Investitionskosten: Grundstücke sind nicht umsonst zu haben!
In den letzten Jahrzehnten haben sich die Anforderungen an die Wohnräume in den stationären Einrichtungen der Alten-, Behinderten-, Gesundheits- und Jugendhilfe deutlich erhöht. In der Regel ist nach 25 bis 30 Jahren eine grundlegende Modernisierung der Räume nötig. Dies wird aber in der Ausgestaltung der finanziellen Rahmenbedingungen nicht berücksichtigt. Abschreibungszeiten für Immobilen von 50 Jahren und mehr sind immer noch anzutreffen. Angesichts der Tatsache, dass viele Caritas-Immobilien in die Jahre gekommen sind und damit ein erheblicher Investitionsbedarf besteht, hat der Deutsche Caritasverband (DCV) eine Empfehlung zur künftigen Finanzierung der Investitionskosten der Einrichtungen und Dienste der Caritas erstellt (siehe neue caritas Heft 13/2009). Diese richtet sich an die Verantwortlichen in den Einrichtungen und Diensten sowie in den Verbänden, die mit der Verhandlung von Leistungsentgelten befasst sind. Mit dieser Empfehlung können sie gegenüber den Kostenträgern deutlich machen, welche Faktoren bei der Bestimmung der Investitionsentgelte eine Rolle spielen. Nur so kann die Immobiliensubstanz gepflegt und gemäß der Anforderungen der Leistungsempfänger(innen) weiterentwickelt werden.
Hinsichtlich der sozialpolitischen Rahmenbedingungen spricht sich die Empfehlung für die konsequente Einführung der subjektbezogenen Finanzierung aus. Denn diese gewährt im Vergleich zu klassischen objektbezogenen Finanzierung den Trägern von Diensten und Einrichtungen mehr unternehmerische Freiheit, so dass sie schneller und flexibler auf den Bedarf der Menschen eingehen können.
Es fehlt eine einheitliche Finanzierungsgrundlage
Neben der adäquaten Berücksichtung des Werteverschleißes geht es auch um die Einbeziehung von Grundstückskosten, eine angemessene Eigenkapitalverzinsung und einen Risikoausgleich. Auffallend ist die große Vielfalt, die hinsichtlich der Finanzierung der Investitionskosten herrscht. Jedes Bundesland und dort jeder Fachbereich weisen unterschiedliche Regelungen auf. Eines ist aber allen gleich: Betriebswirtschaftliche Maßstäbe werden nicht konsequent angelegt. Selbst die Bürokratie misst mit zweierlei Maß: Während sich die vom Bundeswirtschaftsministerium angewandte Verordnung 30/53 über "die Preisfestsetzung bei öffentlichen Aufträgen" und deren Anhang "Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten" an betriebswirtschaftlichen Anforderungen orientieren, werden diese von den Sozialleistungsträgern meist ignoriert. Nicht nachvollziehbar ist die fehlende Anerkennung der Kosten für die Finanzierung und Erschließung des Immobiliengrundstücks. Auch wird oft verlangt, dass der Träger das für die Investition notwendige Eigenkapital unentgeltlich einbringt. Beide Punkte laufen auf einen Substanzverzehr hinaus und widersprechen dem Grundsatz der Gewährleistung der wirtschaftlichen Betriebsführung, wie er zum Beispiel im § 84 Abs. 2 Satz 4 SGB XI als Anforderung an die Bemessung der Entgelte formuliert ist. Auch werden Mittel der Soziallotterien seitens der Kostenträger teilweise nicht als Eigenkapital anerkannt und damit nicht bei der Bemessung der Abschreibungen berücksichtigt, obwohl ein Gutachten im Auftrag der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege klarstellt, dass Lotteriemittel Teil der Eigenmittel sind.1
Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung steht, dass das Gesundheits- und Pflegewesen eine zukunftsfeste Finanzierung, Planbarkeit und Verlässlichkeit benötigt. Da die Finanzzuständigkeit bei den Sozialleistungsträgern liegt, ist diese Aussage erst einmal ein Appell. Es ist noch viel Überzeugungsarbeit nötig, damit wesentliche Aussagen der DCV-Empfehlung in die Rahmenverträge auf Landesebene übernommen und zur Richtschnur bei den Entgeltverhandlungen werden.
Anmerkung
1. Redeker, Konrad; Lehr, Gernot: Rechtsgutachterliche Stellungnahme: "Sind Mittel der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege aus der Lotterie ,GlücksSpirale‘ als Eigenmittel beziehungsweise Ersatzeigenmittel zu qualifizieren oder im Verhältnis zur Förderung aus öffentlichen Mitteln anzurechnen?" Bonn, Juni 2000.