußern den Wunsch nach mehr Begegnung mit der anderen Altersgruppe. Alle konnten Erfahrungen im gegenseitigen Kontakt sammeln und ihr Bild von der Jugend beziehungsweise dem Alter verändern oder erweitern. Befangenheiten und einseitige Bilder wurden hinterfragt und aufgebrochen. Erste Ideen für weitere Aktivitäten kamen während der Zertifikatsverleihung auf, eine "Generationen-Planbar" für gemeinsame Aktivitäten ist geplant.
Anmerkungen
1. Siehe auch Knopp, R.; Nell, K.: Keywork - neue Wege in der Kultur- und Bildungsarbeit mit Älteren. Bielefeld: Transcript, 2014.
2. www.tante-inge.org
3. Für die Gewinnung der Stichprobe waren rund 40 ältere Frauen und Männer angefragt, ob sie zu einem Gespräch mit Jugendlichen bereit wären.
4. Jedes Interview wurde in einer kurzen strukturierten Rückschau bei der Übergabe der Technik und der Audiodatei im Projektbüro besprochen; zum anderen fand eine Fokusgruppe mit den Jungforscher(inne)n statt.
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