Tafeln unter Druck
Die letzten beiden Jahre mit der Pandemie und all ihren Begleiterscheinungen haben unseren Tafelhelfer:innen sehr viel abverlangt. Als sich dann noch die Situation in der Ukraine zuspitzte und die ersten geflüchteten Menschen Anfang März 2022 bei den Tafeln ankamen, war noch nicht absehbar, wie dramatisch sich die Lage binnen kurzem entwickeln würde. Seit Anfang Mai kommen zu den täglichen Tafelkund:innen bis zu 50 Prozent an neuen Nachfrager:innen hinzu - hauptsächlich Geflüchtete.
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Für die Menschen aus der Ukraine ist die Bewältigung der Kriegsfolgen eine enorme Belastung. Nicht wenige sind traumatisiert von ihren Erlebnissen, und oft bilden sich diese Schicksalsschläge auch in unseren Tafeln ab. Dies stellt uns alle, die gesamte Tafelfamilie, vor gewaltige Herausforderungen. Ist es doch unsere Hauptaufgabe, einen geordneten Tafelalltag sicherzustellen, verbunden mit einem respektvollen und gerechten Umgang mit allen unseren Kund:innen.
Schon längst kümmern sich die Tafeln nicht mehr nur um Menschen am Rande, sondern sie sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Steigende Lebenshaltungskosten und hohe Energiepreise bringen viele Menschen in Schwierigkeiten, die bisher nicht zur Tafel gegangen sind. Auch hierdurch verzeichnen wir einen drastischen Anstieg an neuen Tafelkund:innen.
Gleichzeitig bin ich als Tafelleiter aber auch dafür verantwortlich, dass unsere Helfer:innen nicht ständig körperlich und mental überlastet werden. Unter der momentanen Entwicklung ist das eine nur sehr schwer zu lösende Aufgabe.
Als wäre das nicht schon genug, werden jetzt auch noch die Lebensmittelspenden knapp. Die Supermärkte geben weniger Waren ab als bisher: Sie veräußern die Lebensmittel, die ihr Mindesthaltbarkeitsdatum in Kürze erreichen, zu reduzierten Preisen selbst, außerdem kalkulieren sie jetzt knapper im Einkauf.
Für uns Tafelbetreiber werden die Abholungen teurer, da sich der Spritpreis nahezu verdoppelt hat. Frische Ware muss gekühlt werden, auch unsere Kühlhäuser brauchen Energie. Läden müssen beleuchtet, Warmwasser muss bereitet werden. Die steigenden Energiepreise bringen viele Tafeln in Bedrängnis.
Jetzt ist die öffentliche Hand gefordert, zu unterstützen. Im Dialog zwischen Politik und Tafeln müssen tragbare und nachhaltige Lösungen geschaffen werden. Denn eines ist sicher: Die Tafeln bauen die Brücke zwischen Überfluss und Armut. Sie sind Orte der Hoffnung für eine solidarische Gesellschaft.