Energiesparen mit Herz
Sven Schoß ist ein Berliner Original. "Schnauze mit Herz", so nennt man den Berliner Dialekt auch, und so bringt Schoß die Dinge auf den Punkt. Durch seine direkte, humorvolle Art und seinen außergewöhnlichen Look mit Tätowierungen und Totenkopfkette bleibt er im Gedächtnis. Seit 2012 ist Schoß beim Stromspar-Check aktiv. Er startete als Energieberater und ist mittlerweile nicht nur zum Projektkoordinator aufgestiegen, sondern auch das Gesicht des Stromspar-Checks - weit über die Berliner Landesgrenzen hinaus. Denn der Caritasverband im Erzbistum Berlin startete Ende 2021 eine selbst produzierte Videoserie mit "Sven, dem Stromsparchecker" auf YouTube, die bundesweit erfolgreich läuft. Hier gibt Schoß praktische Tipps, um Kosten für Heizung, Strom und Wasser einzusparen. "Ein Haushalt mit zwei Eltern und zwei Kindern kann mit einem wassersparenden Duschkopf bis zu 1.300 Euro pro Jahr an Energiekosten einsparen", erklärt er. "Das ist eine der wichtigsten Einsparmöglichkeiten, die es gibt." Mit viel Humor vermittelt Schoß in bisher acht Videos, worum es in seinem Projekt geht. Tausende Aufrufe sprechen für einen hohen Unterhaltungswert. In einem Video erklärt Schoß, dass ein Heizungsthermostat, "der kleine Racker", beim Lüften immer herunter gedreht sein sollte. "Unter Umständen fangt ihr sonst an, die Straße zu heizen. Und bei den Energiepreisen könnt ihr dann bald selbst auf der Straße leben."
Karl, der Kühlschrank
In einem anderen Video geht es um "Karli, den Kühlschrank", ein weiterer großer Energiefresser, der in jedem Haushalt zu finden ist. Was viele nicht wissen: Die Stromrechnung steigt, je leerer der Kühlschrank wird. Denn der Kühlschrank muss mehr arbeiten und Strom darauf verwenden, die Luft kalt zu halten, als wenn sich Lebensmittel oder andere Dinge darin befinden. Schoß rät deshalb: "Macht voll. Je voller das Ding ist, desto weniger Strom verbraucht ihr. Du musst nicht alles voll mit Lebensmitteln stellen. Es geht nur darum, das Volumen zu vergrößern. Du kannst zum Beispiel eine Schwiegermutter rein legen, du kannst auch einen Barren Gold rein legen. Aber du kannst auch leere Wasserflaschen rein legen."
Seit Beginn des Ukrainekrieges und der darauf folgenden Energiekrise steht das Thema Energiesparen im Rampenlicht wie nie zuvor - genau wie Sven Schoß. Vor Presseanfragen kann sich der 60-Jährige seit dem Frühjahr 2022 kaum noch retten. Auch die Berliner Senatorinnen Bettina Jarasch (Umwelt) und Katja Kipping (Soziales) suchten einen Schulterschluss mit dem Stromsparchecker, um darauf aufmerksam zu machen, dass Menschen mit kleinem Geldbeutel sich kostenlos und unkompliziert helfen lassen können. Und darauf, dass das Projekt von ihren Häusern gefördert wird.
Stromsparhelferinnen und -helfer wärmen auch die Seele
Sven Schoß ist stolz auf sein Team, das er unter der Leitung von Caritas-Fachfrau Stefanie Schmidt-Alleweldt koordiniert. Aktuell sind 30 Stromsparhelferinnen- und -helfer angestellt und arbeiten an zehn Standorten in Berlin. Auch in Brandenburg gibt es einen Standort. Alle 30 Mitarbeitenden waren vorher langzeitarbeitslos. Sie haben mit der Ausbildung zur Beratungstätigkeit nicht nur eine neue sinnvolle Aufgabe erhalten, sondern auch ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessert. Denn neben der Erstellung von individuellen Energiesparplänen für die einzelnen Haushalte, in denen es um reine Zahlen und Fakten geht, benötigt man bei einem Hausbesuch auch viel Einfühlungsvermögen. "Als Stromsparhelfer bist du auch Seelenwärmer", erklärt Schoß. "Ich war während meiner Beraterzeit öfter bei älteren, alleinstehenden Damen zu Hause. Da wurde das Spitzendeckchen auf den Wohnzimmertisch gelegt, weil nach Langem mal wieder Besuch kam. Man muss einfach ein offenes Ohr haben für die Sorgen und Nöte der Menschen", sagt er.
Beratung in acht Sprachen
Etwa die Hälfte der beratenen Menschen in Berlin hat eine Migrationsgeschichte. Beim Stromspar-Check werden neben Deutsch deshalb acht weitere Sprachen gesprochen: Arabisch, Türkisch, Farsi, Polnisch, Russisch, Vietnamesisch, Spanisch und Englisch. Mohammad Khalife ist Stromsparhelfer der ersten Stunde. Er stammt ursprünglich aus dem Libanon. Seit 2009 hat sich Khalife eine große Arabischsprachige Community in Berlin-Neukölln aufgebaut. Der ehemals Langzeitarbeitslose fand in seinem Beruf als Stromsparhelfer so viel Erfüllung, dass er auch aktuell noch als solcher aktiv ist - im Ehrenamt, denn Khalife ist inzwischen schon im Ruhestand.
"Ich habe großen Respekt vor Mohammad", sagt Sven. "Er hat alleine 3.000 Beratungen seit 2009 durchgeführt und ist in Neukölln tief verankert." Egal, welcher Herkunft oder Religionszugehörigkeit ein Haushalt ist, manchmal ergeben sich aus den Beratungsgesprächen weitere Hilfebedarfe. Das Team vom Stromspar-Check kann zwar keine Allgemeine Soziale Beratung ersetzen, weist aber oftmals auf andere Caritas-Angebote hin, wie zum Beispiel die Kleiderkammer, die Migrationsberatung oder die Schuldnerberatung.
Energie einzusparen ist eigentlich etwas sehr Rationales. Bei Sven Schoß und seinem Team lautet das Erfolgsrezept aber: "Energie sparen mit Herz."
Das Projekt Stromspar-Check wird gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sowie auf der Berliner Landesebene von den zwei Senatsverwaltungen für Soziales und für Umwelt. Projektpartner seit dem Start im Jahr 2009 sind zudem der Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschland (eaD) sowie die Berliner Energieagentur.
www.caritas-berlin.de/stromspar-check
Text: Christina Kölpin