Personalmarketing lohnt sich
Finanzkrise und Wirtschaftseinbruch: Wieder einmal drohen sie am Horizont, die Gespenster des Arbeitsmarktes. Bänder werden angehalten, Einstellungsstopps verhängt, Entlassungen angekündigt. Dabei heißt es gerade jetzt, einen kühlen Kopf zu bewahren und mehr denn je strategisch in Personal zu investieren. Denn den demografischen Wandel und den wachsenden Fachkräftemangel kann auch die aktuelle Wirtschaftsschwäche nicht aufhalten. Auf die neuen Anforderungen muss sich auch das Personalmarketing der Unternehmen einstellen.
Gerade die demografische Entwicklung führt dazu, dass es in den nächsten Jahren deutlich schwieriger wird, das richtige Personal zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu beschäftigen, der Kampf um Talente ("War for Talents") bleibt bestehen. Die Entwicklung wird durch das stärkere Auseinandergehen der Bildungsschere verschärft.
Zwar nehmen auch die Flexibilitätsanforderungen der Unternehmen an ihre Mitarbeiter(innen) zu. Es ist aber auch davon auszugehen, dass in gleichem Umfang auch die Flexibilitätsbereitschaft der Mitarbeiter(innen) zunimmt. Die Folge: Loyalität und Betriebszugehörigkeit werden tendenziell abnehmen.
Auch die betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen verschärfen sich: sowohl für jeden Einzelnen als auch für die Unternehmen.
Alle Einflüsse machen deutlich, dass die Voraussetzungen für ein zielgerichtetes Personalmarketing schwieriger und komplexer werden. Die neuen Herausforderungen führen dazu, dass der Fokus stärker als bislang auf dem Rekrutieren, Binden und Freisetzen von Personal liegen wird.
Gerade für Institutionen im kirchlichen Umfeld wird der zunehmende Wettbewerb um qualifizierte Bewerber(innen) zu einer Herausforderung. Stärker vielleicht als für Unternehmen führt die mediale Aufbereitung von (innerkirchlich) kritischen Themen zu einer problematischen Außenwirkung: Pflegeskandale, Spendenaffären oder auch schwer vermittelbare Entscheidungen der Amtskirchen sind wenig dazu geeignet, das Vertrauen der potenziellen Bewerbergruppe zu erhöhen. Problematisch ist hierbei insbesondere, dass die "schwarzen Schafe" auf die anderen Institutionen negativ abstrahlen.
Heutige Bewerber sind auf Wechsel eingestellt
Nach den Babyboomern (Jahrgänge 1949 bis 1964) und Generation X (1965 bis 1980) drängt mit der Generation Y (1981 bis 2009) eine neue Generation von Akademiker(inne)n und Fachkräften auf den Arbeitsmarkt.1 Sie zeichnet sich durch eine deutlich stärkere Technikorientierung, ja geradezu -fixierung, aus. Ihre Beständigkeit ist weniger auf Loyalität und Besitzstände ausgelegt. Vielmehr ist - teils gezwungenermaßen, teils gewollt - das einzig Konstante bei ihr der Wechsel. Die Wechselaffinität ist einerseits attraktiv für Unternehmen, da man diese Mitarbeiter(innen) bei häufig wechselnden Aufgaben und Herausforderungen fördern und fordern kann. Andererseits führt die Wechselbereitschaft zu Problemen, wenn sie mit einem Unternehmensaustritt gleichgesetzt wird. Diese Generation findet ihre Lebensziele weniger in rein materiellen Werten, sondern eher in immateriellen Belohnungen: Hohe Vergütungs- und sogenannte "Incentive"-Pakete (Angebote, die zu Leistungen anspornen sollen) treten gegenüber einer ausgeglichenen Work-Life-Balance in den Hintergrund.
Die neue Internet- und Web-2.0-Generation schafft auch für das Personalmarketing neue Möglichkeiten. Die Papierbewerbung wird zwar weiterhin ihre Existenzberechtigung haben. Verschiedene Studien zeigen jedoch, dass Online-Bewerbungen (als formlose E-Mail oder auch als formulargestützte Bewerbung) deutlich stärker auf dem Vormarsch sind. Diese Bewerbungsform wird sowohl von Unternehmen als auch von Kandidat(inn)en präferiert. Mit dem Web 2.0 wurden neue Instrumente des Personalmarketings geschaffen. Durch die neuen Medien werden Unternehmen noch präsenter in der Wahrnehmung der Bewerber(innen). Twitter, Facebook, Xing oder auch Studi-VZ bieten neue Plattformen für Arbeitgeber wie auch für die Zielgruppe. Beide, Arbeitgeber wie Arbeitnehmer(innen), sollten hier jedoch Vorsicht im Umgang mit den Daten walten lassen. Übrigens: Haben Sie schon mal Ihren eigenen Namen gegoogelt oder bei Facebook Ihre Institution gefunden?
Unternehmen müssen sich profilieren
Für die Arbeitgeber geht es zunächst darum, eine für Talente attraktive Arbeitgebermarke ("Employer Brand") aufzubauen. Dabei müssen die Unternehmen das eigene Angebot stärker als bislang vom Wettbewerb abgrenzen.
Die Basis dafür ist jedoch, dass sich das Unternehmen über seine Arbeitgeberpositionierung im Klaren ist. Wichtig ist deshalb, folgende Fragen zu beantworten:
- Wer sind wir? Was sind unsere Stärken und Schwächen als Arbeitgeber?
- Was sind unsere Werte, für die wir (auch in der Bewerberkommunikation) stehen? Was zeichnet uns aus?
- Warum sollte sich ein(e) Bewerber(in) für uns entscheiden? Was bieten wir dem/der Bewerber(in)?
Gutes Personalmarketing braucht eine klare Ausrichtung auf die Marke. Unternehmen verbinden dies auch mit den Werten und Rahmenvorstellungen zu ihren Produkten. Aus dem Zusammenklang aus Produkt- und Arbeitgebermarke ergibt sich dann ein gesamteinheitlicher Unternehmensauftritt in den Augen der Betrachter(innen).
Mit sozialen Einrichtungen werden dagegen - mit allen Vor- und Nachteilen - primär Wertvorstellungen, wie beispielsweise Moral, Ethik, Hilfe- und Beistandsleistungen verbunden. Aber: Für welches Produkt, das ein(e) Bewerber(in) auch wahrnehmen kann, steht das Unternehmen? Passt das auch immer zu den Wertvorstellungen, die damit verbunden sind? Wie geht man mit "Qualitätsmängeln" bei den Rahmenbedingungen um? Wie passen zum Beispiel nur noch befristete Anstellungsverträge oder reduzierte Gehälter oder Kündigungen zu den grundsätzlichen Wertvorstellungen?
Bewerber, wo seid ihr?
Aufbauend auf der Beantwortung der eher innengewandten Fragestellungen sollte anschließend Klarheit gewonnen werden, wen man eigentlich sucht. Sind es Bewerber(innen) mit - und hier polarisieren die Autoren bewusst - einem Helfersyndrom? Oder eher die belastbaren Führungskräfte? Hat das Unternehmen ein klares Bild von der Klientel, die es sucht?
Dabei gibt es unterschiedliche Gründe, warum Bewerber(innen) sich für einen Arbeitgeber entscheiden. Zum einen kann die Entscheidung emotional getroffen worden sein. Dies kann entweder auf einer starken Unternehmensmarke oder aber auf faszinierenden Produkten basieren. In beiden Konstellationen wird über einen hohen Bekanntheitsgrad die Unternehmensattraktivität gesteigert.
Die Entscheidung für einen bestimmten Arbeitgeber kann jedoch auch stärker rational ausgerichtet sein. Hier spielen Größe und damit Sicherheit eines Unternehmens oder die mit einer Tätigkeit verbundene Nutzbarkeit für den eigenen Lebenslauf eine Rolle. Unternehmen sind gut beraten, Bewerber(innen) hinsichtlich beider Aspekte - also emotional als auch rational - zu erreichen. Nur in der Kombination wird eine größtmögliche Attraktivität und Identifikation erzielt. Dies gilt im Übrigen nicht nur für externe Bewerber(innen), sondern gleichermaßen auch für Mitarbeiter(innen), die bereits im Unternehmen beschäftigt werden.
Finden, Binden und Sich-Trennen von Mitarbeitern
Zur Rekrutierung von Mitarbeiter(inne)n existieren mittlerweile Instrumente wie Sand am Meer. Neben der klassischen Stellenanzeige in Print-Medien, die nach wie vor einen hohen Stellenwert besitzt, haben andere Möglichkeiten wie Pressearbeit, Messepräsenz, Schul- und Hochschulkontakte an Bedeutung gewonnen. Im Einzelfall kann auch die Einbindung von Personalberatungen oder "Headhuntern" (Nachwuchsjäger, Abwerber) zielführend sein. Bei allen Instrumenten gilt: Das geeignete Instrument muss im Einzelfall unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen ausgewählt werden (zum Beispiel Art der Stelle, Kosten, Streuverluste, Erreichbarkeit potenzieller Kandidaten). Noch ein Tipp: Unternehmen dürfen nicht die Bedeutung der Internet-Präsenz unterschätzen. Sie ist im medialen Zeitalter die erste Visitenkarte eines möglichen Arbeitgebers.
Punkten kann ein Unternehmen bei Bewerber(inne)n auch über Professionalität im gesamten Bewerbungsmanagement. Von den Gesprächen bis hin zur Vertragserstellung sollte sich ein(e) Bewerber(in) gut aufgehoben fühlen. Auch wenn es nicht zur Einstellung führt: Er/sie ist ein Multiplikator und wird im Zweifel anderen über seine/ihre Eindrücke berichten.
Auch die Bindung von Mitarbeiter(inne)n an das Unternehmen ist wichtiger geworden. Durch eine stärkere Identifikation mit dem Unternehmen und seinen Produkten wird zum einen die allgemeine Arbeitszufriedenheit als auch die Loyalität von Leistungsträgern erhöht. Gerade für kleinere Unternehmen und Einrichtungen ist es wichtig, wie die eigenen Mitarbeiter(innen) über das Unternehmen berichten. Die Basis ist eine starke Einbindung der Beschäftigten in die betrieblichen Prozesse. Mögliche Instrumente können zum Beispiel Leitbildprozesse, regelmäßige Mitarbeiterbefragungen, geeignete Führungsinstrumente oder Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten sein. Auch das Angebot von Work-Life-Balance-Maßnahmen spiegelt das Interesse von Unternehmen an den eigenen Mitarbeitern wider.
Ein vielfach vernachlässigtes Gebiet ist die Trennung von Mitarbeiter(inne)n. Der mögliche Imageschaden, der hier durch einen unprofessionellen Prozess verursacht werden kann, wird unterschätzt. Auch ehemalige Beschäftigte können die Kund(inn)en der Zukunft sein - sei es als Abnehmer(innen) von Produkten des Unternehmens oder als spätere erneute Bewerber(innen). Unternehmen täten gut daran, mehr Augenmerk auf eine deutliche Professionalität während des Austrittsprozesses zu legen. Dies ist auch von Vorteil, um im Rahmen von Austrittsinterviews Erkenntnisse für die eigenen Prozesse und Instrumente zu gewinnen.
Dies alles kostet vor allem Dingen eines: Zeit. Die Kommunikation mit und das Kümmern um die eigenen Mitarbeiter(innen) ist jedoch, wie eine Reihe von Studien belegt haben, eine Investition an der richtigen Stelle.
Für alle Personalmarketinginstrumente gilt: Sie müssen gelebt werden. Selbstverständlich vertritt jede(r) Beschäftigte das Unternehmen und seine Produkte. Noch wichtiger ist jedoch, die Führungskräfte stark einzubinden. Ihnen kommt im Personalmarketing eine besondere Bedeutung zu. Sie repräsentieren an der Spitze das Image des Unternehmens und haben insofern (auch) im Bereich des Personalmarketing Vorbildfunktion. Nur mit diesem Bewusstsein wird es auch in Zukunft gelingen, das richtige Personal zu beschäftigen.
Anmerkung
1. Die Einteilung stammt von der Deutschen Gesellschaft für Personalführung.